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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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mit der Nase voran gegen die Wand.
    Er ließ los, machte einen kleinen Schritt zurück, aber nur einen. Ihre Gesichter berührten sich beinahe, als der Rausschmeißer sich zu ihm umdrehte. Wyatt hätte es bei der gebrochenen Nase des Mannes belassen können, beschloss aber, dem rechten Arm fürs Erste den Rest zu geben, und verpasste dem Kerl einen Hieb im Bereich des Schlüsselbeins, dorthin, wo die Nerven dicht am Knochen liegen. Er wusste um die lähmende Wirkung dieses Schlages: Der Arm würde tagelang taub und nicht zu gebrauchen sein.
    Wyatt ging jetzt auf Abstand. Er beobachtete, wie der Rausschmeißer die Lage überdachte, die Augenbrauen vor Schmerz zusammengezogen, aber noch längst nicht am Ende, und wie er sich endlich bequemte, seitlich vorzurücken, die Linke zur Faust geballt.
    Wyatt täuschte an. Er ließ die rechte Schulter fallen, als bereite er sich darauf vor, einen Heumacher zu landen, und als der Rausschmeißer in Erwartung des Schlages eine Meidbewegung machte, um seinen Oberkörper aus der Schlaglinie zu bringen, vollführte Wyatt eine Drehung, versetzte dem Mann einen Tritt in den ungeschützten Unterkörper und erwischte das Knie.
    Der Rausschmeißer trat hinkend den Rückzug an, hatte Mühe, nicht zu Boden zu gehen. Speichel floss ihm aus den Mundwinkeln, er keuchte, schwitzte, schüttelte völlig perplex den Kopf. Wyatt spürte ebenfalls erste Folgen der Anstrengung, wusste aber, damit umzugehen. Er atmete in kurzen, regelmäßigen Abständen durch die Nase. Der Rausschmeißer hingegen atmete hastig und übersteigert, bis aus der Hyperventilation Panik wurde. Wyatt sah das und griff an, trat wieder zu, trat gegen das andere Knie. Der Rausschmeißer konnte nur noch humpeln. Die Beine gespreizt, begann Wyatt, den Mann zu boxen. Mit vollem Körpereinsatz, ein Ziel hinter dem Gegner im Visier, schlug er sozusagen durch den Mann hindurch, holte sich die Kraft aus Hüften und Oberschenkeln und landete harte Treffer.
    Auf diese Weise kann ein leichter Mann ein Schwergewicht bezwingen. Der Rausschmeißer konterte, wusste aber nicht, wie sich bewegen, der Oberkörper statisch, der rechte Arm nicht zu gebrauchen, die Linke ohne Präzision und Kraft.
    Wyatt ging es nicht darum, den Mann zu bestrafen. Er hatte ein Hindernis aus dem Weg zu räumen. Als sich die Möglichkeit bot, platzierte er einen Schlag auf das Hinterhauptbein des Mannes und machte sich aus dem Staub, die Treppe hinunter, und hörte hinter sich nur noch das klatschende Geräusch schwerer Glieder auf Linoleum.
    Wyatt schenkte Mindi keine Beachtung, als er das Blue Poles durch die Eingangstür verließ. Zurück in seinem Apartment in Southbank fand er Lydia schlafend vor dem Fernseher. Es war stickig und so öffnete er ein Fenster, sah hinaus auf die funkelnden Bänder aus Licht, die sich den Fluss entlangschlängelten und über Brücken und Straßen. Die Stadt warf einen beachtlichen Schein gegen die Wolken. Obwohl die Dunkelheit hereingebrochen war, konnte von richtiger Schwärze keine Rede sein.

    28

    Um sechs Uhr dreißig waren Henri und Joseph an Ort und Stelle. Nachdem sie Henris Mercedes auf dem Parkplatz abgestellt hatten, machten sie sich für eine kurze Begehung auf den Weg zum Übergabeort, hielten sich allerdings sorgsam zurück, was den Aufenthalt auf der Überführung betraf. Zwar war die Sonne bereits untergegangen, aber es gab jede Menge künstliches Licht im Park. Und jede Menge Leute: Kinder, die auf ihren Fahrrädern oder Skateboards noch ein wenig Zeit vertrödelten, bevor es zum Abendessen nach Hause ging, Läufer, Pärchen; auch beim Pfadfinderzentrum am Ende der Bahngleise spielte sich einiges ab. Dazu ein paar junge Familien, die wohl etwas zu feiern hatten, ihre Würstchen auf einem der Münzgrills brutzelten und mit Sekt in Plastikbechern anstießen.
    »Das gefällt mir nicht«, bemerkte Joe, als sie an ein paar Schaukeln vorbeigingen. »Viel zu übersichtlich. Zu viele Fluchtwege. Zu viele Leute.«
    Henri schüttelte den Kopf.
    »Die Stelle ist gut, für die und für uns. Wir können uns keine Tricks erlauben, die aber auch nicht.«
    »Wo steckt Alain?«
    »Irgendwo ganz in der Nähe, keine Sorge.«
    Joe schüttelte den Kopf. »In was hat der uns nur reingeritten, Bruder?«
    »Nenn mich nicht Bruder.«
    »Was verstehen wir schon von Schatzbriefen und dem Scheiß?«
    Henri sagte nichts. Sie gingen zurück zum Wagen. Joe fummelte am CD-Player herum und Henri saß da, einen Aktenkoffer mit dem Geld auf dem

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