Dirty Talk
und Rückrufen gespielt, ohne einander zu erreichen – bis wir beide aufgaben. Aber ich hatte sie von Anfang an gemocht: Liz Ferrar, die ich in der Sinfonie kennengelernt hatte. Und ich war mir ziemlich sicher, dass sie mich nicht einladen würde, mit ihr zusammen aufs Klo zu gehen, damit sie mein Höschen runterziehen und es mir mit dem Mund besorgen konnte. Ich brauchte wieder etwas mehr Wirklichkeit. Die Begegnung mit Erwachsenen, nicht mit halb nackten Sexbesessenen (ich konnte es kaum erwarten, wieder hinzufahren).
Ich schrieb ihr eine E-Mail und lud sie zum Mittagessen oder zu einem Kaffee ein, je nachdem, was ihr Terminplan erlaubte. Sie rief mich kurz darauf zurück, und wir glichen unsere Terminpläne ab. Mittags war sie meist beschäftigt, und ich konnte weder zum Frühstück noch zum Abendessen Zeit freischaufeln, weil ich bis spät nachts im Sender war.
„Oder wir können es diesen Samstag machen“, schlug sie vor. „Magst du Kinder?“
„Klar. Aber eigentlich sagen die Leute nie, wenn sie Kinder nicht mögen.“
Sie lachte. „Manchmal wünschte ich, die Leute würden das tun. Ich gehe Samstagnachmittag mit ein paar Kindern aus dem Frauenhaus in den Park, damit ihre Mütter mal durchschnaufen können. Es ist lustig, und wir können ganz in Ruhe reden, wenn die Kinder spielen. Danach könnten wir auch noch einen Happen essen. Patrick kommt manchmal auch mit und spielt mit den Kindern.“
„Patrick?“ Ich war nicht sicher, warum mich das so sehr überraschte.
„Die Kinder vergöttern ihn. Sie vermissen ihre Väter. Es ist egal, wie schlecht sie von diesen Männern behandelt wurden, sie vermissen sie. Und für die Kids ist es gut, wenn sie Kontakt zu einem anständigen Mann haben.“
Ich nahm ihre Einladung hocherfreut an. Ich konnte mir kaum etwas Heilsameres und Bodenständigeres vorstellen, auch wenn Patrick vielleicht ebenfalls dort war (ihm war ich zuletzt auch aus dem Weg gegangen).
Samstag war ein heller, strahlend sonniger Tag, und obwohl ich eigentlich gerne mit dem Fahrrad die paar Meilen zum Park gefahren wäre, nahm ich das Auto. Liz und ich wollten anschließend ja noch essen gehen. Als ich ankam, waren ein paar Frauen mit ihren Kindern auf dem Spielplatz. Es war ein ziemlich neuer Spielplatz mit großem Klettergerüst und mit Holzschnitzeln statt Sand, damit die Kinder weicher fielen. Außerdem gab es Schaukeln und eine Rutsche.
Ich spazierte zu dem angrenzenden Gemeindezentrum und schaute, ob jemand da war. Meine Erfahrung mit kleinen Kindern beschränkte sich darauf, dass sie ausnahmslos sofort aufs Klo mussten, wenn man irgendwo mit ihnen ankam, egal wie kurz die Fahrt gewesen war. Der Gestank von Chlor, der vom Schwimmbecken heraufdrang, war stechend, und die Leute strömten mit ihren Sporttaschen in der Hand rein und raus.
Ein Kerl kam mir bekannt vor. Er war groß und schlaksig und hatte das lange, braune Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Für einen Moment konnte ich ihn nicht einordnen; erst dann erkannte ich ihn als Ivan von der besagten Nacht. Unsere Blicke trafen sich. Er lächelte leicht, zwinkerte mir kurz zu und ging dann wortlos an mir vorbei, als wären wir Fremde. Natürlich befolgte er nur die Regeln der Gesellschaft.
Ein großes Fenster bot einen Blick in die Turnhalle. Ein paar Leute arbeiteten mit Gewichten oder an den Maschinen, und in der Ecke drosch ein Typen unablässig auf einen Boxsack ein.
Ich schaute ein zweites Mal hin. Es war Patrick. Er trug ein T-Shirt und eine dieser Hosen, die Männer gerne zum Sport anziehen und die wie eine Mischung aus Shorts und Jogginghose aussehen. Er schwitzte leicht, als er zurücktrat und sich duckte. Seine Hände steckten in Boxhandschuhen und trafen zielsicher auf den Boxsack. Ich beobachtete, wie er leichtfüßig wieder an den Boxsack herantänzelte und eine rasche Folge von kurzen, schnellen Schlägen landete. Seine Arme waren nur verschwommen zu erkennen, so schnell bewegte er sich. Bisher hatte ich ihn nicht als einen besonders sportlichen Typen betrachtet. Er machte einen ganz fitten Eindruck, und ich hatte geglaubt, er sei einer von der Sorte, die von Natur aus eher schlaksig sind. Mir gefiel, was ich sah. Ich bewunderte seine eleganten Bewegungen und seine ordentliche Fußarbeit. Den Ausdruck höchster Konzentration auf seinem Gesicht.
Er blickte auf und ließ von dem Boxsack ab, der auf ihn zuschwang. Jetzt entdeckte er mich.
Ich war davon überzeugt, der Boxsack würde ihm direkt ins Gesicht
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