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Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Titel: Dinotod: Tannenbergs vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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alten BMW auch nachträglich einen Kassettenrecorder einbauen lassen. Vor einiger Zeit wurde dieser durch einen CD-Player ergänzt, den ihm sein Bruder zu seinem vorletzten Geburtstag geschenkt hatte. Aber in Heiners Auto gab es zu Tannenbergs Leidwesen nur ein langweiliges Autoradio.
    Nervös suchte er nach einem wenigstens einigermaßen erträglichen Sender. Er traute zunächst seinen Ohren nicht, erklang da doch tatsächlich ›Riders on the Storm‹. Aber es handelte sich dabei leider nur um die Schlusstakte dieses legendären Doors-Titels.
    Sofort begann eine nervige Plapperstimme mit der inzwischen anscheinend auch für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten obligatorischen Selbstbeweihräucherungs-Orgie: Der beste Sender, der schnellste Verkehrsservice usw.
    Zutiefst angewidert drehte Tannenberg dem aufdringlichen Eigenwerber den Ton ab.
    Ungeduldig trommelte er mit den Fingern auf dem Lenkrad herum, versuchte den Takt des eben gehörten Musikfragments nachzuspielen.
    Plötzlich flammten die grellen roten Bremslichter des vor ihm stehenden Kleintransporters auf, der sich sogleich in Bewegung setzte. Hektisch startete Tannenberg den Sharan seines Bruders, betätigte den Scheibenwischerhebel – und blickte direkt auf einen etwa zehn Meter von ihm entfernt auf einer Rampe stehenden, in leuchtendes Orange gehüllten Deponiearbeiter, der ihn mit eindeutigen Gesten zum zügigen Heranfahren aufforderte.
    Geschockt würgte Tannenberg den Motor ab.
    Er startete erneut.
    Mit schleifender Kupplung und aufheulendem Motor setzte sich der Van schließlich in Bewegung und erreichte nach kurzer Zeit einen Kopf schüttelnden, klein gewachsenen Mann, der ihn spontan an Napoleon erinnerte.
    „Führerschein im Lotto gewonnen, he?“, empfing ihn der ungepflegt wirkende Arbeiter und gaffte in das vollgepackte Auto. „Was’n das alles?“
    Tannenberg blickte eingeschüchtert in das wettergegerbte Trinkergesicht des Mannes, dann stammelte er die von ihm zu entsorgenden Utensilien nacheinander herunter.
    Mit wenigen, in Kasernenhofmanier ausgestoßenen kurzen Kommandos erhielt der altgediente Kriminalbeamte seine konkreten Handlungsanweisungen. Nun wusste er ganz genau, wo er was hinzubringen hatte, sprich: in welchen der vielen Container er welches Gerümpel oder Material zu werfen bzw. zu stellen hatte.
    Nun wäre Tannenberg natürlich nicht Tannenberg gewesen, wenn er sich nicht schnell von diesem lähmenden Schockzustand erholt hätte und sogleich zum Gegenangriff übergegangen wäre.
    Denn bereits während er den Sharan vor den Containern abgeparkt hatte, waren seine Überlegungen mit nichts anderem als der Frage beschäftigt gewesen, auf welche Art und Weise er sich ebenso umgehend wie gebührend für die eben erlittene Schmach rächen konnte.
    Mit dem, was er nun genüsslich tat, legte er wieder einmal ein beredtes Zeugnis darüber ab, zu welchen irrationalen Untaten er manchmal fähig war, wenn er wieder einmal von diesem mächtigen Teufel geritten wurde. Einem wahnsinnigen Teufel, der ihn oft genug dazu verleitete, Dinge zu tun, über die er im nachhinein meist nur verwundert den Kopf schütteln konnte.
    Geduldig wartete er, bis der aufgeblasene Deponiearbeiter seine Argusaugen von ihm entfernt hatte und sich mit anderen Dingen beschäftigte.
    Das war die Gelegenheit: Voller Vergnügen entledigte sich Tannenberg der von ihm zu entsorgenden Gegenstände. Allerdings platzierte er den Unrat nicht in den dafür vorgesehenen Container, sondern vorsätzlich in den falschen.
    Hinterhältiger Mistkerl!, schimpfte seine innere Stimme. Das ist doch eine ökologische Sauerei!
    Ach was, gab Tannenberg gelassen zurück. Das ist doch nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für diesen Wichtigtuer. Der muss das doch später alles ausmisten und in die richtigen Container verteilen!
    Schadenfroh grinsend warf er einen zufriedenen Blick in den leeren Sharan, setzte sich ans Steuer und verließ die Mülldeponie. Als er sich während der Fahrt hinunter zur Bundesstraße mit Hilfe eines flinken Blicks nach hinten noch einmal die geglückte Entrümpelungsaktion vergegenwärtigte, erschloss sich ihm plötzlich die verborgene Dramaturgie seines zwanghaften Aktionismus.
    Er stoppte den Van an der Einfahrt zu einem Waldweg.
    „Unglaublich. Das ist einfach unglaublich“, murmelte er kopfschüttelnd vor sich hin. Dann atmete er ein Mal kräftig durch. „Nun denn: auf zu neuen Taten!“, feuerte er sich selbst an, legte den ersten Gang ein

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