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Dinner für eine Leiche

Dinner für eine Leiche

Titel: Dinner für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
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– so verrückt waren wie Mary Jane.
     
    Als der Vormittag zur Hälfte vorüber war, überkam Honey die Lust, einen kleinen Ausflug zu unternehmen.
    Die Kante des Empfangstresens grub sich in ihr Hinterteil, während sie sich mit verschränkten Armen dagegen lehnte und Lindsey zuschaute, die am Computer saß.
    »Ich muss mit Sylvester Pardoe sprechen«, sagte Honey nachdenklich.
    »Hat das nicht schon die Polizei getan?«
    Honey schüttelte den Kopf. »Der ist für ihre Untersuchungen zu unwichtig, als dass sie ihn befragen würden. Aber ich habe so ein unbestimmtes Gefühl im Bauch …«
    »Dann fahr hin – aber mach dir erst einen Plan, Mutter. Ich weiß, dass du gern deinem Riecher folgst, doch in diesem Fall solltest du vielleicht Schritt für Schritt vorgehen.«
    |202| Honey fühlte sich zurechtgewiesen. Sie zog die Augenbrauen in die Höhe. »Immer voran, Sherlock! Was mach ich also jetzt?«
    Lindsey tippte etwas in den Computer ein. »Schreib eine Liste mit den wichtigsten Gründen für das Gespräch.«
    Honey hielt inne. Alle möglichen Gefühle stiegen in ihr auf, während sie das Gesicht ihrer Tochter betrachtete.
    »Also! Erstens. Er hat vor drei Jahren am
Grande Epicure
in Frankreich teilgenommen, genau wie die beiden toten Köche und unser eigener, allerliebster Smudger.«
    »Gut.« Die Tasten klapperten weiter. »Und was bedeutet das?«
    »Ich weiß es nicht. Ich glaube, die beiden toten Männer wussten es. Man muss nur jemanden finden, mit dem sie sich darüber unterhalten haben.«
    Mutter und Tochter schwiegen. Ihre Blicke trafen sich. Es war Telepathie der offensichtlichsten Sorte.
    »Er hat es nie erwähnt«, sagte Lindsey, bezog sich dabei natürlich auf Oliver Stafford. Sie schaute weg.
    Honey zwang sich, zum Thema zurückzukehren. »Gut. Zweitens hat sich Sylvester Pardoe in letzter Minute entschieden, aus der Jury des Wettbewerbs in Bath auszusteigen. Warum?«
    Lindsey tippte auch das ein. »Hast du daran gedacht, noch einmal bei ihm anzurufen?«
    »Er will nicht mit mir reden. Ich muss hinfahren.«
    Lindsey lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und schaute sie mit einem gouvernantenhaften Gesichtsausdruck an, den sie eigentlich erst ab vierzig haben sollte.
    »Du erinnerst dich doch, dass Smudger eine Affäre mit Olivers Frau hatte?«
    Das hatte Honey vergessen.
    Lindsey verzog das Gesicht. »Oliver Stafford hatte sehr liberale Ansichten, was offene Ehe und so anging. Er erwartete von seiner Frau das Gleiche. Smudger hat erzählt, dass sie es nicht einfach fand, vollkommen freie Fahrt für den Ehebruch |203| zu haben. Sie meinte, bei dem Gedanken würde ihr richtig schlecht.«
    »Aber Smudger hat sich davon nicht abhalten lassen?« Honey konnte es kaum glauben.
    »Das war aber nicht nur sexuell bei ihnen, er wollte ihr auch helfen. Ich glaube, die Sache war ziemlich ernst, sie wollten wohl schon zusammenziehen.«
    »Weswegen haben sie es dann nicht gemacht?«
    »Oliver ist umgebracht worden. Jetzt ist sie frei.«
    Honey warf den Kopf zurück, als ihr die Wahrheit aufging.
    »O Gott. Kein Wunder, dass er es so leichthin abgetan hat. Er hat sich reingehängt und ist abserviert worden. Sie hat ihn nur ausgenutzt.«
    »Blöde Kuh«, murmelte Lindsey. »Der arme Smudger.«
    Honey hatte nun eine ganze Liste von Fragen. Sie holte ihr Auto aus der Tiefgarage, wo sie es normalerweise parkte. Sie bretterte, so schnell sie konnte, zur A46 in Richtung Cotswolds. Grüne, gelbe und golden reife Felder lagen wie bunte Patchworkdecken neben der Straße. Nachdem sie das Arboretum von Westonbirt hinter sich gelassen hatte, scharten sich in den Dörfern honiggelbe Häuschen um Dorfanger und kleine Pubs. Immer öfter tauchten großartigere Herrenhäuser auf, an deren Mauern der wilde Wein schon beinahe im tiefen Rot des Spätsommers leuchtete.
    Wenn man die Sprossenfenster und die hufeisenförmigen Verbindungseisen in den Mauern betrachtete, war das Haywain früher einmal ein ganz gewöhnliches Wirtshaus gewesen. Lange bevor es Wagen mit Allradantrieb und Mercedes-Sportwagen gab, hatten sich hier die Viehtreiber auf dem Weg zum Markt und die Pflüger unter den rauchgeschwärzten Deckenbalken getroffen, um Apfelwein zu trinken und Brot mit Käse zu essen.
    Heute wies ein Schild am Haus stolz auf zwei Michelin-Sterne hin. In längst vergangenen Zeiten hätte der Preis eines |204| Menüs von der Speisekarte des Haywain wahrscheinlich einen Pflüger oder Viehtreiber ein ganzes Jahr lang ernährt.
    Der Schieferboden

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