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Diplomat Im Abseits

Titel: Diplomat Im Abseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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hat das erste K. seine Beute gemacht?«
    »Am Bundeshaus und in Oberwinter beim Straßenbau«, antwortete Freiberg und kippte die auf dem Tisch liegenden Betonfüße zurück. »Was ist mit der Kette?«
    »Eine schwere Hundekette mit zwei stabilen Karabinerhaken für größere Tiere – gibt’s hundertfach.« Lützel griff zur Glasschale. »Aber hier, der Ring von der linken Hand ist nicht uninteressant: gekreuzte Schlangenköpfe mit Brillanten als Augen, kunstvoll gefertigt aus Platin und Gold. Der dürfte ein paar Tausender gekostet haben.«
    »Gravur?« fragte Freiberg schnell.
    »In der Tat – die Buchstaben R O M A, in Versalien; entweder ein Namenskürzel für RO und MA oder eine Erinnerung an die ewige Stadt.«
    »Laß sehen!«
    Der Ring machte die Runde. Lupus dachte sofort praktisch. »Auf jeden Fall werden wir mit diesem Schmuckstück die Bonner Geschäfte abklappern. – Außerdem muß Mauser ran.«
    »Richtig! Und die Kleidung?« drängte Freiberg.
    Lützel zeigte auf zwei durchsichtige Plastiktüten. »Du hast es auf dem Bagger selbst gesehen; viel ist nicht übriggeblieben. Aber der Rest vom Rock ist aus Bourette-Seide; leider fehlt das Oberteil, also keine eingenähten Etiketten oder Hinweise auf die Lieferfirma. Die Frau ist schlank, eher zierlich, kein BH, Slip aus weißer Baumwolle mit Spitzeneinsatz, Größe 38, keine Strümpfe, keine Schuhe.«
    »Verdammt wenig!« stellte Lupus, ohne Widerspruch zu finden, fest.
    »Hier sind Mausers Fotos vom Bagger«, sagte Freiberg und schob Lützel den Briefumschlag zu.
    »Perfekt – und gräßlich. Schade, daß die obere Kopfpartie so zerstört ist, die rechte Hand fehlt ganz. Manches spricht dafür, daß sie Ausländerin ist; dunkelhaarig und von zierlichem Wuchs. Ich würde sagen: Orientalisch, arabisch, vielleicht südamerikanisch. Dazu müßte Klenze aber mehr sagen können.«
    Das Thema war vorerst ausgereizt. Freiberg sah, daß alle müde waren, und brach die Visite schnell ab. »Das erste K. dankt und verdrückt sich für heute. – So long!«
     
     
    Er fühlte sich wie ausgelaugt. Die Eindrücke des Tages mit den Opfern in Feuer und Wasser wollten nicht abklingen. Der Straßenverkehr hatte nachgelassen, so daß Freiberg seinen roten Golf schon zehn Minuten nach der Abfahrt vom Präsidium am Ende der Rittershausstraße in eine Lücke quetschen konnte. Parkplätze waren knapp; und wieder mußte er ein ganzes Stück bis zur Wohnung laufen. In seinem vergitterten Souterrain brannte kein Licht; entweder schlief Sabine schon, oder sie hatte sich mit Wut im Bauch in ihre immer noch genutzte Studentenbude in der Beethovenstraße abgesetzt. So ein Ortswechsel war das äußerste Mittel, ihm deutlich zu machen, daß die Werte des Lebens nicht nur im Bullenkloster, wie sie das Präsidium nannte, zu suchen und zu finden seien.
    Dann sah er ihr Fahrrad, das mit zwei Ketten am Gitter vor dem Haus angeschlossen war, und schöpfte wieder Hoffnung. Nur wenn sie fest schlief, würde sie das Knirschen seiner Schritte auf den Platten des Vorgartens nicht hören. Er schloß behutsam die Tür auf. Das Licht der Straßenlaterne fiel durch die gewölbten Gitter, mit denen Sabine sich nicht anfreunden konnte. Sie fühlte sich hinter ihnen eingesperrt, aber nicht geborgen.
    Freiberg schloß leise die Tür hinter sich und ging ins Badezimmer. Auch wenn seine studentische Hilfskraft wach werden sollte – er mußte den Dreck des Tages unter der Dusche abspülen.
    Unter dem sanft massierenden Strahl des heißen Wassers verloren die Bilder ihren Schrecken. Dann tastete er sich ins Wohnzimmer, um auf der Couch unter die Decke zu schlüpfen. Er wollte Sabine nicht wecken. Nach so einem Tag war es bei ihm mit der Festigkeit in der Liebe sehr problematisch. Er schlief dann lieber allein.
    Zunächst hatte er geglaubt, ihre regelmäßigen Atemzüge kämen aus der Tiefe des Schlafs, aber dann hörte er sie klar und deutlich sagen: »Nun komm schon, Waldi; das Körbchen ist gewärmt.«
    »Aber du weißt…«
    »Ja, ich kenne mein Sensibelchen. Schreib an den Kultusminister – zwei Staatsexamen hast du ja –, vielleicht macht der dich doch noch zum Steißtrommler. Dann kannst du die Brocken hier hinschmeißen – und zumindest unser Liebesleben wäre einfacher.«
    Freiberg kuschelte sich an sie in der Löffelhaltung – und schlief sofort ein. Sabine tröstete sich mit dem Lehrsatz, den sie im RTL-Partnerkurs gehört hatte: »Nutzen Sie die Morgenerektion.«
    Für Lupus war es gar

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