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Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Titel: Dinotod: Tannenbergs vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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und brauste los.
    Seine rasante Fahrt führte ihn am Landgasthof Eselsfürth vorbei und dann die Anhöhe hinauf zur Autobahnzufahrt. Als er den PRE-Park passierte, musste er unweigerlich lachen. „Verrückt. Einfach verrückt. Wahnsinn!“
    Er wurde immer euphorischer.
    Den Sharan stellte er auf dem großen Parkplatz in der Donnersbergstraße ab. In der Friedhofsgärtnerei kaufte er einen großen Strauß sattgelber Osterglocken. Als die junge Floristin die Frühlingsblumen zusammensteckte, hatte er eine Inspiration, die er auch sogleich in die Tat umsetzte.
    Dann eilte er mit zügigen Schritten durch das breite, schmiedeeiserne Friedhofstor. Hinter der Leichenhalle betrat er eine nasse, schwarzgraue Asphaltstraße, die ihn zum nördlichen Teil des Waldfriedhof geleitete. Dorthin, wo Lea begraben lag.
    Es regnete noch immer. Obwohl er ohne Schirm oder Kapuze unterwegs war, registrierte er den Dauerniederschlag nur als unbedeutende Randerscheinung. Sein Bewusstsein beschäftigte sich mit ganz anderen Dingen.
    Hinter einer mausgrauen Parkbank bog er in einen schmalen, geschotterten Weg ein, der von mattglänzenden Grabsteinen und Marmorplatten besäumt war. Gleich nachdem ein auf einem überhängenden Ast sitzendes Eichhörnchen ihn erspäht hatte, ergriff es panisch die Flucht.
    Laut schnaubend erreichte er Leas Grab.
    Als er jedoch die Messingbuchstaben mit ihrem Namen und ihren Geburts- und Sterbedaten erblickte, verflüchtigte sich plötzlich seine euphorische Stimmung.
    Beklommen legte er den Blumenstrauß auf der verwitterten Sandsteinplatte ab.
    Unsicher bohrte er die Hände in seine Hosentaschen, knetete die Leinentaschentücher zu kleinen Bällen. Er presste die Lippen zusammen, pendelte mit dem Kopf heftig hin und her, warf ihn schließlich in den Nacken, schloss die Augen, begann nervös auf der Stelle herumzutrippeln. Seine Kleidung wurde immer nässer. Kälte und klebrige Feuchte verbreiteten sich über seinen ganzen Körper. Er fröstelte, fing an zu zittern. Fluchtgedanken keimten auf.
    Aber dann gab er sich einen Ruck, kratzte allen verfügbaren Mut zusammen. Er schaute sich nach jeder Seite um. Er sah niemanden, vernahm keinen einzigen menschlichen Laut.
    Mit beiden Händen wischte er sich das Regenwasser aus seinem Gesicht.
    „Lea“, begann er seufzend, „du weißt“, er räusperte sich, „warum ich hier bin. Es ist soweit.“ Er faltete die Hände wie bei einem Gebet zusammen. „Du hast nie gewollt, dass ich mich nach deinem Tod verkrieche. Du hast immer gesagt: Wolf, du musst dein Leben weiterleben. Da darfst nicht verzweifeln. Du musst dich von diesen Fesseln befreien! Du musst mir versprechen, den Käfig aufzusperren und in die Freiheit zu fliegen! Unsere Liebe ist so einzigartig und tief in uns beide eingebrannt, dass nichts auf Erden uns voneinander trennen kann. Ich warte im Himmel auf dich. Aber ich ertrage die Vorstellung nicht, dass du nach meinem Tod leidest. Das zerreißt mir mein Herz. Genieß dein Leben! Du musst dir auch irgendwann eine neue Frau suchen! Du darfst nicht an deinem Schmerz zerbrechen! – Das waren deine eigenen Worte. Und ich hab es dir versprochen! Aber ich hab mich nicht daran gehalten. Ich hab mich an dich festgeklammert, hab mich vergraben in meinen Schmerz.“
    Seine Tränen mischten sich mit dem kalten Regenwasser, das unvermindert auf ihn herniederprasselte. Er schniefte, zog ein Taschentuch hervor, wollte sich damit sein Gesicht abtrocknen. Aber es war schon zu stark durchfeuchtet, konnte kaum mehr Nässe aufnehmen.
    „Als ich eben, wie von einer höheren Macht ferngesteuert, meine Wohnung entrümpelt und das Zeug auf die Deponie gefahren hab, ist mir schlagartig klar geworden, dass ich auch meine Seele von Ballast befreien muss, Platz für Neues schaffen muss.“
    Plötzlich hielt er inne, schug sich eine Hand vor den offenen Mund. „Um Gottes willen, Lea, du denkst doch jetzt hoffentlich nicht, dass ich dich und unsere Liebe eben auf den Müll geworfen habe?“ Nach einer kurzen Pause ergänzte er: „Oder?“
    Er warf einen verunsicherten, flehenden Blick hoch in die tropfenden Baumkronen der mächtigen Kiefern, die wie ein undichtes Dach die Gräber vor den Unbilden des Wetters zumindest ein wenig zu schützen versuchten. Die Hand löste sich von seinem Mund und wischte über Stirn, Augen und Wangen.
    Dann senkte er den Kopf, warf ihn abermals hektisch hin und her. „Nein, nein, nein, Lea.“ Er blickte auf den verwitterten Grabstein direkt vor ihm.

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