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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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zu.
    Reverend
Prewitt schien ein wenig nervös, aber auch erfreut. »Das ist gewiss sehr
zuvorkommend von Ihnen, Mylord«, sagte er. »Können Sie singen?«
    Aber
Ferdinand bekam keine Gelegenheit, zu antworten. Die Chormitglieder, deren
Blicke von Ferdinand zu einem unbestimmten Punkt hinter seiner linken Schulter
geschweift waren, regten sich leicht. Er wandte sich um und sah Viola Thornhill
die Treppe herabkommen, ihre Miene reines Erstaunen. Sie gehörte auch zu diesem
Chor?
    Er
verbeugte sich, während er zu ihr hinaufschaute und etwas drängte sich erneut
an den Rand seiner Erinnerung. Verdammt, er hatte sie schon einmal irgendwo
gesehen! Sie wirkte recht königlich, das Kinn erhoben, das Gesicht eine Maske
kontrollierter Würde ganz anders als das lachende Mädchen vom Maibaum.
    »Lord
Ferdinand«, sagte sie, als sie den Steinboden des Gewölbes betrat. »Ich hatte
nicht erwartet, Sie hier vorzufinden.«
    »Ich
hoffe, Sie hatten einen angenehmen Tag, Madam«, erwiderte er. »Die Frau des
Pfarrers war so freundlich, mich zur Chorprobe einzuladen.«
    Sie
bedachte den Geistlichen mit einem Blick, der wohl schweigenden Tadel
ausdrücken mochte, und Ferdinand wandte sich der Pianistin zu.
    »Sie
sagten gerade, als ich hereinkam, Miss Merrywether«, bemerkte er, »dass das
Ihnen vorliegende Musikstück aus vier Teilen besteht. Ist das ein Problem?«
    »Oh,
nicht eigentlich ein Problem, Mylord«, versicherte sie ihm, atemlos vor Reue
darüber, dass sie ihn mit einer so geringfügigen Sorge behelligt hatte. »Aber
Mr. Worthington ist unser einziger Tenor, verstehen Sie. Nicht dass ich damit
sagen will, er hätte keine schöne Stimme, denn tatsächlich hat er eine sehr
schöne Stimme. Es ist nur so, dass ... Nun, er singt nicht gern allein und ich
kann es ihm nicht verdenken. Ich würde es gewiss auch nicht gerne tun.
Natürlich habe ich keine Tenorstimme, ich bin ja schließlich eine Frau, aber
...«
    »Er
lässt sich leicht von den Bässen ablenken und singt dann mit ihnen«, erklärte
schonungsloser eine rundliche Frau, der Ferdinand noch nicht begegnet war.
    Allgemeines
Gelächter ertönte.
    »Wir
haben niemals behauptet, professionelle Sänger zu sein«, fügte der Pfarrer
hinzu. »Aber was uns an Musikalität fehlt, machen wir mit Enthusiasmus wieder
wett.«
    »Und
mit Lautstärke«, ergänzte ein anderer, von weiterem Gelächter begleitet.
    »Wir
können dem Herrn nur lauten Frohsinn darbringen«, sagte der Pfarrer freundlich.
    »Es
würde Ihnen nicht gefallen, uns zuzuhören«, sagte Viola Thornhill zu Ferdinand.
    Doch er
lächelte sie offen an und bot ihr seine Dienste an. »Ich habe eine Tenorstimme«,
verkündete er wahrheitsgemäß. Er hatte im Universitätschor gesungen und das
damals ungeheuer genossen. »Niemand hat mich jemals beschuldigt,
außergewöhnliches Talent zu besitzen, aber ich habe auch niemals besonders
gequälte Mienen in Hörweite meines Gesangs gesehen. Sollen Worthington und ich
unsere Köpfe und Stimmen zusammenstecken und versuchen, den Bässen
standzuhalten?« Worthington, ein kahlköpfiger, sommersprossiger Rotschopf, war
einer der Gutspächter, die am Morgen seine Eingangshalle belagert hatten.
    »Wir
wollen Ihnen nicht so viel Mühe machen, Mylord«, sagte Miss Thornhill bestimmt.
»Sie wollen doch gewiss ...«
    Er
wartete nicht ab, zu hören, was er wohl wollte.
    »Aber
es ist überhaupt keine Mühe«, versicherte er allen. »Ich liebe nichts mehr als
einen Abend mit Musik, besonders wenn ich teilhaben kann, anstatt nur zuzuhören.
Dennoch muss ich fragen, ob es vermessen ist - findet ein Vorsingen
statt?«
    Diese Frage
bewirkte bei den meisten Chormitgliedern einen Ausbruch von Heiterkeit. Sogar
Miss Merrywether kicherte.
    »Niemand,
der den Wunsch verspürte, mit uns zu singen, wurde jemals abgewiesen, Mylord«,
versicherte der Pfarrer ihm. »Also sollten wir anfangen.«
    Es war
wirklich keine besonders musikalische Gruppe. Eine vermeintliche Altstimme war
stocktaub, sang aber nichtsdestotrotz begeistert, und einer der Soprane sang
mit schrillem Vibrato, während die Basssektion in der Annahme fortfuhr, es sei
ihre vorrangige Aufgabe, den übrigen Chor zu übertönen. Mr. Worthington zeigte
in der Tat Tendenzen, sich dieser Macht anzuschließen, wenn er nicht gerade
eine eigene Melodie erfand. Miss Merrywether spielte das Pianoforte unbeholfen
und der Dirigent verlangsamte oder beschleunigte den Rhythmus verwirrend und
unvorhersagbar häufig.
    Aber
trotz alledem war es

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