Diplomat Im Abseits
Fall…«
Freiberg schüttelte lächelnd den Kopf. »Würden Sie mich der Oberhauptlehrerin empfehlen? Ich möchte sie gern nach unserem Gespräch aufsuchen.«
»Aber ja doch; ich muß nur noch mal eben in mein Zimmer zurück. Hier liegt wieder kein Telefonverzeichnis aus. Manchmal glaube ich, die werden von Agenten geklaut. Smiley was here.«
Freiberg nutzte ihre Abwesenheit, das Studium des Jahresberichts fortzusetzen. Da waren doch tatsächlich an die tausenddreihundert deutsche Lehrer im Ausland tätig. Er hatte, ebensowenig wie andere Kommilitonen, während des Studiums darüber etwas erfahren. Aber Karatschi, Kuala Lumpur oder Manila – lieber nicht.
»Sie scheinen Glück zu haben«, machte die Helferin des Protokolls sich wieder bemerkbar. »Frau von Teschenburg erwartet Sie. Ich zeige Ihnen noch den Weg durch unser Labyrinth.«
Mit einem der alten Schloßbauten, die den französischen Ministern das Regieren so erhaben gestalten, ließen sich die aneinandergesetzten Kuben der Schnellbauweise in Bonn nicht vergleichen. Stuckverzierte Decken und Seidentapeten hätten manchem Vertreter des noch amtierenden alten Adels wohl angestanden. Doch nach einem Marsch über lange unpersönliche Gänge mit vorbeihuschenden Würden- und Aktenträgern, erwartete Freiberg bei Frau von Teschenburg auch nur ein nüchternes Büro, dessen Fensterzahl sich an der dienstrangmäßigen Zuordnung seines Benutzers orientierte. Immerhin war der Raum mit einigen großflächigen Fotos dekoriert. Die hier beheimatete Referentin, gut aussehend, mit dezentem Make-up, hatte durch den Telefonanruf offensichtlich schon einige Vorabinformationen erhalten, so daß Freiberg sich kurz fassen konnte.
»Die Kripo ist davon überzeugt«, betonte er, »daß die Tote von der Beueler Platte noch sehr lebendig an der Veranstaltung in der rumänischen Botschaft teilgenommen hat. Können Sie sich erinnern, eine zierliche, dunkelhaarige Asiatin gesehen zu haben, die einen auffallenden Ring mit gekreuzten Schlangenköpfen trug?«
Frau von Teschenburg lächelte nachsichtig. »Ich schätze, daß sich an die zweihundert Besucher die Ehre gegeben haben. Ein Gedränge war es wie auf Pützchens Markt oder, um es diplomatisch angemessener auszudrücken, wie bei der Öffnung des Brandenburger Tors. – Nach der üblichen Präsentation habe ich nur wenige Gäste begrüßt, weil mich sofort ein Interessent mit Beschlag belegt hat. Wie das bei einem solchen Empfang üblich ist, waren Damen aus aller Herren Länder vertreten, auch in Landestracht. Aber an eine Asiatin mit – wie sagten Sie – mit einem auffälligen Schlangenring kann ich mich nicht erinnern.«
»Schade«, bedauerte Freiberg und dachte an Fräulein Kuhnert, »dabei haben Frauen eine so gute Beobachtungsgabe. Haben Sie vielleicht die Herren Engelbert und von Campen bemerkt? Sie sollen auch dort gewesen sein.«
»Engelbert, besondere Wirtschaftsbeziehungen, ja; der blonde Recke ist nicht zu übersehen.«
»Wissen Sie, ob und wo ich ihn erreichen kann?«
»In Amerika. – Er leitet eine Delegation, die erst in der nächsten Woche zurück sein wird. – Herrn von Campen habe ich allerdings nicht gesehen. Der war auch wohl nur Verlegenheitsgast; denn wenn ich nicht irre, hat er Rumänien ausgeschlagen und wirkt schon seit einigen Monaten an der Botschaft von Swirnabad.«
»Wissen Sie noch etwas mehr über ihn?«
»Nun, die Adelsclique im AA weiß natürlich, wo jeder im Gotha steht und wo er derzeit dem Vaterlande dient. Übrigens ist Botho von Campen mit einer Thailänderin verheiratet. Das ist nicht seine erste Ehe – und es muß auch nicht die letzte sein. Als Anthropologe scheint er ein Faible für Frauen der Länder zu haben, in denen er Station macht.«
»Sind solche Ehen erwünscht im Auswärtigen Dienst?«
»Verboten sind sie jedenfalls nicht; aber diese Querheiraten dürften wohl kaum karrierefördernd sein. – Es würde manchen in der Zentrale schon interessieren, ob der Kollege von Campen mit der Mission auch wieder die Ehefrau wechselt.«
Freiberg nickte. »Das würde mich auch interessieren. – Allerdings wird man mir wohl keine Dienstreise bewilligen, um vor Ort der Frage nachzugehen, ob das Ehepaar von Campen bei dem Empfang eine Dame mit Schlangenring gesehen hat.«
»Wenn Sie schon nicht reisen dürfen, kann Ihnen unsere Zentralabteilung sicherlich im Wege der Amtshilfe bei der Einholung von Auskünften behilflich sein. – Sie können auch über Ihr Präsidium
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