Diplomat Im Abseits
Gemahl und die Dame sich kannten?«
»Nein, Herr Kommissar, ich habe keinen Grund.«
Freiberg machte den Versuch, die Anruferin umzustimmen. »Mir würde es gewiß helfen, wenn wir die Angelegenheit persönlich besprechen könnten. Ich bin gerne bereit, zu jedem von Ihnen genannten Ort zu kommen.«
Erst nach einer langen Pause kam die Antwort: »Ich habe Ihnen alles beschrieben, mehr geht nicht. Es war schön schwer, die Polizei anzurufen. Wir haben nicht die Verpflichtung«, und hier klangen die Worte wie auswendig gelernt, »die deutsche Polizei zu informieren.«
Freiberg mußte sich damit zufriedengeben. »Dafür, daß Sie angerufen haben, gnädige Frau, bin ich Ihnen außerordentlich dankbar. Sie haben uns sehr geholfen.«
Ohne ein weiteres Wort hatte die Anruferin aufgelegt.
»Ich küsse Ihre Hand, Madame…«, sang Lupus. »Das war wohl eine Französin, die allen Grund haben dürfte, dem Herrn Gemahl nicht so recht über den Weg zu trauen. – Aber an der Geschichte könnte etwas dran sein. Madame wollte den Herrn Diplomatengatten wohl nicht noch mehr in Schwierigkeiten bringen, nachdem die Frau mit dem Schlangenring als Leiche aufgetaucht ist.«
»Eifersüchtige Frauen haben ein scharfes Auge«, stellte Fräulein Kuhnert fest.
»Und eine scharfe Zunge«, ergänzte Lupus. Dabei blickte er beifallheischend in die Runde; nur Singer grinste.
Freiberg, der während seiner Studentenzeit zwei Semester in Clermont-Ferrand studiert hatte, zweifelte, daß die Anruferin Französin war. »Die könnte aus einem Entwicklungsland stammen, in dem Französisch gesprochen wird, oder sie hat uns bewußt in die Irre geführt. – Aber sonst hast du recht: An der Geschichte ist was dran. Und unsere Kuhnert hat vermutlich auch die Begründung für das scharfe Auge der Beobachterin geliefert.«
Lupus reckte das Kinn vor. »Was zögern wir noch? Also ran an den Freund. Frag mal in der rumänischen Botschaft nach, wer alles auf der Einladungsliste gestanden hat.«
Freiberg winkte mit beiden Händen ab. »Für so naiv hätte ich dich nicht gehalten. Eine Gästeliste von einem Botschaftsempfang zu erbitten ist so, als wolle der Verfassungsschutz die letzten Geheimnisse des kalten Büffets ergründen. – Nein, Freunde, so läuft das nicht.«
»Aber fragen könnte man doch«, meldete sich Peters.
»Auch das nicht. Wir müssen uns schon an die Spielregeln halten.«
»Und die wären?«
»Kontakt mit dem Protokoll des Auswärtigen Amts, und alles so klein halten, wie möglich.«
»Du meinst ernsthaft, daß wir damit weiterkommen? Die sind im AA doch zugeknöpft bis obenhin und dürften außerdem auch nicht wissen, wer bei den Rumänen auf der Einladungsliste stand.«
Freiberg nickte. »Stimmt – aber vielleicht können wir etwas von denen lernen; diplomatisches Vorgehen zum Beispiel. – Kommissarin ehrenhalber, melden Sie mich bitte beim Chef des Protokolls zu einem Gespräch an.«
»Was soll ich als Grund angeben?«
»Schatzsuche!« platzte Lupus dazwischen.
Freiberg überlegte. »Versuchen wir es frontal; sagen Sie: Ermittlungen in einer Mordsache.«
Das Entgegenkommen war außerordentlich, geradezu von Liebenswürdigkeit geprägt, und den Termin konnte der Kommissar natürlich sofort haben.
13
Schon eine halbe Stunde nach dem Anruf ließ sich Freiberg von Ahrens am Auswärtigen Amt, Eingang Tempelstraße, absetzen.
»Danke; ich komme mit der U-Strab zurück. Wir müssen dann auch über deine Recherche in Sachen Kehlkopfhornbruch sprechen.«
Vom nur wenige Meter entfernten Rhein wehte eine leichte Brise herüber. Der Wind preßte die Bundesflagge wie eine Schlange um den Fahnenmast. Bewaffnete BGS-Beamte vermittelten den Eindruck, als gäbe es ein besonders hochwertiges Objekt zu schützen. Der über den Innenhof schwingende Verbindungsgang zwischen Ministerbau, und Hauptgebäude wirkte allerdings so, als seien zwei Werkshallen eines Fertigungsbetriebes miteinander verbunden.
Freiberg wurde vom Pförtner der Empfangshalle angemeldet und durfte einer kurzen Einweisung folgend, den Weg zum Protokoll ohne Begleitung gehen. Hier wurde er sofort von einer Sekretärin in einen kleinen Besprechungsraum geführt. Er möge sich doch bitte ein paar Minuten gedulden. Der Herr Gesandte als Vertreter des erkrankten Herrn Botschafters sei soeben zu Herrn Minister gerufen worden, aber die Leiterin des Referats ›Fremde Missionen und Konsulate‹, Vortragende Legationsrätin Frau Weniger, werde sich der Sache
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