Diplomat Im Abseits
wir sind spätestens in einer Stunde auf Achse.«
»Das ist ja Erpressung! – Aber gut, ich steige in meine Klamotten und komme rüber. Daß Ihre Kommissarin im Ehrenamt vorzüglichen Kaffee kochen kann, ist bekannt. Vielleicht kann sie dazu noch ein schnelles Frühstück zaubern; meine Artikel werden dann doppelt so gut.«
»Er ist und bleibt ein frecher Hund«, stellte Lupus fest. »Die Kantine ist noch dicht; haben wir etwas für ihn?«
Fräulein Kuhnert wußte Rat: Sie komponierte aus ihrem mitgebrachten Müsli, der Banane, etwas Honig, Milch, den Resten des Knäckebrots und einem Stück Dauerwurst aus dem Kühlschrank des 1. K. ein buntes Angebot – das, angerichtet auf dem Teller, sogar appetitlich aussah.
»Das ist die Gelegenheit, von den Herren eine Umlage zu erbitten – unsere Vorräte sind erschöpft«, forderte die Kuhnert laut und deutlich. »Der Kühlschrank ist leer – mit fünf Mark sind Sie dabei!«
Wie sie erwartet hatte, kam von jedem ein Schein, so daß noch Kaffee dabei abfiel.
Presse-Mauser schien die Entfernung zum Präsidium wie Batman überwunden zu haben. Schon nach wenigen Minuten stürmte er herein. Der Duft eines Aftershaves füllte den Raum – aber rasiert war er nicht.
»Du stinkst wie ein Kammerjäger«, begrüßte ihn Lupus. »Deine abschreckende Wirkung ist ungeheuer.«
»Morgen Mauser«, sagte Freiberg nur und deutete auf den Schlangenring auf dem Besuchertisch.
Fräulein Kuhnert stellte das Tablett daneben. »Mahlzeit – mehr haben wir nicht.«
»Dazu noch ein Kuß, und der Tag ist gerettet.«
Lupus beugte sich vor und spitzte die Lippen.
Mauser grinste: »Deine berufliche Tätigkeit weiß ich verdammt zu schätzen, aber daß du hierfür das richtige Objekt bist, wage ich zu bestreiten – ergo hebe dich hinweg von mir, Satan!« Er gab einen Schuß Milch auf das Müsli und rührte um. »Also, was ist das für ein Ring?«
»Von der Toten«, erklärte Freiberg. »Gekreuzte Schlangenköpfe mit Brillanten als Augen, eine Arbeit in Gold und Platin; Gravur: ROMA. Sie könnten das auf Ihre bewährte Weise mit einem Foto den Lesern servieren. Vielleicht gibt es dann Hinweise. – Die Frau scheint aus Asien zu stammen.«
Mauser kaute auf dem Körnerbrei herum und patschte Butter auf das labbrig gewordene Knäckebrot. »Wer eine solche Henkersmahlzeit erhält«, strahlte er Fräulein Kuhnert an, »der freut sich auf jede Hinrichtung.« Ohne das frugale Mahl zu unterbrechen, griff er zur Kamera und stellte über den Makroring scharf. Fünfmal zog der Winder durch, fünfmal kam der Blitz. »So, das hätten wir – sonst noch was?«
Freiberg verneinte.
Mauser schob sich noch die Banane in den Mund und zog die zweite Tasse Kaffee rein. – »Dann kann ich ja noch ein schwaches Stündchen schlafen – bye!«
Weg war er.
»Mit so einem Irrwisch von Mann würde ich verrückt«, meinte die Kommissarin im Ehrenamt und räumte die, Trümmer des Super-fast-food-Frühstücks beiseite.
Auch wenn die Aussichten dürftig waren, wußte Freiberg, daß jetzt eine halbwegs sinnvolle Aktion anlaufen mußte. Nur nicht durchhängen, wenn’s schwierig wird, war seine Devise. »Und wir machen uns wieder einmal auf die Socken und gehen Klinken putzen bei Juwelieren und Goldschmieden«, sagte er. »Vergeßt aber auch unsere Hehler nicht. Ich werde mich mit den A-H-Lieferanten und Bauunternehmen kurzschließen. – Ahrens bleibt hier und sichtet alle Meldungen und Hinweise zum Tod durch Kehlkopfhornbruch. – Bis dann, Freunde.«
10
In der Villa am Hamburger Jenischpark war die Stimmung auf Null. Alexander Naval wartete immer noch auf ein Frauenwunder aus Südostasien, mit dem er seine ausgefallenen Wünsche befriedigen konnte; etwas so Naiv-kindhaftes wie Subin Tairong, aber nach einer kurzen Stimulierung so verrucht wie der kleine Fisch aus dem Aquarium. Zu den Angaben im Felicidad-Katalog hatte er jedes Vertrauen verloren. Dort wurden nur die üblichen Werbesprüche für kleindeutsche Machos losgelassen. Moskito würde sich ganz schnell etwas einfallen lassen müssen, sonst war er aus dem Geschäft. Alexander Naval war clever genug, diesem kleinen Aufreißer den Hals umzudrehen und die Asiatica-Läden zu Kleinholz machen zu lassen. Schließlich war er es, über dessen schlagkräftige Mittelsmänner der Koks für die Hühner hereinkam. Unfähige und Unbequeme wurden da sehr schnell abgeräumt.
Paulette wußte nicht, was sie mehr fürchten sollte, Alexanders Perversitäten
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