Diplomatische Beziehungen (German Edition)
ein wenig aufzulockern.
„Aus Brüssel hertransportiert, mit freundlichen Grüßen vom britischen Auswärtigen Amt. Und jetzt setz dich!“, befahl Lucas. Ein paar Minuten später kam er mit zwei Tassen Tee zurück und ließ sich neben Jack nieder.
„Ich schulde dir eine Erklärung für Ann Elise.“
„Nein, tust du nicht.“ Jack verdrehte die Augen. „Nicht, dass ich sie nicht gern hören würde. Aber du sollst nicht das Gefühl haben, du würdest mir etwas ‚schulden‘. Sie ist wunderbar und niemand könnte je übersehen, dass es sich um deine Tochter handelt.“ Er nahm Lucas‘ Hand und drückte sie.
„Sie ist Lucys“, sagte Lucas, während er auf ihre Hände starrte.
„Und wo ist Lucy jetzt?“, erkundigte Jack sich vorsichtig.
„Ich habe sie nicht mehr gesehen, seit sie mich in Brüssel verlassen hat. Damals wusste ich noch nicht einmal, dass sie schwanger war.“
Jack wirkte verwirrt. „Aber wie …?“
Lucas seufzte. „Ich bin aus Brüssel weggegangen, nachdem … du weißt schon. Du weißt, wann ich gegangen bin.“ Er lächelte Jack zu. „Ich brauchte einfach Abstand, musste mir über meine Prioritäten klar werden. Also bin ich zurück an die Stanford gegangen, denn ich dachte, wenn ich meine Nase in Bücher steckte, könnte ich meine Gedanken ordnen und vielleicht endlich den Masterabschluss machen, den ich so dringend brauchte.“
Jack änderte seine Position und drehte sich ein bisschen weiter zu Lucas um, ohne dabei seine Hand loszulassen.
„Ich wusste, dass es keinen Sinn hatte, mich mit ihr in Verbindung zu setzen. Schließlich wollte ich sie nicht zurück und sie mich meines Wissens auch nicht … Eines Morgens bekam ich einen Anruf von ihrer Schwester. Ich meine, die Frau konnte mich nie ausstehen, als ich noch mit Lucy zusammen war, und dann ruft sie mich plötzlich an?“
Lucas hob den Blick zur Decke und atmete tief durch. „Sie hat mir gesagt, ich solle ins Universitätskrankenhaus kommen, falls ich meine Tochter sehen wollte, bevor man sie zur Adoption freigeben würde.“
Jack zog die Augenbrauen hoch. „Wow, eine nette Art, einem so etwas mitzuteilen.“
Lucas schnaubte. „Wie gesagt, sie kann mich nicht leiden.“
„Wenn sie dich nicht leiden könnte, hätte sie es dir gar nicht gesagt.“ Jack schien die Situation verstehen zu wollen. „Sieht eher aus, als wollte sie dir wehtun.“
„Vermutlich. Auf jeden Fall kannst du dir wahrscheinlich vorstellen, dass es ein ganz schöner Schock für mich war, aber ich bin hingegangen. Was hätte ich sonst tun können? Die Schwester hat sie mir gezeigt und ich wusste sofort, dass ich um sie kämpfen musste. Sie wollte einfach meine Tochter weggeben! Ich habe mit einem der Ärzte und einer Adoptionsberaterin gesprochen und von ihnen erfahren, dass sie in die Geburtsurkunde ‚Vater unbekannt‘ hat eintragen lassen.“
Jack war nicht entgangen, dass Lucas Lucy erst ein einziges Mal bei ihrem Namen genannt hatte.
„Also waren zwei Vaterschaftstests und ein Richter nötig, aber schon zwei Wochen später habe ich wie ein Verrückter Babysachen eingekauft.“
„Und hast du es seitdem nie bereut?“, fragte Jack mitfühlend.
„Mann, es war schwer!“, lachte Lucas über die Erinnerung. „Das kannst du mir glauben. In den schlaflosen Nächten, in denen ich auf und ab gegangen bin und versucht habe sie zu beruhigen, habe ich mich oft gefragt, wo ich beim Unterzeichnen der Papiere meinen Verstand gelassen hatte.“
„Und jetzt?“ Jack versuchte, Lucas in die Augen zu sehen, doch der junge Mann starrte auf den Boden.
Als Lucas den Kopf hob, sah Jack Tränen in seinen Augen. „Sie ist so sehr Teil von mir, Jack, Teil meines Lebens. All die Opfer, die ich bringen musste, sind nichts im Vergleich zu der Liebe, die sie mir gibt. Sie liebt mich, Jack, selbst wenn sie beleidigt ist, weil ich ihr etwas nicht erlaube, selbst wenn ich mal Nein sage und sie einen Wutanfall bekommt. Am Ende kommt sie immer wieder zu mir und legt mir ihre kleinen Ärmchen um den Hals, und ich schmelze einfach dahin.“
„Tja, wenn ich sie mir so ansehe, kann ich mir das gut vorstellen“, gab Jack zu. Er wollte Lucas in den Arm nehmen, aber wagte es nicht. Sie saßen nicht gerade dicht beieinander, also versuchte er es mit einem anderen Ansatz. „Dieses Sofa ruft so manche Erinnerung wach.“
Lucas lachte. „Ja, das tut es. Deswegen konnte ich es auch nicht in Brüssel zurücklassen. Alle anderen Möbel habe ich an meinen Nachfolger
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