Dirty Talk
Karte.
„Okay. Die nächste links.“
„Links?“ Ich schaute skeptisch auf die schmale Straße.
„Recht so.“ Rechtsooo.
„Rechts?“
„Nein, links. Da vorne.“
Wir verließen die gepflasterte Straße und fuhren ein paar Meilen, ehe wir den Parkplatz zu der Skistrecke erreichten. Dort füllten wir unsere Taschen mit Studentenfutter und schnallten die Skier unter. Wir waren die einzigen Menschen in dieser Einsamkeit. Die Strecke war eine alte Bergbautrasse, die sich zwischen den Bäumen dahinschlängelte. Sie war vollkommen unberührt und makellos.
Ich stürzte mich darauf. Manchmal mochte ich es, einfach herumzustapfen, in die Baumwipfel hinaufzublicken und die Spuren der Tiere im Schnee zu suchen oder die winzigen Krallentupfer der Vögel. Heute wollte ich mich bewegen. Ich wollte mich der Freiheit hingeben, durch unberührten Schnee zu schießen, wollte das Ziehen meiner Muskeln ebenso spüren wie die kalte, beißende Luft auf meiner Haut. Und ich glaube, ein bisschen wollte ich Patrick auch beeindrucken. Wollte ihm zeigen, wie stark und geschickt ich auf Skiern war.
Hinter mir zischten Patricks Skier durch die Spur, die ich erschuf, was es ihm leichter machte, mir zu folgen. So konnte er immerhin mithalten. „Ich kann auch jederzeit übernehmen und die Spur fahren“, bemerkte er hinter mir. Er war kaum außer Atem.
„Nein, ist schon in Ordnung.“ Der Weg führte abwärts und beschrieb einen Bogen. Ein Blauhäher, der sich grell vom Schnee abhob, flog durch mein Sichtfeld. Ich schob meine Sonnenbrille nach oben, als der Weg durch eine schattige Senke verlief. Als die Sonne mir wieder in die Augen stach, verlangsamte ich mein Tempo, um die Brille wieder aufzusetzen.
Anschließend fuhr ich langsamer weiter, weil ich wieder daran dachte, dass ein Teil des Vergnügens beim Skilanglauf (abgesehen davon, dass man seine abgerissensten Klamotten dabei tragen konnte) darin bestand, die Natur zu beobachten und zu genießen. Nach einem Stück bergauf, das wir skatend nahmen, erreichten wir eine große Lichtung. Ich erinnerte mich an mein Picknick mit Willis, das erst wenige Wochen her war. Damals waren wir nicht so hoch oben, weshalb es dort noch angenehm warm gewesen war. Der Himmel hatte das gleiche stechende Blau gehabt. Ich verlangsamte das Tempo und blickte zu den schneebedeckten Bergen am Horizont hinauf. Die Gipfel waren in Wolken gehüllt, und direkt darunter gab es eine Schonung Espen, die zu dieser Jahreszeit keine Blätter mehr trugen und deren Stämme sich dunkel vom Schnee abhoben.
„Ich bin angemessen beeindruckt“, bemerkte Patrick. Er hielt neben mir an. „Verflixt, jetzt habe ich die Kamera vergessen.“ Er griff in seine Jackentasche und bot mir eine Handvoll Studentenfutter an. „Du bist ziemlich gut in Form.“
„Gut genug hierfür.“ Ich war mit meinem Körper zufrieden, der sich erstaunlich schnell von den Strapazen meiner Bestrafung erholt hatte. „Es wird auf dem Rückweg Spaß machen, wieder nach unten zu fahren. Wie lange fährst du schon Ski? Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass es in Irland allzu oft schneit.“
„Seit letztem Jahr. Die Skier waren ein Weihnachtsgeschenk von Elise.“ Er zeigte auf die Skier und die passenden Stöcke. Er sah traurig aus, und ich wünschte mir augenblicklich, ich hätte nicht gefragt.
„Du bist ziemlich gut.“
„Danke. Und seit wann fährst du Ski?“
„Seit meiner Kindheit.“ Ich nahm einen Schluck aus meiner Wasserflasche. „Meine Mom hat es mir beigebracht, und dann sind wir mit dem großen Affen aufgebrochen, um im Schnee zu picknicken.“
„Der große Affe?“
„Mein Stiefvater. Er heißt Abe und sieht aus wie ein Affe. Lange Arme, haariger Rücken. Er ist ein feiner Kerl.“
„Was machen die beiden sonst so?“
„Mom töpfert, und Abe hat eine Autowerkstatt. So richtig typisch für Vermont. Sie sind dort vor meiner Geburt hingezogen, damals war Land dort noch ziemlich billig. Meine Mom ist irgendwie ein Hippie. Sie ruft hin und wieder an und gesteht mir quasi unter Tränen, dass der Kapitalismus sie korrumpiert, weil sie inzwischen ihre Töpferwaren verkauft, statt sie gegen Ziegenkäse einzutauschen.“
Er lachte. „Wenn man dich so reden hört, merkt man, wie sehr du sie magst.“
„Und wie. Zu Weihnachten werde ich die beiden besuchen.“
Patrick verteilte etwas mehr Sonnenschutz auf seinem Gesicht, ehe wir uns wieder auf den Weg machten und über den unberührten Schnee glitten. Ich
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