Diplomat Im Abseits
telefonieren; Swirnabad ist ja nicht aus der Welt, und Sie können sogar direkt wählen. Ich habe dort mit der deutschen Schule zu tun und gebe Ihnen mal die Telefonnummer unserer Botschaft.«
Freiberg notierte die lange Zahlenreihe auf einen Zettel. Frau von Teschenburg griff zum Telefon. »Soll ich…«
»Nein danke, ich möchte Ihnen keine weitere Mühe bereiten. Wenn erforderlich, werde ich vom Präsidium aus anrufen.«
Freiberg hatte es plötzlich eilig, das Gespräch zu beenden. »Herzlichen Dank für die Informationen; auf Wiedersehen. Ich muß noch eine Firma aufsuchen, die Betonblöcke als Fußbeschwerer liefert.«
Die Referentin für fremde Missionen und Konsulate sah dem Kommissar mit einem hilflosen Achselzucken nach.
Über vier Stationen U-Strab hatte Freiberg das Präsidium nach kaum einer Viertelstunde erreicht. Da ihm der Fahrstuhl zu langsam war, hechtete er mit langen Sätzen die Treppe zur dritten Etage hinauf. Im Geschwindschritt war er im Vorzimmer bei Fräulein Kuhnert und warf ihr den Notizzettel mit der Telefonnummer auf den Schreibtisch. »Kuhnertchen, ganz eilig! Bitte einmal um die halbe Welt. Ich brauche eine Verbindung mit dem Kulturreferenten der deutschen Botschaft in Swirnabad. Botho von Campen soll an dem Empfang bei der rumänischen Botschaft teilgenommen haben. Er oder seine Frau könnten uns vielleicht etwas über unsere Tote mit dem Schlangenring erzählen.«
»Endlich ein Anhaltspunkt. Müßte ich für das Gespräch nicht eine Genehmigung vom Chef Kripo haben?«
»Nix da – es eilt! Ich mache darüber einen Vermerk, und den legen wir ihm dann vor.«
Wieder erwies es sich als nützlich, daß der Apparat des Chefs der Mordkommission für alle Länder freigeschaltet war. Freiberg hatte kaum am Schreibtisch Platz genommen, als das Gespräch auch schon ankam.
»Deutsche Botschaft in Swirnabad, Kanzler Pastors«, meldete sich eine sonore Männerstimme. Es klang dank der Verstärkertechnik, als würde aus dem Nachbarzimmer gesprochen.
»Walter Freiberg in Bonn. Ich hätte gern mit dem Vortragenden Legationsrat Botho von Campen gesprochen.«
»Scheint nicht im Hause zu sein; darum ist auch der Anruf bei mir angekommen. – Kann ich Ihnen helfen oder eine Nachricht für Herrn von Campen entgegennehmen?«
Freiberg zögerte kurz, machte aber dann sein Anliegen deutlich. »Ich gehöre zur Bonner Kriminalpolizei und ermittle in einer Todesfallsache. Eine Frau, die vor knapp einem halben Jahr an einem Empfang in der rumänischen Botschaft teilgenommen hat, ist jetzt als Leiche aus dem Rhein geborgen worden. – Wir befragen routinemäßig alle deutschen Teilnehmer des Empfangs, ob sie die Frau, die noch ein paar besondere Kennzeichen hat, gesehen haben und ob ihnen Besonderheiten aufgefallen sind.«
»Zu dem Anliegen kann ich natürlich nichts sagen. Ich werde aber Herrn von Campen informieren.«
»Bitten Sie ihn, so schnell wie möglich zurückzurufen«, drängte Freiberg.
»Gewiß doch, das werde ich schriftlich festhalten.«
Inzwischen war Lupus – von Fräulein Kuhnert aufgescheucht – ins Zimmer gekommen. Freiberg drückte den Lautsprecherknopf und fuhr fort: »Seit wann ist Herr von Campen in Swirnabad?«
»Seit vier Monaten. Vor gut einer Woche war er auf seiner ersten Dienstreise in Bonn, da hätten Sie persönlich mit ihm sprechen können.«
»Hat seine Frau ihn nach Bonn begleitet, oder ist sie in Swirnabad geblieben?«
Der Kanzler schien sich über die Frage zu wundern und antwortete mit einiger Verzögerung: »Hier geblieben? – Nein, im Gegenteil, sie ist noch gar nicht hierher gezogen. Ich denke, das dürfte auch ein Grund sein, warum Herr von Campen solchen Wert auf die Dienstreise gelegt hat. Er wollte wohl nicht so lange getrennt sein und den Umzug vorbereiten.«
»Hat er das als Grund angegeben?«
»Aber nein – die Reise war eine dienstliche Notwendigkeit, und niemand hat etwas dagegen, wenn sich das Privat-Angenehme mit dem Dienstlich-Nützlichen verbinden läßt.«
»Danke«, sagte Freiberg, »richten Sie bitte Herrn von Campen aus, daß ich noch heute mit seinem Rückruf rechne.«
Fräulein Kuhnert stand in Erwartung neuer Aufträge bereits in der Tür.
Freiberg legte auf und drehte sich mit seinem Stuhl um die eigene Achse. »Auf den Kanzler kommt es an!« stellte er zufrieden fest.
Lupus verzog das Gesicht. »Unser Chef orakelt mal wieder. Was haben wir mit dem Wolkenschieber am Bundeskanzlerplatz zu tun?«
»Mit dem nichts – absolut
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