Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)
man Eddie Glauben schenken konnte, dann hatten sich in diesen Koffern Wertpapiere befunden und den Löwenanteil davon hatte sich die Polizistin unter den Nagel gerissen, die Eddie festgenommen hatte, diese Rigby. Wyatt musste ihre Version der Geschichte hören.
Dann war da noch Lydia Stark. Erholung in einer Privatklinik unter der Aufsicht von Lowe, danach würde sie untertauchen, wenn nicht sogar gänzlich von der Bildfläche verschwinden müssen.
Blieben Eddie Oberins Freundin und das Betreten bekannten Terrains. Ein zweites Mal das Haus in North Melbourne unter die Lupe nehmen, Lydia weitere Fragen stellen und noch einmal Geld im Blue Poles ausgeben.
Der Rummel um die Frühjahrsrennen im Pferdesport war voll im Gange. Als sich am Bahnhof von Caulfield die Türen öffneten, stolperte eine ganze Horde Rennbahnbesucher in den Zug. Sie waren jung, ausgelassen, die schlecht angezogenen jungen Frauen hingen an einfältigen Knaben, die es nicht gewohnt waren, Anzüge zu tragen. Sie amüsierten sich unbekümmert, so wie sie unbekümmert heiraten, eine Familie gründen und zur Wahl gehen würden. Es war keine Geringschätzung, die Wyatt ihnen gegenüber empfand. Sie weckten nur nicht sein Interesse. Einige von ihnen würden eines Tages zu Geld kommen, das war alles, und er würde es ihnen abnehmen.
Sie fuhren bis Frankston mit. Ein paar von den jungen Frauen warfen Wyatt Seitenblicke zu, waren augenblicklich ruhiger, weniger schrill. Wie sie ihre Arme und Schenkel anspannten, ganz leicht nur, und minimal die Köpfe bewegten, das verriet, wie bewusst sie sich seiner Gegenwart waren. Ihre Freundinnen und Freunde wurden in eine Ecke des Verstandes gedrängt. Wyatt fuhr dahin, eingehüllt in ihre Sehnsüchte, fühlte er sich sicher.
Der Zauber verflog, als sie am Ziel anlangten. Sie blinzelten, erwachten, fingen wieder an zu kreischen und stolperten davon auf ihren hohen Absätzen und in ihren billigen Fähnchen. Er stieg nach ihnen aus, bog in eine Seitenstraße ein, die zu der Gasse führte, die vor Kurzem sein Fluchtweg gewesen war — an dem Tag, als er den Hafenmeister abgezogen hatte. Die .32er Automatik lag noch immer auf dem Dach des Modegeschäftes. Als es dunkel wurde, holte er sie sich zurück und machte sich auf den Weg nach Southbank, in sein Apartment.
37
Khandi Cane schlief den ganzen Freitag durch, und als sie wach wurde, fand sie sich in einem großen Bett wieder, in einem kleinen Zimmer voller Lieblichkeit: Halstücher, drapiert über Fotorahmen, Kosmetika von The Body Shop, Bücher über Massage, dunkle Fläschchen mit ätherischen Ölen für Aromatherapie. Angewidert drehte sie den Kopf zur Seite und da, auf dem anderen Kissen, sah sie das strahlende Gesicht der Bedienung aus dem Pub.
»Hi«, sagte das Mädchen.
Ihre Stimme vibrierte vor Verlangen. Khandi fühlte sich irgendwie unwohl.
»Wie spät ist es?«, fragte sie.
»Nach vier.«
Khandi war verwirrt. »Morgens?«
»Dummerchen! Nachmittags.«
»Oh Gott.«
»Ich bin richtig wund.« Das Mädchen schlängelte sich heran.
Khandi erinnerte sich an einen festen, sich voller Hingabe windenden schmalen Körper, an Handgelenke, mit Seidentüchern an Bettpfosten gefesselt. Sie seufzte und tastete nach ihren Zigaretten. »Musst du nicht bald zur Arbeit?«
»In einer Stunde.«
Verdammt, wie war noch mal der Name? Theresa? Tina. Khandi tastete weiter und stieß dabei ein Glas mit Wasser um, das neben dem Bett stand. »Scheiße.«
»Ich mach das schon, kein Problem«, sagte Tina, sprang aus dem Bett und rannte in die Küche, um ein Tuch zu holen. Die Lust regte sich. Tina war alles zugleich, sie war schlank und fest, weich und rund.
Sie kam aus der Küche zurück, es wurde gewischt und getupft, was am Ende in andere Sachen mündete und danach — erschöpft, aber bereit sich der Welt zu stellen — rollte Khandi einen Joint.
Tina hüstelte, machte das Fenster auf und wedelte den Rauch nach draußen. »Ich geh mal duschen.«
»Ja, mach das«, sagte Khandi. Sie klappte ihr Mobiltelefon auf und rief Mindi im Blue Poles an. »Hat jemand nach mir gefragt?«
»Wo steckst du? Der Alte dreht durch.«
»Drauf geschissen. Ich will wissen, ob jemand nach mir gefragt hat.«
»Zum Beispiel?«
»Keine Ahnung«, schrie Khandi, schwang ihre langen Beine aus dem Bett und stellte die Füße auf einen dicken Teppich mit Ethnomuster, der ihren Ärger zusätzlich anfachte.
»Nun ... «, sagte Mindi.
»Nun was?!«
»Blök mich nicht so an. Keine Cops, aber
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