Dirty Talk
Gespräche und das Klappern von Besteck auf den Porzellantellern machte es mir leider unmöglich, seine Stimme herauszuhören. Aber ich musste ohnehin aufhören, an Mr D. zu denken. Diese Nacht war allein Patrick vorbehalten.
Das Dinner dauerte ziemlich lange. Vielleicht kam es mir auch nur so vor, weil ich endlich mit Patrick allein sein wollte. Zugleich war mir die Verzögerung aber ganz recht, weil dadurch die Vorfreude wuchs. Dass ich ihn nur sehen und nicht berühren konnte, verstärkte diese Vorfreude nur. Er brachte die Frau neben sich zum Lachen; mir fiel auf, dass er nur mit der einen Sitznachbarin redete. Nicht aber mit der Frau, die rechts von ihm saß.
Ich plauderte während des Dinners mit meinen beiden Nachbarn ausgerechnet über Geldanlage, und ich hatte den Eindruck, ich hätte von beiden viel lernen können, wenn ich mir Notizen gemacht hätte.
„Du klingst irgendwie so ähnlich wie das Mädchen im Radio“, sagte einer von ihnen, als wir zwischen zwei Gängen das Thema wechselten. „Du weißt schon, dieses Mädchen, das nur nachts auf Sendung geht.“
Ich bin eine Frau, die auf Sendung geht. Bitte. „Ach, wirklich?“
Der Nachtisch wurde serviert: winzige, dunkle Schokoladentrüffel, Zitronenküchlein und frische Himbeeren, garniert mit einem Minzblättchen und gekrönt von einem Häubchen Schlagsahne.
Ich lehnte den angebotenen Kaffee ab. Ich wollte wach sein, aber nicht so wach. Stattdessen bestellte ich mir grünen Tee. Einige Leute standen auf, versammelten sich in Grüppchen und plauderten. Langsam verließen alle den Speiseraum. Ich fragte mich, ob sie jetzt zur Galerie gingen, um das Geschehen im Großen Saal zu beobachten, oder ob sie woanders ähnliche Zerstreuung suchten.
Patrick erhob sich und blickte mich quer über den Tisch an. Sein Blick war regelrecht anklagend. Er nickte Richtung Tür, und ich stand ebenfalls auf. Bei meinen Tischnachbarn entschuldigte ich mich und erklärte, man würde sich ja später noch mal sehen. Sie grinsten breit und stießen einander an, als wüssten sie mehr als ich. Aber das unangenehme Gefühl vergaß ich sofort wieder, als Patrick auf mich zukam. Nein, er stolzierte geradezu, und seine Bewegungen waren raumgreifend und besitzergreifend. Er riss sich die Maske herunter.
„Komm“, sagte er und setzte seine Brille auf. „Ich habe genug gesehen.“ Er machte auf mich keinen betrunkenen Eindruck. Er stand sicher auf den Beinen, seine Augen blickten mich so direkt und scharfsichtig an wie immer. Trotzdem erlebte ich gerade eine andere Seite an Patrick, die mir bisher noch nicht begegnet war.
Was um alles in der Welt hatten die ihm erzählt? „Wo gehen wir hin?“
„Nach oben.“ Er zog den Zimmerschlüssel aus der Hosentasche und ließ ihn vor meinem Gesicht hin und her baumeln. „Ich hab’s satt, mit anderen Frauen als mit dir zu reden.“
„Für mich sah es so aus, als ob du deine Sache ziemlich gut gemacht hast.“
Sein Lächeln wirkte humorlos. „Sie arbeitet auch im Bereich Webdesign.“ Er schaute sich um. „Und wie zum Teufel kommen wir jetzt in den dritten Stock?“
„Es gibt hier einen Fahrstuhl.“ Sobald wir in der Kabine standen, nahm ich meine Maske ab. Ich spürte Patricks Blick, der mich schier durchbohrte.
Er hob die Hand und zerrte an seinem Krawattenknoten und zog die Krawatte langsam herunter. Ich beobachtete seine Hände, als er sie zusammenrollte und in der Tasche seines Jacketts verstaute.
Die Fahrstuhltüren glitten auf, und wir betraten einen spärlich beleuchteten Flur, der mich an die stille Anonymität eines Hotels denken ließ. Es war vollkommen ruhig, und meine Befürchtungen, diesen Abend betreffend, die während des Dinners kaum nachgelassen hatten, rührten sich wieder. Aber was konnte uns hier schon passieren?
Patrick schaute auf dem Messingplättchen am Schlüsselring nach der Zimmernummer und führte mich dann den Flur entlang. Er blieb stehen und schloss eine Tür auf.
Hinter ihm betrat ich unser Zimmer. Harry hatte sein Versprechen wahr gemacht. Uns erwartete ein wahrhaft romantischer Raum, der in goldenes Kerzenlicht getaucht war. Das große Himmelbett war mit Rosenblättern übersät. Im Kamin knackten und brannten dicke Holzscheite. Eine Flasche Champagner stand neben dem Bett in einem Sektkühler. Unsere Rucksäcke standen diskret an einer Wand. Sie wirkten ziemlich schäbig und fehl am Platz.
Patrick ging an mir vorbei und sah sich zufrieden um, obwohl ich glaube, dass er sich vor allem
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