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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Couchtisch zurückging, sah er, dass sich sein Cousin gelangweilt mit einem kleinen Transponder beschäftigte, den sie stets benutzten, wann immer sie Dinge von Wert durchs Land transportierten. »Soll ich einige von den Papieren behalten?«
    »Natürlich«, sagte Le Page, legte den Transponder zu den Wertpapieren und holte seine Glock hervor.
    Furneaux beobachtete, wie er das Magazin aus dem Griffstück holte und wieder hineinrammte. Furneaux atmete tief durch und sagte: »Weißt du, ich denke, wir sollten ein paar Monate warten. Gib mir Zeit, mehr Kunden zu finden.«
    Seit der E-Mail waren fünf Tage vergangen, in denen Henri mit dem Hinweis auf mögliche riesige Gewinne seine reichsten und raffgierigsten Kunden kontaktiert hatte. Sie hatten sich interessiert gezeigt und verfügten über entsprechende finanzielle Mittel, waren aber samt und sonders Juweliere aus Vorstädten und aus dem Umland, die kaum zwischen einer Rolex und einer Swatch zu unterscheiden wussten und sich allenfalls verpflichteten, ein oder zwei der Wertpapiere auf einmal zu erwerben.
    »Einige von denen werden bald fällig«, sagte Le Page und ließ seine knochige Hand auf den Stapel Wertpapiere sinken. »Womöglich verfällt Interpol auf die Idee, hierzulande nach ihnen zu suchen. Wie heißt es so schön? Man muss das Eisen schmieden, solange es heiß ist.«
    Es klopfte an der Tür. Der Zimmerservice. Lässig schob Le Page die Wertpapiere in einige Dokumentenmappen, während Furneaux die Tür öffnete und zusah, wie ein Servierwagen hereingerollt wurde. Silberbesteck, eine Rose in einer Kristallvase, eine gestärkte Serviette, ein Tischtuch, aufgeschnittene Bagels, dazu Lachs und Kapern, angerichtet auf einer breiten weißen Platte, und Mineralwasser. Le Page gab dem Kellner ein Trinkgeld und widmete sich seinem Lunch, als Furneaux urplötzlich Heißhunger verspürte und wünschte, er hätte zuvor etwas gegessen.
    »Greif zu«, sagte Le Page, der seine Gedanken erriet.
    Henri riss ein Stück von einem Bagel ab und platzierte Lachs und Kapern darauf. »Aber es gibt nur für gut sechzig Prozent der Papiere Interessenten, die fest zugesagt haben.«
    »Hast du sie bei ihrer Gier gepackt?«
    »Ja.«
    »Man braucht gute Nerven und einen entgegenkommenden Banker, mehr nicht«, sagte Le Page. »Die Worte ›Bank of England‹ werden viele Türen öffnen.«
    »Sicher, aber — «
    »Eine Person mit gutem Leumund sollte keinerlei Probleme haben, einen Schatzbrief der Bank of England gegen sauberes Geld einzutauschen«, fuhr Le Page fort. »Oder Immobilien zu erwerben. Oder Wertsachen. Schulden zu bezahlen. Oder Darlehen zu sichern.«
    »Das wissen die Kunden alles«, sagte Henri.
    »Vielleicht werden sie gieriger, wenn ich ihnen die Papiere zeige«, sagte Le Page.
    Furneaux bezweifelte das. Le Page ging den Kunden auf die Nerven. »Du musst nicht dabei sein«, sagte er zu seinem Cousin.
    Le Page kaute, schluckte und tupfte sich die Lippen ab. Als er sprach, klang seine Stimme kalt und rau. »Sei nicht dumm. Es steht zu viel auf dem Spiel. Wie verhältst du dich, wenn ein Kunde dich bestiehlt oder damit droht, die Polizei zu informieren? Bist du derjenige, der ihnen eine Sehne am Fußknöchel durchtrennt, sodass sie nicht mehr richtig gehen können? Und dann die andere Sehne, falls sich das als notwendig erweisen sollte? Sich ein Knie vornimmt und dann das nächste? Einen Ellbogen und danach den anderen?« Er machte eine Pause. Tupfte sich wieder die Lippen mit der schweren Serviette ab, die so gestärkt war, dass sie auf dem Weg vom Schoß zum Mund ihre gefaltete Form behielt. Und dann: »Obwohl nach meiner Erfahrung für gewöhnlich ein Knöchel ausreicht.«
    Furneaux erkannte, wie sehr Alain ihm zuwider war, wie sehr sein Cousin ihn im Griff hatte und was er ihm, Henri, antat. Verbrachte man einige Zeit mit Alain, ertappte man sich schnell dabei, dass man in seinen Kategorien dachte. »Wie du meinst.«
    In diesem Moment geriet das Gebäude durch den starken Wind ins Schwanken, was alles noch zu unterstreichen schien.

    11

    »Ma hat versprochen, ihn das Fürchten zu lehren«, sagte Wyatt am Montagmorgen, »aber nach ein, zwei Tagen wird er sich ungerecht behandelt fühlen und beschließen, uns weiter zu beschatten.«
    »Oder er bittet seine Kumpels, es an seiner Stelle zu tun«, sagte Lydia Stark.
    Wyatt nickte. »Also verhalten wir uns unauffällig, bleiben wachsam und am besten unsichtbar.«
    Es war zehn Uhr vormittags und sie saßen in einem

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