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Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Dinotod: Tannenbergs vierter Fall

Titel: Dinotod: Tannenbergs vierter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Kulturbanause.“
    „Kommt Kinder, hört jetzt auf zu streiten“, forderte Mutter Tannenberg, die dem Scharmützel die ganze Zeit über schweigend beigewohnt hatte. „Wir haben uns doch zum Frühstücken getroffen. Und ich hab einen Bärenhunger.“
    „Frühstück um halb 12. Dass ich nicht lache! Bei Tannenbergs wird seit ewigen Zeiten morgens um sieben gefrühstückt und um zwölf zu Mittag gegessen. Und jetzt dieser komische Amikram!“, beschwerte sich ihr Ehemann und ergänzte, wobei er das englische Wort so aussprach, wie es geschrieben wird: „Brunch – was für ein Mischmasch-Blödsinn!“ Anschließend zog er die Bildzeitung aus seiner Jacke und verschanzte sich dahinter.
    „Jacob, musst du jetzt wirklich diese schreckliche Zeitung lesen?“, bemerkte Betty mit angewidertem Gesichtsausdruck.
    „Da steht wenigstens was drin. Zum Beispiel über den neuen Fall von meinem Herrn Sohn. Mir erzählt er ja nie etwas über seine Arbeit. – Da steht’s schwarz auf weiß: ›Dinotod. Und wieder treibt ein unheimlicher Frauenmörder sein Unwesen in Kaiserslautern. Sein erstes Opfer war eine Frauenbeauftragte. Wer wird sein nächstes Opfer sein? Die ...‹“
    „Stopp, Vater! Ich will nichts mehr von diesem ausgemachten Schwachsinn hören!“, fiel ihm Tannenberg scharf ins Wort. „Nächstes Opfer! Die spinnen doch!“
    Heiner hatte der Zeitungsartikel gründlich den Appetit verdorben. Er knabberte lediglich ein paar Mal an einem mit Gemüsepaste bestrichenen Vollkornbrötchen herum. Immer und immer wieder gruben sich seine Augen in die vernichtende Rezension.
    „Komm, Heiner, leg jetzt mal diese blöde Zeitung weg!“, befahl Tannenberg und nahm, da Heiner seiner Aufforderung nicht umgehend Folge leistete, wenig später seinem Bruder die PALZ aus der Hand und warf sie demonstrativ in die Altpapierkiste neben dem Kachelofen. „Genau dort gehört dieses Mistding hin: in den Müll!“
    „So eine Sauerei!“, zischte Heiner zum wiederholten Male.
    „Das geht dir ganz schön an die Nieren, nicht wahr?“
    Anstatt zu antworten, seufzte Heiner leise auf.
    „Mach dir einfach nichts draus! Da stehst du doch drüber. Es werden mit der Zeit auch andere, bessere Rezensionen kommen. Wenn du diesen Weg konsequent weitergehst, wirst du dein Ziel auch erreichen. Da bin ich mir ganz sicher! Ich bin jedenfalls tief beeindruckt von deinem Mut, mal etwas völlig anderes auszuprobieren.“
    Heiner schickte einen müden, traurigen Blick hinüber zu seinem ihm direkt gegenübersitzenden jüngeren Bruder. „Ehrlich?“
    „Ehrlich! Großes Indianer-Ehrenwort!“
    „Danke, Wolf.“
    „Was meinst du wohl, wie viele Leute dich wegen deines mutigen Schrittes beneiden? Zum Beispiel deine Kollegen Lehrer oder dieser arrogante Provinz-Rezensent. Die würden sich doch sowas nie trauen! Das sind doch alles Hosenscheißer, die sich daran aufgeilen, andere niederzumachen und deren Leistungen kleinzureden. Und selbst?“
    Tannenberg wartete einen Augenblick. Aber da niemand der Anwesenden auf seine rhetorische Frage reagierte, fuhr er fort: „Und selbst kriegen sie den Hintern nicht hoch. Weil sie Angst haben! Ja, panische Angst davor, sich bis auf die Knochen zu blamieren! Und weil sie davor Schiss haben, wagen sie diesen Schritt erst gar nicht.“
    Man sah Heiner deutlich an, wie sehr ihn der Zuspruch seines Bruder aufmunterte. Während er langsam seinen Oberkörper aufrichtete, entspannten sich seine Gesichtszüge zusehends, die verbitterte Mimik verflüchtigte sich immer mehr, sogar ein zartes Lächeln schob sich zwischen die Mundwinkel. Er nahm Tannenbergs Hand, drückte sie fest. „Wenn ich dich nicht hätte!“
    „Aber, es ist doch auch wirklich wahr, Heiner! Ich find’s jedenfalls toll, dass du dich dazu entschlossen hast, einen dicken roten Strich unter dein bisheriges Leben zu ziehen und dich in aller Ruhe gefragt hast: Was hab ich bisher erreicht? Bin ich damit zufrieden? Könnte ich denn nicht mal etwas anderes ausprobieren? Mensch, Junge, das ist doch Klasse! Mal ein bisschen ausmisten, Ballast abwerfen, versuchen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, das überflüssige Zeug zur Müllkippe zu bringen.“
    An dieser Stelle brach Tannenberg plötzlich ab. Das letzte Wort hatte wie eine Notbremse gewirkt. Alle am Tisch versammelten Familienmitglieder unterbrachen ihre Tätigkeit, starrten zum Leiter des K 1. Sogar Jacob warf einen verwunderten Blick hin zu seinem jüngsten Sohn.
    „Leute, genau das mach ich jetzt!

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