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Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition)

Titel: Dirty Old Town: Ein Wyatt-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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was passiert jetzt mit mir?«, fragte Wyatt. Er ging davon aus, dass ihn nur noch wenige Minuten von einem Dauerplatz im System trennten.
    »Kommt drauf an. Bekennen Sie sich schuldig, an einem öffentlichen Ort betrunken gewesen zu sein, dann könnten wir in gut zwei Stunden durch sein mit dem Papierkram. Bekennen Sie sich nicht schuldig, wird es für uns beide richtig ungemütlich.«
    »Schuldig«, sagte Wyatt, der sich bereits nach Fluchtwegen und möglichen Hindernissen umsah. Er spürte eine große Anspannung.
    Der Sergeant lachte und versetzte ihm einen kleinen Stoß. »Nein, war nur Spaß. Sie sind ein freier Mann. Aber lassen Sie die Finger vom Sprit, okay?«
    Er gab Wyatt den Umschlag. Parkers Armbanduhr, seine Brieftasche, die Schlüssel und ein Taschentuch. »Danke«, sagte Wyatt unterwürfig und gab den braven Bürger.

    36

    Als Erstes entfernte er sich so weit wie möglich vom Gefängnis. Mit Parkers Geld kaufte er sich eine Bahnfahrkarte nach Box Hill. Die Schlüssel sagten ihm, dass Parker einen Toyota mit elektrischer Türverriegelung fuhr, doch wo er den Wagen abgestellt hatte, sagten sie natürlich nicht. In der Brieftasche befanden sich hundertsechzig Dollar und jede Menge Plastikkarten: Visa, Medicare, Führerschein, Blockbuster Video, private Krankenversicherung und Krankentransport. Parker war zudem Organspender, hatte eine konfus wirkende Frau, zwei blonde Söhne mit vorstehenden Zähnen und er hatte die Warnung seiner Bank ignoriert, niemals die PIN zusammen mit den Kreditkarten aufzubewahren. Laut einem Auszahlungsbeleg hatte Parker früher am Tag fünfhundert Dollar abgehoben. Mit etwas Glück lag sein Tageslimit bei tausend Dollar.
    Wyatt verschwand im Einkaufszentrum von Box Hill, ging in einen Billigladen, kaufte Jeans, ein weißes T-Shirt, eine Baumwolljacke, eine Baseballkappe und eine Wrap-around-Sonnenbrille. Er zog sich in einer Herrentoilette um und spendete Parkers Sachen einem Laden des Roten Kreuzes. Als Nächstes begab er sich auf die Suche nach einem Geldautomaten. Es gab diverse und Wyatt wusste, jeder war mit einer Kamera ausgestattet. Nachdem er sich für eine Bank in der Nähe des Highways entschieden hatte, zog er die Baseballkappe tief ins Gesicht, gab Parkers PIN ein und bekam fünfhundert Dollar. Jetzt machte er sich daran, die auszugeben. Zuerst fuhr er mit dem Taxi zum Flughafen von Melbourne, wo ihn viel Hektik und lange Schlangen erwarteten. Bei Virgin Blue kaufte er ein Flugticket nach Sydney, benutzte dafür Parkers Pass, zerriss es im Schutz einer Umkleidekabine und warf die Schnipsel in einen Abfallbehälter. Es ging nur darum, einen Computer mit Parkers Namen zu füttern. Schließlich stellte er sich ans Ende der Schlange am Skyways Bus. Am späten Nachmittag war er wieder in der City.
    Jetzt war es erneut an der Zeit, seine äußere Erscheinung zu verändern. Alles eine Frage der Suggestion. Diesmal suggerierte Wyatt, der große Naturliebhaber zu sein, und erstand Heruntergesetztes in einem Geschäft für Campingartikel: Wanderstiefel, Cargohosen und eine Jacke mit vielen Taschen und Aufnähern. In Wyatts Augen waren Campen und Trampen ein grotesker Zeitvertreib, ausgeschlossen, dass er sich dem hingab, es sei denn, er war auf der Flucht, und so machte er sich den Spaß, sich einen Plan zurechtzulegen, wie er den Laden ausrauben könnte.
    Ein billiger MP3-Player und Kopfhörer aus einem Discounter bildeten den Abschluss. Das Gerät war nicht bespielt und würde es nie, doch darum ging es nicht: Er wollte schlicht von niemandem angesprochen werden. Er marschierte quer durch die Stadt zum Bahnhof und stieg in den Zug nach Frankston. Der Wagen füllte sich mit Büroangestellten und Schülern, Menschen, deren Dasein ohne erkennbaren Sinn für ihn waren, eine andere Welt. Wie immer war er der Beobachter, taxierte und schätzte, wer ihm eine Hilfe sein könnte, wer ein Hindernis, sollten die Dinge aus dem Ruder laufen.
    Die Türen schlossen sich, der Zug fuhr ab. Wyatt ruckelte im Takt des Zuges und dachte darüber nach, wie es weitergehen sollte.
    Zuerst einmal musste er alles herausbekommen, was mit dem Klau des Audi am Mittwochmorgen zusammenhing. Im Gericht hatte Eddie Oberin herumposaunt, hatte sich über Papiere im Werte von zig Millionen Pfund ereifert: War es von Anbeginn an nur darum gegangen? Wyatt erinnerte sich, wie leicht die Titankoffer sich angefühlt hatten, ohne jedes Anzeichen von Gegenständen aus Metall, die sich darin hin und her bewegten. Wenn

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