Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dinner für eine Leiche

Dinner für eine Leiche

Titel: Dinner für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
Vom Netzwerk:
war alt und glänzte, die Eichenbalken waren antik und mindestens dreißig Zentimeter dick. Honey überlegte, wie viele Menschen wohl schon darunter hindurchgelaufen waren, und hob die Hand, um das Holz zu berühren.
    »Die sind echt, kein Plastik«, meinte der junge Kellner, der ein weißes Tuch über den Arm gelegt hatte und ein silbernes Tablett wie einen Brustschild an sich presste.
    Er hatte ein offenes Gesicht und lächelte freundlich.
    »Hallo. Ich würde gern mit Sylvester Pardoe sprechen.«
    »Und wie ist der Name Ihrer Firma?«
    Sie mochte gar nicht glauben, wie viel Glück sie hatte. Der Kellner hatte sofort angenommen, dass sie eine Vertreterin sei. Es lag ihr auf der Zunge, ihm diese Illusion zu nehmen, doch wenn sie die Wahrheit sagte, würde man ihr wahrscheinlich die Tür weisen.
    »Liaison d’Escargots«, antwortete sie. Gott weiß, woher sie diesen Namen genommen hatte. Aber er klang nicht schlecht. »Fette kleine Weinbergschnecken von den besten Feldern im West Country.«
    Sie strahlte ihn selbstbewusst an. »Besser als das französische Produkt«, fügte sie hinzu.
    Er fragte sie, ob sie eine Visitenkarte hätte. Sie tat so, als suchte sie danach.
    »Nein«, antwortete sie und schüttelte traurig den Kopf. Sie erklärte, man hätte ihr zwei Tage zuvor die Handtasche gestohlen und sie würde noch auf eine neue Lieferung warten.
    »Ach, wie schade«, meinte der junge Mann. »Macht nichts. Wie haben Sie gesagt, war Ihr Name?«
    »Mary Jane Jeffries.«
    Wieder einmal war der Name der hoch aufgeschossenen Amerikanerin der erste, der ihr in den Kopf kam. Das hatte sicher |205| mit diesem parapsychologischen Zeug zu tun – als würde Mary Janes Ektoplasma ihr das einflüstern.
    Der Kellner verschwand. Honey schaute seinem straffen kleinen Hinterteil und den noch strafferen Hosen hinterher. Dann sah sie sich im Restaurant um, während sie wartete.
    Gläser wurden abgetragen. Die letzten Gäste vom Mittagessen waren dabei, ihre Rechnungen zu bezahlen, und gingen vor der Abfahrt noch einmal auf die Toilette.
    Die Wände des Restaurants waren eierschalenfarben getüncht. Die Sprossenfenster waren in gutem Zustand. Anstatt moderner Kunst ergänzten Gobelins an den Wänden die Einrichtung, die vielleicht aus der Zeit stammte, als gerade Oliver Cromwell König Karl I. einen Kopf kürzer gemacht hatte. Die Eichenmöbel und altmodischen Ziergegenstände gefielen Honey. Man musste es Sylvester Pardoe hoch anrechnen, dass er der Versuchung widerstanden hatte, der Mode zu folgen und diesen alten Raum in etwas Schlichtes und Modernes zu verwandeln.
    Ein junges Paar trat ein, um sich nach den Möglichkeiten eines Hochzeitsessens zu erkundigen. »Da müssten Sie mit Mr. Pardoe selbst sprechen«, antwortete Honey. »Ich möchte auch zu ihm.«
    Der Kellner kehrte zurück. Diesmal war das Straffste an ihm sein leicht verkniffenes Gesicht. Honey ahnte, was nun kommen würde.
    »Er sagt, Sie hätten vorher einen Termin ausmachen müssen. Er kann aber fünf Minuten für Sie abzweigen.«
    »Vielen Dank für Ihre Mühe. Das weiß ich wirklich zu schätzen.«
    Er zuckte die Achseln und quälte sich ein nervöses Lächeln ab. »Kein Problem.«
    Sie überlegte, dass es wahrscheinlich sehr wohl ein Problem gewesen war. Wenn sie richtig lag, hatte ihm Pardoe recht barsch den Kopf gewaschen; sie erinnerte sich durchaus an dessen Telefonmanieren.
    |206| Sie gürtete sich im Geist die Lenden und folgte dem jungen Mann.
    Sie hörte Pardoe, ehe sie ihn sah, und zuckte zusammen, weil er so laut fluchte. Klar, der Mann war ja nicht nur Restaurantbesitzer, sondern auch Koch.
    Schon wieder donnerte ein Kraftausdruck auf alle nieder, die in Hörweite waren. Meine Güte, dagegen war Smudger vergleichsweise zahm!
    Pardoe machte gerade mit Worten Kleinholz aus einem kleinen Commis. Es hatte irgendwas damit zu tun, dass man Coq au Vin mit rotem und nicht weißem Wein kocht. Die Wörter, die er benutzte, um anzudeuten, was geschehen würde, wenn derlei je wieder vorkommen sollte, wären in jedem Land der Welt der Zensur zum Opfer gefallen.
    »Und jetzt raus hier!«
    Mit gesenktem Kopf wieselte der arme Kerl davon.
    Ein Mann mit Pferdeschwanz und dichten Ponyfransen, die ihm tief ins Gesicht fielen, fuhr blitzschnell zu ihr herum.
    Ohne zu lächeln, schaute er auf seine Armbanduhr.
    »Sie haben fünf Minuten.«
    Pardoe hatte das Brautpaar, das Honey auf den Fersen gefolgt war, nicht gleich bemerkt.
    »Ich verkaufe keine Weinbergschnecken. Ich

Weitere Kostenlose Bücher