Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)
Sammler bis zu zwanzig oder dreißig Riesen wert.«
»Mein Chef hatte immer eine gute Geschichte auf Lager, was diese Ware betraf«, sagte Lydia. »So tischte er den Leuten auf, dass es sich um den Nachlass einer reichen Witwe aus dem Outback gehandelt habe, die gern gereist sei.«
Wyatt war gedanklich bereits einen Schritt weiter. »Ihr seid nicht der einzige Abnehmer gewesen.«
»Nein.«
»Hausaufgaben«, sagte Eddie. »Ich bin ihnen einige Male gefolgt, habe mir die Auslagen in den Schaufenstern vor und nach der Lieferung angesehen. Sie müssen ein Dutzend solcher Kunden im ganzen Bundesstaat haben.«
»Und man hat dich nicht gesehen?«
»Darauf kannst du bauen.«
Wyatt baute auf gar nichts, sondern ging in Gedanken jeden Schritt durch. »Es wurde alles in Europa gestohlen, deshalb taucht nichts davon in den hiesigen Listen entwendeter Wertgegenstände auf.«
»So ist es«, bestätigte Lydia. »Wir können uns als rechtmäßige Besitzer ausgeben und niemand wird dahinterkommen.«
»Ohne dich können wir das nicht durchziehen, Junge«, sagte Oberin.
Wyatt hatte dergleichen schon früher gehört. Bestätigung durch andere bedeutete ihm nichts. Er schätzte sich nicht einmal selbst ein. Er war ein Dieb und Räuber, mehr nicht. Er war gut, weil er nachdachte und plante, dann noch mal alles überdachte und plante, so lange, bis er zufrieden war. Er war selbstkritisch genug, um sich eigene Fehler einzugestehen, kam aber selten in diese Verlegenheit. Es waren andere, die ihn enttäuschten. Möglicherweise würde Eddie Oberin ihn enttäuschen.
Wie auch immer, seine Reserven schmolzen dahin und die Sache mit dem Hafenmeister war ein Reinfall gewesen. »Eins hast du nicht bedacht.«
»Und das wäre?«, fragte Oberin.
»Alles hängt davon ab, wer die Furneaux-Brüder wirklich sind. Du weißt genauso gut wie ich, dass Mafiabanden aus den Ländern hinter dem ehemaligen Eisernen Vorhang mehr und mehr mitmischen: kapitale Coups, Menschenhandel, Drogen. Wollen wir denen auf die Füße treten? Selbst wenn die Brüder auf eigene Rechnung arbeiten, vielleicht tun sie es mit Duldung einer dieser organisierten Banden, schieben einen gewissen Prozentsatz ihrer Einkünfte rüber als Gegenleistung für Protektion und Unterstützung. Solche Operationen sollten wir nicht torpedieren. Früher oder später finden die einen von euch, nehmen euch in die Mangel und ihr liefert mich ans Messer. Ich will meine Tage nicht damit verbringen müssen, ständig auf der Hut zu sein.«
Eddies Miene verfinsterte sich. »Ich hab meine Hausaufgaben gemacht, Kumpel. Du kennst mich, ich höre einiges und ich finde einiges heraus. Die Furneaux’ arbeiten auf eigene Rechnung.«
Wyatt würde das höchstpersönlich überprüfen. »Alldem entnehme ich, dass diese Jungs demnächst wieder eine Reise antreten, richtig?«
»Mittwoch in einer Woche«, sagte Eddie, »und am Freitag kommen sie zurück.«
»Bleiben uns zehn Tage«, sagte Wyatt nachdenklich.
»Das sollte reichen«, sagte Eddie.
Wyatt dachte über das mysteriöse Taxi nach, über Neid, Eifersucht und eine große Klappe. »Von jetzt an benutzen wir Mobiltelefone mit Prepaid-Karten und Münzfernsprecher, und zwar immer nur einmal. Und ich möchte, dass ihr von der Bildfläche verschwindet, bis alles vorüber ist. Motel, Hotel, eine Pension, irgendwas in der Art.«
»Das ist paranoid, Wyatt«, sagte Eddie.
Aber Lydia Stark, der das Taxi ebenfalls nicht aus dem Kopf ging, sagte: »Nein, das ist sinnvoll.«
Wyatt klappte sein Telefon auf. »Wen rufst du an?«, fragte Eddie misstrauisch.
»Jemanden, der uns helfen oder der uns gefährlich werden kann«, sagte Wyatt.
9
Nachdem er Eddie Oberin und einer Frau bis zu den Botanischen Gärten gefolgt war, saß Tyler Gadd nun da, blätterte in einem Sexmagazin und behielt den Punkt im Auge, wo die beiden aus seinem Blickfeld verschwunden waren.
Das Taxi gehörte einem Typ, der Ma zweitausend Dollar schuldete. Als Tyler das Geld hatte eintreiben wollen, hatte der Typ — Knoblauchfahne, schwerer Akzent, ein Gesicht mit Hängebacken und weit auseinanderstehenden Augen — angefangen zu flennen, er habe keine zwei Riesen, habe nicht mal zwei Dollar. Aus alter Gewohnheit hatte Tyler damit begonnen, dem Typ ein paar einzuschenken, als er mitten im Schlag innehielt: Ein Taxi ist der beste fahrbare Untersatz für eine Observation.
Das war vor vier Tagen gewesen. Tyler hatte nun ein Taxi und dieser Folklore-Fuzzi mehr Zeit, seinen Kredit
Weitere Kostenlose Bücher