Diplomatische Beziehungen (German Edition)
gut.“
„W AS soll das, Christensen?“
Gallagher war sichtlich wütend, aber Jack war das egal. Bei den gerade für eine kurze Pause unterbrochenen Gesprächen mit dem belgischen Premierminister und Verteidigungsminister ging es zum wiederholten Mal darum, sie von dem amerikanisch-britischen Standpunkt zu überzeugen, dass es notwendig war, eine ausreichende Anzahl von NATO-Friedenstruppen zu entsenden, um den Wiederaufbau zu unterstützen, und dass man nach außen hin Einigkeit demonstrieren musste.
Jack war müde, die Verletzungen an Rippen und Kiefer, die man ihm bei der vereitelten Entführung zugefügt hatte, waren noch nicht ganz verheilt und er kämpfte für etwas, an das er nicht glaubte.
„Findest du wirklich, wir sollten hierfür Hunderte von jungen Männern und Frauen in den Krieg schicken?“, fragte Jack seinen Freund mit zusammengekniffenen Augen.
„Es geht mir darum, dass es keine Rolle spielt, was wir finden, Jack. Unsere Aufgabe besteht darin, zu den von unseren Ländern getroffenen Entscheidungen zu stehen und sie zu unterstützen.“ Sean drehte sich um und hob resigniert die Hände. „Das muss ich dir doch nicht erklären.“ Er sah den Amerikaner an und flüsterte: „Das grenzt an Verrat, Jack! Diese Typen, die dich rumgeschubst haben, haben dich wohl irgendwie durcheinandergebracht.“
Jack seufzte und trank einen Schluck Kaffee. „Es geht hier um eine Entscheidung, die von ein paar Leuten auf dem Egotrip getroffen wurde, Gallagher, und das weißt du genau. Es sind die wirtschaftlichen Gründe meines Präsidenten und die Schleimerei deines Premierministers. Verdammt, Gallagher, der Typ ist dem Präsidenten so weit in den Arsch gekrochen, dass er ein Mitspracherecht bei dessen Frühstück hat.“
Gallagher schnaubte und schüttelte den Kopf. „Trotzdem, Jack, was du da machst, ist nicht der diplomatische Weg. Dafür werden sie dich bezahlen lassen, und mich auch, wenn ich nicht aufpasse.“
Da der belgische Premier und sein rundlicher Verteidigungsminister an den Tisch zurückkehrten, nahmen Jack und Sean ihre Plätze ebenfalls wieder ein.
Jack räusperte sich. „Sir, könnte ich Ihnen inoffiziell ein paar Worte sagen?“
Sean warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
Der Premier bedeutete den Protokollführern, den Raum zu verlassen, und Jack stand wieder auf. Er ging zur Tür hinüber, um sie hinter ihnen zu schließen, und trat dann zum Fenster.
„Ich weiß, dass mein Außenminister den Auftrag hat, Ihnen mit Sanktionen zu drohen, wenn Sie uns nicht dabei unterstützen würden, die Franzosen und Deutschen von einem Schulterschluss zu überzeugen. Mir wurde ebenfalls aufgetragen, Ihnen mitzuteilen, dass das amerikanische Militär auf die Benutzung des Hafens in Antwerpen verzichten würde und Sie mit Wirtschaftssanktionen rechnen müssten. Als letzten Ausweg hat man mir die Androhung der Verlegung des NATO-Hauptquartiers nahegelegt.“
Jack warf einen Blick auf Sean, der kerzengerade auf seinem Stuhl saß und auf die Tischplatte starrte.
„Ich sage Ihnen jetzt, dass es sich um nichts als leere Drohungen handelt.“
Die beiden Minister sahen ihn an, dann Sean, dann wieder ihn.
„Wenn Ihre Bevölkerung das Ganze nicht unterstützt, sollten Sie es auch nicht tun. Ihr Land mag klein sein, doch es ist sehr wichtig, weil es sich nie von den ‚Großen‘ einschüchtern lässt. Ich will damit nicht sagen, dass Sie diesen Krieg beenden können oder dass es viel bewirken wird, wenn Sie sich den Friedenstruppen nicht anschließen, aber ich möchte Ihnen raten, Ihrem Herzen zu folgen – etwas, das ich schon vor langer Zeit hätte tun sollen.“
Jack nickte den beiden fassungslosen Politikern zu und verließ den Raum.
„D AS hast du wirklich gesagt?“, fragte Lucas, dessen Augenbrauen sich seinem Haaransatz näherten.
„Ja“, antwortete Jack schüchtern. „Ich hatte es endgültig satt, mich zu verstecken und alle anzulügen.“ Er küsste Lucas liebevoll. „Ich wusste, dass Maria erst in die Scheidung einwilligen würde, wenn ich zu all dem geworden war, was sie nicht wollte.“
Lucas sah ihm ernst in die Augen. „Sean hatte recht, Jack. Was du getan hast, war Verrat!“
„Das weiß ich, aber ich weiß auch, dass es sich verdammt gut angefühlt hat. Es war, als wäre mir die Last der ganzen Welt von den Schultern genommen worden. Ich bin aus dem Gebäude gegangen und plötzlich war Sauerstoff in der Luft. Ich konnte endlich durchatmen. Für den Premierminister gab
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