Dinner für eine Leiche
Riesenschnupftuch – es konnte auch eine Serviette sein. Honey ertappte sich bei dem Gedanken, dass das Restaurant hoffentlich eine gute Wäscherei hatte.
Steve folgte ihrem Blick. »Das ist Sandy Brown, Brian Brodies Freundin.«
Honey dachte an ihre Unterhaltung mit Richard Carmelli, dem Commis im Beau Brummell Hotel. Aber sie konnte sich an keine Einzelheiten erinnern.
»Nicht seine Frau?« Ihre Stimme klang hohl.
Steves Lächeln driftete in ihr Gesichtsfeld und wieder weg, als er den Kopf schüttelte. Ihre Augenlider waren schwer.
Honey seufzte. »Ich möchte gern ins Bett.«
Jetzt strahlte das Lächeln über Steves ganzes Gesicht. Er flüsterte ihr ins Ohr: »Sag einfach nur wann und wo.«
Sie warf ihm ein Lächeln der Marke »und wovon träumst du nachts?« zu, das eigentlich dazu gedacht war, die Bremsen anzuziehen. Aber Honeys Hormonproduktion lief gerade auf Hochtouren, und das entschied die Sache. »Na ja, von der Bettkante würde ich dich nicht schubsen«, fügte sie rasch noch hinzu.
Das gefiel ihm. Sie merkte es daran, wie seine Hand ihr wie unabsichtlich an der Brust entlangstrich. Und an seinem Lächeln. Gott, wie konnte der Mann so lächeln, während ringsum all diese schrecklichen Dinge passierten? Der arme Koch. Selbst wenn er sie bis zur Weißglut gereizt hätte, es wäre ihr nie ihm Traum eingefallen, Smudger im Backofen zu braten.
»Komm.« Steves Stimme klang besorgt.
Sie bemühte sich nach Kräften, nicht gegen ihn zu sacken, als er ihr auf die Beine half.
»Es wird schon wieder.« Er sah ein wenig enttäuscht aus, als sie seine Hilfe mit einer Handbewegung ablehnte. Ihre Aufmerksamkeit |106| war ganz fest auf die schluchzende junge Frau gerichtet.
Die männlichen Mitglieder des Teams am Tatort starrten mindestens ebenso aufmerksam wie sie auf die reizende Sandy. Der Rock der jungen Frau spannte sich eng über ihre sehnigen Oberschenkel. Bei jeder Bewegung ihrer endlos langen Beine blitzte die weiße Baumwolle ihres Slips auf. Sie trug ein schulterfreies weißes Oberteil, das zu eng saß, um noch als anständig zu gelten. Kein BH. Sie war etwa zwanzig.
Sandy Brown saß an einem Ende eines Sofas aus Weidengeflecht. Das Flechtwerk war bronzefarben, die Kissen beige und mit Goldfäden durchzogen. Sehr geschmackvoll. Und sehr teuer, tippte Honey.
Sie fuhr prüfend mit dem Finger über Lehne und Kissen, ehe sie sich hinsetzte.
»Fiona Davenport«, flüsterte die junge Frau. Sie sprach den Namen der Designerin des trendigen Sofas mit einer solchen Ehrfurcht aus, als wäre sie ein Superfilmstar.
Honey zog eine anerkennende Grimasse. »Wow.«
»Brian mochte schöne Sachen.«
Honey schoss der Gedanke durch den Kopf, dass sie sich genauer erkundigen musste, wie Brian Brodie sich eine so teure Einrichtung leisten konnte.
»Das Restaurant muss ja außerordentlich gut gegangen sein.«
Das Schluchzen war in ein gut geprobtes Wimmern übergegangen. »Es war das beste Haus in Bath. Es lief so wunderbar gut für ihn.«
Aber nicht gut genug, überlegte Honey. Sie ließ den Blick durch das Restaurant schweifen, zählte in Gedanken die Zahl der eingedeckten Plätze und kam zu dem Ergebnis, dass es etwa vierzig waren. Vierzig Gedecke zu vierzig Pfund pro Kopf und Nase? Meinetwegen hundert Pfund? Und wie oft war das Restaurant voll? Im Allgemeinen konnten man davon ausgehen, dass die mittlere Auslastung etwa fünfundzwanzig Prozent war. |107| Aber im Hotel- und Gaststättengewerbe herrschte ja notorischer Optimismus.
Die junge Frau schnäuzte sich geräuschvoll. Honey fuhr zusammen. Genau wie sie vermutet hatte, stellte sich das große Taschentuch als Serviette heraus. Nicht gerade hygienisch, aber unter den gegebenen Umständen verzeihlich.
»War Brian je verheiratet?«
»Ja, das war er.«
»Wie lange waren Sie zwei schon zusammen?«
»Zwei Wochen.«
Honey stöhnte innerlich. »Ah ja.«
»Seine Frau hat ihn vor zwei Jahren verlassen«, schniefte die Schöne und kam Honeys nächster Frage zuvor.
»Und Sie sind bei ihm eingezogen, sobald Sie sich kennengelernt hatten?«
Das Mädchen verzog das Gesicht. »Nicht ehe seine andere Freundin ausgezogen war.«
Honey musterte sie. Ihr Instinkt sagte ihr, dass dies nicht die Freundin war, mit der Oliver Stafford ein Verhältnis hatte. Diese junge Frau war eine echte Augenweide. Mehr noch. Sie war eher wie ein Plüschtier, weich und niedlich, zum Kuscheln.
»Wissen Sie, wer wohl Gründe hatte, ihn umzubringen?«
Das Mädchen schüttelte den
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