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Dir darf ich nicht gehören

Dir darf ich nicht gehören

Titel: Dir darf ich nicht gehören Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Balogh
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war offensichtlich ein
fähiger Verwalter.
    Er
hatte es genossen, mit den Arbeitern und Gutspächtern zu reden, die wahren
Probleme von geringfügigen Beschwerden zu unterscheiden, die verschiedenen
Persönlichkeiten zu beobachten, herauszufinden, wer Anführer und wer
Gefolgsmann war. Er hatte es genossen, mit ihnen zu scherzen und ihre
anfängliche Feindseligkeit schwinden zu sehen. Paxton war natürlich nicht so
leicht zu beeinflussen gewesen. Er war Miss Thornhill treu ergeben.
    Nachmittagsbesuche
hatte er stets gern gemieden. Aber die heutigen waren überaus amüsant gewesen,
besonders da jeder Besucher mit der ausdrücklichen Absicht gekommen war, ihn zu
Tode zu langweilen.
    Er war
jedoch schon lange an neuen Entwicklungen im Straßenbau interessiert. Und beim
Gespräch über Vieh konnte man leicht auf Pferde zu sprechen kommen, eines von
Ferdinands Lieblingsthemen. Die Damen, die sich in Handarbeitskreisen trafen,
interessierte es naturgemäß, dass Lord Ferdinand seine Amme als Kind überredet
hatte, ihm das Stricken beizubringen, und dass er innerhalb einer Woche einen
Schal gestrickt hatte, der immer schmaler wurde, da er zunehmend Maschen fallen
ließ, sich aber über das ganze Kinderzimmer erstreckte, als er nach Beendigung
flach auf den Boden gelegt wurde. Und was den Schüler in der Dorfschule
anbelangte, der seinen Lehrer um Lateinstunden gebeten hatte - nun,
Ferdinand hatte in Oxford in Latein und Griechisch promoviert. Vielleicht
könnte er seine Dienste als Lehrer anbieten.
    Alle
Leute, denen er heute begegnete, waren natürlich entschlossen gewesen, ihn
nicht zu mögen. Viele mochten ihn wahrscheinlich auch wirklich nicht und würden
ihn vielleicht niemals mögen. Ihre Feindseligkeit war ein Tribut an Viola
Thornhill, die in den zwei Jahren, seit sie auf Pinewood lebte, anscheinend
jedermanns Respekt und sogar Zuneigung errungen hatte. Aber Ferdinand
verzweifelte nicht. Es war ihm noch nie schwer gefallen, mit allen möglichen
Menschen Beziehungen aufzubauen, da er stets gesellig war.
    Er
glaubte daher, dass ihm das Landleben gefallen würde.
    Der
Pfarrer hatte gesagt, heute Abend fände eine Probe des Kirchenchors statt.
Dessen Frau hatte Ferdinand sogar aufgefordert, sich ihnen anzuschließen,
obwohl es eher klang, als erwarte sie eine Absage. Aber warum eigentlich
nicht?, dachte er, während er die Hälfte des Fruchtpuddings zurückschob, der
ihm als Nachtisch serviert worden war. Er wollte noch nicht nach Pinewood
zurückkehren, denn das würde bedeuten, dass er sich entweder im Salon mit Miss
Thornhill unterhalten oder sich unbemerkt in einen Raum stehlen müsste, in dem
sie sich nicht aufhielt - und er war noch nie ein Heimlichtuer gewesen.
Aber er wollte auch nicht den gesamten Abend damit verbringen, im Schankraum zu
trinken.
    Also
würde er zur Chorprobe gehen.
    Die
Probe fand nicht in der Kirche selbst statt, entdeckte er, sobald er die Tür
geöffnet hatte und eintrat. Aber er konnte den Klang eines Pianoforte hören und
folgte diesem eine steile Steintreppe hinab zum darunterliegenden
Kirchengewölbe, einem düsteren Raum mit wenigen, hoch in drei der vier Wände
eingelassenen Fenstern. Dort befanden sich fünfzehn bis zwanzig Personen, die
in Gruppen zusammenstanden und sich unterhielten. Niemand achtete auf die
Pianistin, eine dünne Frau unbestimmbaren Alters mit verblichenem, hellem
Kraushaar, die durch eine kleine, drahtgefasste Brille auf die vor ihr
aufgestellten Noten spähte. Es war eine der ältlichen Schwestern, die am
Nachmittag mit dem Pfarrer und seiner Frau vorbeigeschaut hatten, wie sich
Ferdinand erinnerte - Merryfield? Merryheart? Merrywether - das war
es. Während ihre Schwester lang und breit über das Züchten preisgekrönter
Blumen sprach, hatte sie sich, wann immer es ihr gelang, ein Wort in die
Unterhaltung einzuwerfen, entschuldigt und Lord Ferdinand Dudley darin
bestärkt, er könne wohl kaum an so ländlichen Problemen interessiert sein,
sondern sehne sich bestimmt danach, in die Stadt zurückzukehren.
    »Es
besteht aus vier Teilen«, sagte sie gerade zu niemandem im Besonderen, wirkte
aber ausgesprochen besorgt, als Ferdinand zu ihr hinsah. »O je, können wir vier
Teile schaffen?«
    Vielleicht
hätte ihr jemand geantwortet, wenn nicht alle im gleichen Moment den
Neuankömmling bemerkt hätten und in Schweigen verfallen wären.
    »Wie
Sie sehen, habe ich Ihre Einladung angenommen, Sir«, sagte Ferdinand und ging
mit ausgestreckter rechter Hand auf den Pfarrer

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