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Dirigent

Dirigent

Titel: Dirigent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Quigley
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Anerkennung? Ein Zeichen, dass der zweitklassige Rundfunkdirigent Karl Eliasberg es wert war, an den Geheimnissen eines großen Komponisten teilzuhaben? Was , fragte er sich bitter, hast du erwartet? Denn irgendwo mitten in seinem Redeschwall schien Schostakowitsch ihm seine Aufmerksamkeit entzogen zu haben. Er blickte auf die Straße, dann zu den Fenstern des Rundfunkgebäudes hinauf; er beschattete sich die Augen, scharrte mit den Füßen, kramte in seiner Tasche. Er hatte nicht zugehört. Und als er Elias ansah, reflektierten seine Brillengläserdie Sonne, und Elias war ausgesperrt. Geblendet, gestrandet, verwundet. Abermals allein.
    »Sie müssen mich jetzt wirklich entschuldigen«, sagte Schostakowitsch hinter seinem gläsernen Schild. »Ich bekomme furchtbaren Ärger, wenn ich nicht bald zu Hause auftauche. Und verzeihen Sie mir wegen –« er starrte auf die verschmutzte Partitur in Elias’ Händen – »dem da.«
    Dann machte er auf dem Absatz kehrt und war fort.
Auf dem Fischmarkt
    Elias ging den Newski-Prospekt hinunter und versuchte, an gar nichts zu denken. »Ich hasse ihn«, murmelte er ein ums andere Mal. »Ich hasse ihn.« In seiner schwitzigen Hand rutschte der Griff seiner Aktentasche hin und her, mit einem Wust knitteriger Seiten gefüllt, die er zu Hause würde glätten und unter schweren Büchern pressen müssen, nachdem er seine Mutter zu Bett gebracht hatte.
    Noch bevor sein Atem sich ganz beruhigt hatte, erreichte er den brechend vollen Marktplatz vor dem Gostiny Dwor, wo er den Uhrengang betrat und sich durch die Menge schob, ohne auf Gesichter zu achten. »Eine arrogante menschliche Kanonenkugel«, murmelte er und erlebte noch einmal den Moment, als er mit Schostakowitsch zusammengeprallt und ihm die Luft weggeblieben und die Aktentasche aus der Hand geflogen war. »Ich hasse ihn. Ein arroganter Mistkerl, der zufällig mit einer Gabe geboren wurde. Ich hasse ihn.«
    »Kaufen Sie?« Jemand bedrängte ihn von der Seite: runzliges Gesicht, glasige Augen, zahnloser offener Mund.
    »Ich hasse ihn«, sagte er zu der alten Frau, die ihm ein Bündel Kerzen hinhielt.
    »Was gibt’s da zu hassen?«, fragte das alte Weib. »Das sind hochwertige Kerzen, verflucht seien Ihre Augen.«
    Elias wich zurück. »Keine Kerzen. Wegen Kerzen binich nicht hier.« Er eilte weiter, zog seine Jacke zurecht und versuchte sich darauf zu besinnen, dass er ein achtbarer berufstätiger Mann war. Doch sein Herz klagte: Etwas war verloren gegangen. Wie sollte er die hochfliegenden Passagen des Quintetts jemals wieder mit der alten Wertschätzung hören? Seine Wangen brannten, obwohl es langsam kühler wurde.
    Fisch , dachte er. Ich muss Fisch kaufen. Nicht weinen. Fisch.
    Als er auf den Heumarkt einbog, lief er niemand anderem als Nina Schostakowitsch in die Arme. Es kostete ihn all seine Willenskraft, nicht auf dem Absatz kehrtzumachen und zu fliehen. Sag’s nicht!, dachte er verzweifelt. Sag bloß nicht: Ich hasse Ihren Mann!
    »Frau Schostakowitsch.« Er wischte sich die freie Hand an der Jacke ab. »Guten Abend.«
    »Hallo, Herr Eliasberg.« Ninas Hand war kühl und glatt. »Guten Abend. Ich habe Sie lange nicht gesehen.«
    »Meiner Mutter geht es nicht gut. Ihr Zustand verschlechtert sich zusehends.«
    »Das tut mir leid.« Eine kleine senkrechte Falte erschien zwischen Ninas Augenbrauen. »Ist es ernst?«
    Elias dachte an die Hände seiner Mutter, die ihn in die Küche schoben, ihn vom Schreibtisch wegzogen. »Sagen wir, es ist ernst, seit sie beschlossen hat, nicht mehr zu kochen, sauber zu machen oder um Lebensmittel anzustehen. Die Verschlechterung ihres Zustands dauert schon seit einer halben Ewigkeit an, und ein Ende ist nicht abzusehen – deshalb komme ich oft so spät zum Fischmarkt, dass es nichts mehr zu kaufen gibt.«
    Nina lachte. »So spät sind Sie gar nicht dran. Jedenfalls nicht für Dorsch.« Sie verzog das Gesicht und blickte zu den grauen Kringeln, die aus ihrem Korb hervorschauten.
    »Für Dorsch kann man nie spät genug dran sein«, scherzte Elias ein wenig nervös.
    »Das stimmt.« Nina lachte erneut. »Unsere HaushaltshilfeFenja kauft oft welchen, dabei kann mein Mann Dorsch nicht ausstehen. Wenn ich selbst herkomme, wird mir wieder bewusst, dass es oft keine Alternative gibt.«
    »In diesen Zeiten des Mangels ist Dorsch so allgegenwärtig wie Grippe«, stimmte Elias ihr zu, »und anscheinend ebenso unvermeidlich.«
    »Im Grunde habe ich hier zu viel für einen Haushalt. Sie können gern

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