Diplomat Im Abseits
geeignetes Gelände, jemanden mit Beton an den Füßen zu transportieren.
»Los, dreh mal nach rechts ab. Die Insel Grafenwerth dürfen wir nicht auslassen«, sagte Peters. Unter der Brücke des Rheinarms hindurch fuhren Sportboote flußabwärts.
Rund um das Thermalbad parkten Autos mit Kennzeichen weit abgelegener Landstriche. Zur Hauptfahrrinne hin wurde die Uferbefestigung erneuert; ein Kran setzte Gesteinsquader aneinander. Auf der gegenüberliegenden Insel Nonnenwerth erhob sich der wuchtige Bau der Klosterschule, wo sich junge Mädchen mit den Geheimnissen des Lebens vertraut machten.
»Man wird ja rammdösig bei dem Herumgesuche. Diese Schnapsidee mit den Baustellen führt uns bestimmt nicht weiter«, meckerte Ahrens. »Jetzt nach Unkel; wir wollen doch mal sehen, wo unser Bürger Willy sein Haus gebaut hat.«
Die berühmten Fachwerkhäuser des Ortes gruppierten sich westlich der Autostraße um die frühgotische Pfarrkirche herum. Freiliggrath hatte hier neben dem Hotel Schulz in seiner »Strolchenburg« gewohnt. Gebaut und renoviert wurde an vielen Häusern, und Peters schaute anerkennend an den Fassaden entlang: »Nicht schlecht diese Datschen; hier läßt sich jeder Ruhestand ertragen. Aber nun ab nach Erpel, und dann volle Pulle zurück.«
In Rheinbreitbach erreichte sie der Ruf von UNI 81/12. »Wir haben einen Klotz gefunden, am Bundeshaus«, meldete Lupus. »Wir fahren noch weiter bis Remagen. Wie läuft es bei euch?«
Peters drückte den Sprechknopf und nahm das Mikro hoch. »UNI 81/13 verstanden – wir melden Fehlanzeige und fahren in fünfzehn Minuten zurück.«
Bei dieser Erkenntnis, blieb es.
Kommissar Walter Freiberg bog in Mehlem noch kurz zur Amerikanischen Botschaft ab. Die Baukörper standen auf Hochwasserstelzen. »Das sieht doch wohl etwas kackerig aus«, stellte Lupus respektlos fest. »Komm, laß uns abhauen; hier ist nichts los.«
Auf der Bundesstraße 9 zwischen Rolandswerth und Oberwinter nur stop and go, eine Großbaustelle nach der anderen mit einspuriger Verkehrsführung.
»Halt mal an«, sagte Lupus, »da drüben steht ein Sicherungszaun.«
Erst vor der ehemaligen Botschaft der Sowjets fand Freiberg einen Parkplatz. Der Fußmarsch zur Baracke der Bauleitung führte am Zaun entlang. Da stand Betonfuß an Betonfuß. Aber abbauen und mitnehmen war nicht möglich; die Montagegitter hingen fest verschraubt ineinander.
In der Baracke brütete ein Ingenieur über Plänen und füllte Arbeitsaufträge für den nächsten Tag aus. Während Lupus sich draußen umsah, ob es nicht doch eine Möglichkeit zum Abstauben gab, sagte Freiberg seinen Spruch auf.
Der Ingenieur schien dankbar für den seltsamen Besuch zu sein. »Das läßt sich machen; Betonfüße satt. – Den ganzen Zirkus hier bezahlt sowieso der Bund.«
»Die Kripo gehört zum Land – und wir nicht mal zu Rheinland-Pfalz, sondern zu Nordrhein-Westfalen«, versuchte der Kommissar richtigzustellen.
»Ist doch egal; Armut herrscht da auch nicht.«
Lupus folgte den beiden Männern mit hangenden Schultern. Er dachte an die erneute Würgerei mit dem Schwergewicht.
»Wo haben Sie Ihr Auto?« fragte der Ingenieur. »Mit diesen Dingern kann man sich leicht einen Bruch heben.«
»Vor der alten Botschaft«, antwortete Freiberg.
Der Ingenieur drehte sich um. »Dann lassen wir das hier; ein paar hundert Meter weiter Richtung Oberwinter liegt noch mehr von diesem Sicherungsmaterial. Wir wollen morgen den Zaun umsetzen. Packen Sie sich so einen Brocken in den Wagen, und hauen Sie ab damit. Viel Spaß! Ich bin ja gespannt, ob das der Kripo weiterhilft.«
Freiberg dankte, und Lupus atmete erleichtert auf.
Eine Viertelstunde später war die ungewöhnliche Fracht eingeladen. Die Weiterfahrt nach Remagen erbrachte nichts mehr; Freiberg und Lupus machten sich auf den Heimweg.
9
Fräulein Kuhnert wartete geduldig auf das Eintreffen ihrer Mannen. Sie hatte die telefonische Eilnachricht von Professor Klenze nach dem Stenogramm in Reinschrift getippt und auf Freibergs Schreibtisch gelegt. Der verschlossene Briefumschlag mit Mausers Fotos blieb ungeöffnet. Inzwischen hatte auch der Erkennungsdienst angerufen, daß sich das 1. K. die Beweisstücke ansehen könne.
Erst mit dem Anbruch der Nacht waren die Spurensucher zurück. Wieder dampfte der Kaffee in den angeschlagenen Tassen. Die Kuhnert hatte eine Dose Wiener aus dem Vorrat aufgemacht und Knäckebrot auf den Tisch gestellt.
»Kommissarin im Ehrenamt, du läßt uns
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