Diplomat Im Abseits
läßt Frau Javakul ausrichten, daß er vergeblich versucht habe, sie telefonisch zu erreichen. Er müsse dringend nach Deutschland zurück und würde sie von Bonn aus anrufen.«
»Heureka! Wir haben ihn!« brüllte Lupus los.
»Sollte ich einen Volltreffer gelandet haben?« fragte Biestritz. »Das hört sich ganz nach einem Freudentanz an.«
»Alles happy hier«, sagte Freiberg nach einem Blick in die Gesichter seiner Mitarbeiter. »Das ist ja eine tolle Nachricht. Jetzt werden wir uns den Herrn Diplomaten mal richtig vornehmen. Es wäre zu schon, wenn wir die Purserette in der Bismarckstraße gleich mitkassieren könnten.«
»Ich wäre nicht so schnell mit meinem Triumphgeheul«, bremste Biestritz die Euphorie. »Die Nachricht, die ich an der Rezeption in der Hand gehalten habe, hat Amara Javakul jedenfalls nicht bekommen. – Warum sollte sie dann nach Bonn gefahren sein? Auch in Hamburg gibt’s nette Männer.«
»O Werner, du machst einem die schönsten Hoffnungen kaputt! Ich nehme ganz einfach an, daß von Campen seine Amara irgendwie erreicht hat. Vielleicht war auch ihre Sehnsucht so groß, daß sie ihn noch in Swirnabad angerufen hat, um sich trösten zu lassen. Dabei hat er ihr gesagt, daß er nach Bonn zurück muß, um den tragischen Tod seiner Frau aufklären zu helfen. – So einfach kann das sein.«
»Gut spekuliert, Herr Kommissar. Könnte sogar hinkommen. Aber das werdet ihr vor Ort ja schnell herausfinden.«
Freiberg überlegte und sagte dann: »Das werden wir auch, aber nicht auf die Schnelle. Erst einmal ist Observation angesagt. Botho von Campen wird ab sofort keinen Schritt ohne unseren Schatten tun.«
»Aber denk dran«, insistierte Biestritz, »wir haben auch eine tote Thaifrau, die mit ungeklärtem Schicksal auf Eis liegt. Such bitte den Mann für alle Fälle!«
»Mein Wort darauf!« bestätigte Freiberg seinem Kollegen. »Es spricht vieles dafür, daß unser Herr X mit eurem Herrn Y identisch ist.«
»Okay, Walter. – Aber du solltest doch bald heiraten: Höherer Ortszuschlag und weniger Steuern. Könnte das nicht auch deine Sabine überzeugen? Versuch’s mal! – Nun macht’s gut, ihr Dorfpolizisten.«
»So long, Sheriff«, verabschiedete Freiberg sich.
»Das ist ja ‘ne ulkige Type«, stellte Fräulein Kuhnert fest. »Ich dachte immer, die Hanseaten sind so stur.«
»Biestritz stammt aus Pommern.«
»Na, die erst!« winkte die Kommissarin im Ehrenamt energisch ab. »Meine Patentante stammt aus Regenwalde und hat mir nichts anderes hinterlassen als ihren Vornamen.«
»Armes Kind«, lästerte Lupus. »Warum hat man dich nicht Amara getauft?«
»Dann hätte ich keine Patentante in Regenwalde!«
»Dafür aber eine in Swirnabad…«
»Jetzt aber Schluß mit den Blödeleien!« sagte Freiberg energisch. »Botho von Campen wird rund um die Uhr beobachtet. Lupus, du darfst das nach bewährter Art organisieren und alle einteilen – auch mich!«
»Jawohl, Herr Erster Kriminalhauptkommissar.«
Am frühen Abend hatte Peters als Beobachter Nummer eins die Spur seines Objekts aufgenommen. Botho von Campen war ohne Begleitung von der Pension in der Bismarckstraße zum Bonner Talweg geschlendert, wo er einige Minuten vor einem Antiquitätengeschäft stehen blieb und die Auslagen betrachtete. Als ob er bemerkt hätte, daß er beobachtet wurde, drehte er sich auf dem Absatz um und ging mit schnellen Schritten über die Poppelsdorfer Allee durch die Bundesbahnunterführung zum Kaiserplatz. Peters rechnete damit, daß sein Objekt ein Eßlokal ansteuern würde. Aber von Campen ging zielstrebig und ohne einen Blick zum Barockbau des Stadtschlosses zu werfen, direkt zum Alten Zoll. Bevor er zur Brüstung der hochaufragenden Bastion am Rhein trat, ließ er seine Hand über das gußeiserne Rohr einer musealen Kanone gleiten, das von den Rutschpartien der Kinder wie poliert wirkte.
Peters hatte sich bei der zweiten Kanone einer laut redenden und gestikulierenden Reisegruppe zugesellt und ließ sich zur Mauerbrüstung mitschieben. Er sah, daß Botho von Campen nach einem kurzen Blick zum Siebengebirge minutenlang zur Kennedybrücke hinüberstarrte. Gleich nördlich lag die Beueler Platte, wo der Eimerbagger die tote Bari aus dem Rhein geholt hatte. Von Campen schien das Bild dieses Flußabschnitts in sich aufzusaugen.
So abrupt wie zuvor drehte er sich um und ging durch das Stockentor zum Marktplatz, der mit seinen Tischen mit Caféhausstühlen und den entspannt miteinander
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