Dir darf ich nicht gehören
nicht Viola Thornhills Lächeln. »Sie fragen
wie ein wahrer Sohn der Aristokratie«, bemerkte sie. »Ich musste essen, Mylord.
Nahrung ist lebenswichtig. Haben Sie das noch nicht bemerkt?«
»Aber
Sie müssen ein Vermögen verdient haben«, wandte er ein.
»Ja«,
stimmte sie ihm zu. »Ja, das habe ich.«
»Haben
Sie es genossen? Ihr Gewerbe, meine ich?« Er begriff nun, dass er mit
Lilian Talbot sprach - in deren Augen ein Anflug von spöttischer
Belustigung erkennbar war. Ihre Stimme war tiefer, samtiger geworden.
Sie
lachte leise und strich mit einem Finger leicht über den Ausschnitt ihres
Kleides, an einer Schulter beginnend. »Jeder Mensch, ob männlich oder weiblich,
hungert nach Sex«, sagte sie. »Ist es nicht traumhaft, seinen Lebensunterhalt
mit etwas verdienen zu können, was die meisten Menschen erfreut? Es ist weitaus
angenehmer, als für einen Hungerlohn Betten zu machen oder Bettpfannen zu
entleeren.«
Er war
leicht schockiert. Er hatte noch nie gehört, dass eine Lady das Wort Sex in
den Mund nahm oder offen über sexuelles Verlangen sprach.
»Aber
mit so vielen verschiedenen Männern?« Er runzelte die Stirn.
»Das
macht zum Teil den Reiz aus«, erklärte sie ihm. »Es heißt, dass keine zwei
Männer gleich sind, dass jeder einzigartige Gaben besitzt. Ich kann bestätigen,
wie wahr das ist.«
Ihr
Finger hatte an dem leichten Schatten innegehalten, der das Tal zwischen ihren
Brüsten andeutete. Sie hakte die Fingerspitze in den Stoff ihres Kleides. Er
spürte, wie sich seine Lenden unangenehm zusammenzogen.
»Und es
war die Herausforderung meines Gewerbes«, fuhr sie fort, »die individuellen
Bedürfnisse jedes Kunden zu befriedigen. So viel Genuss zu verschaffen, dass
jeder Mann um mehr bettelte. Und mich niemals vergaß.«
Wer
hatte mit diesem Thema angefangen?, fragte er sich, während er sich tiefer in
seinen Sessel schmiegte, als wollte er mehr Abstand zwischen sie beide bringen.
Und warum, zum Teufel, brannte in einer so warmen Nacht der Kamin?
Anscheinend
hegte sie die gleichen Gedanken. »Es ist sehr warm hier drinnen, oder?«, fragte
sie und griff ein wenig tiefer in ihr Dekolleté, um den Seidenstoff des
Oberteils von der Haut anzuheben, bevor sie ihn wieder losließ und den Finger
im Oberteil zurück zur Schulter führte.
Er war
beim Anblick dieses langen Fingers wie gebannt. Als er in ihre Augen schaute,
lachten sie ihn wissend an.
Ach
hätte mir von meinem Dienstmädchen die Haare aus dem Nacken kämmen lassen
sollen«, sagte sie, hob beide Arme und ließ die Finger unter die aufgesteckten
Zöpfe gleiten. Sie schloss kurz die Augen und legte den Kopf zurück. Und dann
erkannte er, dass sie sich mit ruhigen Bewegungen an den Zöpfen zu schaffen
machte. Sie zog die Nadeln heraus und legte sie ordentlich auf den Tisch neben
sich. Die Zöpfe lösten sich und fielen dann ihren Rücken hinab. Sie zog einen
über die Schulter und entflocht ihn. Dichtes, welliges Haar breitete sich über
ihren Busen und bis zur Taille hinab aus, während sie den zweiten Zopf über die
Schulter zog und ihn ebenfalls entflocht. Sie schüttelte den Kopf, als die
Aufgabe vollbracht war, und ihr Haar legte sich in üppigen, wirren Wogen um
sie.
Ferdinands
Mund wurde trocken. Er hatte den Blick nicht von ihr abgewandt. Beide schwiegen
bereits seit mehreren Minuten.
»Das
ist besser«, sagte sie und sah ihn unter schweren Lidern an. Der raffinierte,
spöttische Blick war geschwunden. »Ist es Ihnen nicht auch zu warm? Warum legen
Sie nicht Ihr Halstuch ab? Ich habe nichts dagegen. Wir sind allein. Ich habe Mr.
Jarvey gesagt, dass wir nicht gestört werden wollen.«
Er war
nicht so geblendet, dass er nicht genau gewusst hätte, was geschah. Sie hatte
beschlossen, heute Nacht sei die Nacht, und sie hatte die Initiative
ergriffen. Sie beabsichtigte, innerhalb der nächsten Stunde mit ihm zu schlafen
und ihn morgen zu vertreiben. Trotz aller schweren Sinnlichkeit in ihrem Blick
konnte er nicht umhin, auch die Leere darin zu bemerken. Sie arbeitete. Es war
ihr Gewerbe. Und sie war erfahren darin.
Und
sehr, sehr gut. In jeder Beziehung so gut, wie sie versprochen hatte. Sie hatte
ihn noch nicht einmal berührt, sondern saß noch immer mehrere Fuß von ihm
entfernt. Sie war vollkommen angezogen. Er auch. Aber er trug seidene
Abendgarderobe. Es wäre töricht gewesen, zu versuchen, seine Erregung zu
verbergen. Wie auch? Ein Kissen nehmen und sich auf den Schoß legen? Er
unterließ es. Sie hatte den Blick
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