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Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Titel: Dinotod: Tannenbergs vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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wandte er sich an Kommissar Schauß. „Los, Michael, auf, wir fahren sofort zum Amtsgericht!“

20
    Mit schlurfenden Schritten begab sich Peter Walther zur Gästetoilette und entledigte sich dort eines Teils der zuvor in einem regelrechten Sturztrunk aufgenommenen alkoholischen Flüssigkeit. Anschließend stellte er sich vor das Waschbecken, stützte sich mit beiden Armen auf der Umrandung ab und betrachtete im Spiegel sein eigenes Konterfei.
    Er blickte in das Antlitz eines ausgelaugt und kränklich wirkenden Mannes, der in den letzten Tagen wie im Zeitraffer gealtert zu sein schien: Faltige Tränensäcke hingen schlaff unter wässrigen, geröteten Augen. Die gräuliche Gesichtshaut war von schwarzen Bartstoppeln übersät, die farblosen Lippen waren schmäler als je zuvor.
    Mühevoll schleppte er sich ins Wohnzimmer, öffnete dort eine Vitrine und entnahm ihr eine angebrochene Flasche Cognac, die er ohne Zögern sofort an den Mund setzte. Sein trauriger, glasiger Blick fiel auf eine Ansammlung von Familienfotos, die auf einem Hartholz-Vertiko ein normalerweise recht unbeachtetes Dasein fristeten. Er griff nach der größten, mit einem silbernen Metallrahmen versehenen Fotografie und hielt sie vor sich hin. Es handelte sich bei diesem Exponat um eine professionelle Studioaufnahme, die seine gesamte Familie zeigte.
    Als seine Augen die beiden Kinder fixierten, begann er bitterlich zu weinen. Diesen Anblick konnte er einfach nicht ertragen. Er wandte sich ab, stellte das Foto, ohne dabei hinzusehen, zurück auf das Schränkchen und schlurfte anschließend mit der Cognacflasche in der Hand in die Küche. Dort setzte er sich jedoch nicht auf einen Stuhl, sondern trat ans Fenster, schob den Vorhang zur Seite und drückte seine Stirn fest an die überraschend kühle Glasscheibe. Er schloss die Augen, wurde von einem erneuten Weinkrampf überwältigt.
    Plötzlich hörte er ein gedämpftes, quietschendes Geräusch. Reflexartig schlug er die Augen auf. Er sah, wie ein silberner Mercedes-Kombi vor dem Haus seiner Schwiegermutter zum Stillstand kam. Ihm entstiegen zwei ihm unbekannte Männer, die sich sogleich vor dem schmiedeeisernen Gartentürchen postierten. Der größere der beiden betätigte kaum einen Wimpernschlag später die Klingelanlage.
    Obwohl Peter inzwischen ziemlich betrunken war, benötigte er kaum mehr als die berühmte Schrecksekunde, um sich über Beruf und Motivation der beiden ungebetenen Besucher klar zu werden.
     
    „Der ist bestimmt schon über alle Berge“, knurrte Tannenberg, während er abermals kräftig auf die Klingeltaste drückte. „Ich hab mir gleich gedacht, dass der in seiner Situation nicht zum Dienst erscheint.“ Er drehte sich um zu seinem Mitarbeiter. „Von daher war’s ausgemachter Schwachsinn, zuerst ins Amtsgericht zu fahren!“
    Michael Schauß warf die Hände in Abwehrhaltung vor den Körper und zog die Augenbrauen nach oben. „Entschuldige, Wolf, das war wohl deine Idee. Ich kann wirklich nichts dafür!“
    „Ja, ja“, bemerkte Tannenberg brummend. „Der hat garantiert den Braten gerochen und ist bereits mit seinem Bruder über alle Berge. Wenn der jetzt nicht gleich die Tür aufmacht, schreiben wir ihn und seinen Bruder sofort zur Fahndung aus.“
    „Na, ich weiß nicht“, erwiderte Kommissar Schauß kopfschüttelnd. „Damit sollten wir besser noch warten, denke ich.“
    „Wieso?“
    „Vielleicht haben die beiden ja gar nichts mit der Sache zu tun und wir rennen nur mal wieder einem Phantom hinterher. Vielleicht sitzt der Mann jetzt irgendwo seelenruhig beim Arzt und sein Bruder brav beim Arbeitsamt.“
    „Ja, vielleicht.“ Tannenberg klingelte erneut. „Sag mal, würdest du deine Kinder Peter und Paul nennen?“
    Der junge Kommissar zog abschätzig die Oberlippe empor, schüttelte dabei den Kopf. „Nee! Also auf so eine abartige Idee käme ich bestimmt nicht.“ Nach einer kurzen Pause schob er nach: „Sabrina garantiert auch nicht.“
    „Du, ich denke, das hier macht wirklich keinen Sinn mehr. Los, wir fahren zurück ins Kommissariat und schauen mal, ob die Kollegen inzwischen irgendwas Brauchbares entdeckt haben.“ Auf dem Weg zum Dienstwagen ergänzte er voller Tatendrang: „Und dann werden diese beiden scheinheiligen Apostel zur Fahndung ausgeschrieben. Wer weiß, was die noch so alles im Schilde führen.“ Unvermittelt blieb er stehen, krauste die Stirn und fragte: „Wer sagt dir denn eigentlich, dass die nicht bereits ein weiteres Opfer auf dem

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