Dirty Talk
denken. Sie halten mich vermutlich für einen unzuverlässigen Windhund, nur weil ich ein paar Bäume fällen lasse. Wir haben eben verschiedene Einstellungen. Sie sind eher ein Hippie …“
„Nein, das bin ich nicht. Meine Mutter ist ein Hippie. Nur weil ich beim Radio arbeite, heißt das nicht …“
„Wie auch immer. Ich mache Geld. Ich liebe Geld! Und ich liebe es, Geld für Mädchen auszugeben.“
„Himmel, Willis! Sie sollten sich mal reden hören. Ich bin kein Mädchen.“
„Dann eben Frauen.“
„Und mir gefällt der Gedanke nicht, für jemanden nur ein Geldgrab zu sein. Was ist denn für Sie drin?“ Ich hoffte irgendwie, er würde ein ordentlicher Fick sagen, aber so geschmacklos war selbst er nicht.
„Jo.“ Sein Daumen streichelte meinen Handrücken, und zu meiner Überraschung fühlte es sich … hm. Es war so, wie es sich vermutlich hätte anfühlen sollen, als ich mit Jason, der wandelnden Erektion, die Nacht verbrachte. „Ich habe Interesse an Ihnen. Ich weiß, Sie werden jetzt behaupten, dass ich Sie gar nicht kenne. Aber ich würde Sie gerne kennenlernen. Wir haben verschiedene Einstellungen zum Leben. Und? Das ist doch gerade das Spannende. Ich habe Geld, und ich vermute, Sie haben keins. Lassen Sie uns doch einfach unsere Ressourcen bündeln.“
„Und was kann ich in diese spannende Beziehung einbringen?“
„Willis! Ich bin ja so froh, dass Sie kommen konnten!“ Kimberly stürzte sich auf uns. Rasch ordnete sie ihr Weinglas, den Teller, die Handtasche und die Serviette so geschickt um, dass sie Willis auf die Wange küssen konnte, ohne Zinfandel auf seine Hose zu kippen. „Jo hat erst kürzlich über Sie gespr…“
„Nein, hab ich nicht“, unterbrach ich sie, ehe Kimberly ihn noch mehr ermuntern konnte.
„Wir reden später, okay?“ Und schon war sie wieder weg und tauchte in einer Wolke aus Feenstaub in der Menge unter, mit dem sie die Leute dazu brachte, sich köstlich zu amüsieren. Ich war stinkwütend, und Willis hielt meine Hand noch immer in seiner.
„Wir hätten viel Spaß“, sagte er.
Meine instinktive Antwort darauf wäre eigentlich, ihm zu erklären, dass ich kein Interesse an Spaß hatte. Aber ich zögerte. Vielleicht wäre ein bisschen Spaß gar nicht schlecht. Ich hatte einen sehr ernsthaften Job, bei dem ich zu merkwürdigen Stunden arbeitete. Mein Sexleben war noch merkwürdiger. Ich könnte Willis verführen und Mr D. davon erzählen. Erneut schaute ich auf die Wanduhr.
„Die Zeit fliegt, hm?“, meinte er.
„Ich muss gleich noch ins Studio. Es gehört darum zu meinem Job, die Uhr im Auge zu behalten. Also gut, ja. Einverstanden.“
„Mit Lunch einverstanden?“ Sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen.
„Klar. Sie können mich hier beim Sender abholen.“ Auf keinen Fall würde ich ihn wissen lassen, wo ich wohnte.
Ich schaffte es ins Studio, wo unsere Abendmoderatorin gerade ihre Arbeit beendete. Noch ein paar CDs aus den Regalfächern gezogen, und schon ging’s los. Nur schade, dass ich den Kuchen verpasste. Ich ging online, um den neuesten Wetterbericht und die Lokalnachrichten abzurufen, und schloss die Studiotür. Das Licht ließ ich an. Dies war eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen Neil oder Bill Gäste durch den Sender führte. Ich wollte ihnen nicht den Spaß verderben, mich durch das Fenster zu beobachten.
Zu Beginn kündigte ich ein kurzes Stück an und blickte flüchtig zum Telefon. Es war noch zu früh für seinen Anruf, aber … Ich war mir nicht sicher, ob es ihm recht wäre, wenn ich mit Willis ausging. Das warf ein paar unbequeme Fragen auf. Brauchte ich seine Erlaubnis? Benutzte ich Willis so, wie ich es mit Jason getan hatte? (Obwohl das ja vollkommen spontan gewesen war. Oder?) Wir waren danach im Guten auseinandergegangen, und keiner hatte irgendwelche Erwartungen an den anderen formuliert. Willis war absolut untypisch für mich; ich ging nie mit Männern wie ihm aus. Wenn ich Kimberly richtig verstand, fand sie ohnehin, dass ich in der Hinsicht eher schlechte Entscheidungen traf. Ich zog mein Handy aus der Tasche und schrieb ihr eine SMS, damit sie mir ein Stück Kuchen aufhob. Dann beobachtete ich den Countdown der Musik, die gerade gespielt wurde.
Kuchen war etwas Feines. Unkompliziert und lecker und nicht von der Sorge um die eigene Moral belastet. Solange man sich keine Sorgen ums Gewicht machte oder Möchtegerntänzerin und davon besessen war, rank und schlank zu bleiben (und ohnehin überlegte,
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