Dinner für eine Leiche
Steve holen, der noch mit der Spurensicherung Einzelheiten besprach. Während sie wartete, betrachtete Honey eine an der Wand hängende Speisekarte.
Neue britische Küche … größter Wert auf regionale Zutaten … Geflügel aus ökologischer Freilandhaltung in Suffolk, Langustinen aus der Dublin Bay, Lachs und Spargel aus dem Tal des Wye … glückliches Leben … optimaler Geschmack.
»Ich wage zu bezweifeln, dass die Hühner, Langustinen und Lachse das genauso sehen würden«, murmelte Honey, ehe sie bemerkte, dass sie mit sich selbst redete. »Keine Selbstgespräche, bitte keine Selbstgespräche …«
»Honey, führst du etwa Selbstgespräche?« Steve war eher aufgetaucht, als sie erwartet hatte. Sein stoppeliger Bart bildete |103| einen guten Kontrast zu den tiefblauen Augen und dem zu langen Haar, das sich über den Hemdkragen kringelte. Noch ein bisschen länger, und er würde es im Tom-Jones-Stil zurückbinden müssen – und damit meinte sie Tom Jones, den Schurken aus dem achtzehnten Jahrhundert, und nicht den Sänger.
Ihr Lächeln kam aus der Dose – genau wie Baked Beans – und war, wenn möglich, noch künstlicher. »Wie kommst du denn darauf?«
Seine Augen glitten an ihr auf und ab. »Gut siehst du aus.«
Sie trug Jeans und eine Art Matrosenoberteil mit einem interessanten Ausschnitt und nur einer Spur von Dekolleté.
»Das ist der neueste Tatort-Trend, direkt von den Pariser Laufstegen.«
»Hübsch.«
Hübsch war aus Dohertys Mund höchstes Lob. Honey strahlte. Und sie fühlte sich mehr denn je zu ihm hingezogen. Allerdings hätte sie ihm das niemals eingestanden. Er wurde viel zu keck, wenn er glaubte, die Oberhand zu haben. Und wenn sie ihm zu verstehen gab, wie gut er ihr gefiel, würde er wirklich die Oberhand haben. Sie schaltete auf neckisch um. »Okay, was steht auf deiner Speisekarte?«
»Toter Koch. Perfekt gebacken.«
Sie zog eine Grimasse. »Ist das dein Ernst?« Ihre Begeisterung über das, was sie über Pardoe in Erfahrung gebracht hatte, löste sich in Luft auf.
»Jawohl. Knusprig wie ein Weihnachtstruthahn, nur ohne Beilagen.«
Es war nicht komisch, und er hatte es auch nicht so gemeint. Seine Miene war todernst. Er musste irgendwie mit diesem Anblick fertigwerden. Und Witze halfen ihm dabei.
Honey schluckte ihren Ekel herunter und folgte ihm. Sie traten durch eine Tür, die zu einem rot gefliesten Gang führte. Auf halbem Weg gelangte man durch eine andere Tür in die Küche. Jedes Mal, wenn diese Tür sich öffnete, wehte der Duft von |104| Schweinebraten heraus. Honey schnupperte. Beinahe sofort verspürte sie einen Brechreiz. Irgendwas war seltsam an diesem Geruch, es lag eine Spur geröstetes Aftershave darüber. Nun brauchte ihr niemand mehr zu erklären, um was für Fleisch es sich handelte.
Steve verwehrte ihr den Eintritt mit dem Arm, den er etwa auf gleicher Höhe wie das Absperrband der Polizei hielt. »Du kannst da nicht rein. Keiner von uns darf rein, solange die Leute da drin ihre Arbeit machen.«
Jenseits der Tür taten die Mitarbeiter von der Spurensicherung und der Gerichtsmedizin genau das. Der Mediziner kam als Erster heraus. Er hatte die Aufgabe, das Opfer offiziell für tot zu erklären. Allerdings würde es an ein Wunder grenzen, wenn jemand nicht tot wäre, den man in einem Gasofen auf Stufe 7 gebraten hatte.
Der Arzt wandte sich direkt an Steve.
Honey merkte, wie sich ihr der Magen umdrehte. Wie konnte jemand so etwas aussprechen, ohne sich zu übergeben?
Steve sah verdattert aus.
Der Gerichtsmediziner ging ins Detail. »Der Backofen hat eine Zeitschaltuhr. Der Commis sagt, dass die immer so eingestellt ist, dass der Ofen um fünf Uhr morgens angeht. Sie backen hier nämlich ihr eigenes Brot.«
Der Gedanke an Brot und der Geruch nach gebratenem Fleisch auf leeren Magen war zu viel für Honey. Sie merkte noch, wie der Boden näher kam.
Dann stellte sie wie im Halbschlaf fest, dass sie eilig den Korridor entlanggeführt wurde.
»Er hat einen Schlag ins Genick bekommen und ist nach vorn auf eines der Bleche gefallen«, erklärte Steve, nachdem sie zu sich gekommen und sich geschworen hatte, nie wieder Schweinebraten zu essen. Sie saß in einem modischen, minimalistischen Clubsessel, und Steve hatte beschützend den Arm um sie gelegt.
|105| Als ihre Augen wieder klar sehen konnten, fiel ihr Blick auf eine schlanke Blondine mit orangegelber Sonnenbräune und einem Rock, der mehr enthüllte, als er verbarg. Die junge Frau schluchzte in ein
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