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Dirty

Dirty

Titel: Dirty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Hart
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genannt.“
    „Was für kluge Sprüche du drauf hast“, sagte meine Mutter. „Passend zu deinem klugen Hirn.“
    „Entschuldige.“ Merkwürdig, dass man sich seinen Eltern gegenüber immer wie ein Kind verhält. Zwar rechnete ich nicht damit, dass sie mir über den Tisch hinweg eine Ohrfeige verpassen würde … benahm mich aber so, als ob.
    Der Kellner brachte unser Essen, obwohl mir inzwischen der Appetit vergangen war.
    „Ell?“, verkündete meine Mutter schließlich, als sie den halb gegessenen Salat zur Seite schob. „Ich muss mit dir über deinen Vater sprechen.“
    „Gut.“ Ich legte die Gabel weg und wischte mir den Mund mit der Serviette ab. Ich sprach nicht viel mit meinem Vater, ab und zu nahm er den Telefonhörer ab, wenn ich anrief – was sowieso nicht oft vorkam. Und meine Mutter erwähnte ihn regelmäßig in alltäglicher Hinsicht: „Daddy und ich haben diese Sendung über verrückte Haustiere gesehe?“, und „Daddy und ich überlegen, ob wir die Küche renovieren sollen.“ In Wahrheit verbrachte mein Vater die Tage vor dem Fernseher mit einem immer vollen Glas Gin in der einen Hand und der Fernbedienung in der anderen.
    „Worüber möchtest du sprechen?“
    Mit den unechten Tränen, die ich meine Mutter in all den Jahren hatte vergießen sehen, könnte man ein Schwimmbad füllen. Sie weinte so gekonnt, dass ihr Make-up niemals verlief. Als jetzt also eine Träne in ihrem Auge glitzerte und ihren sorgsam aufgetragenen Eyeliner verschmierte, war ich alarmiert.
    „Deinem Vate?“, erklärte sie, “geht es nicht gut.“
    „Was hat er denn?“
    Sie machte eine kleine wedelnde Geste mit der Hand, und meine Beunruhigung wuchs. Sie war vielleicht eine Märtyrerin, aber normalerweise niemals sprachlos. Ich beobachtete ihren Mund, aus dem nichts kam, und faltete die Hände in meinem Schoß, damit sie nicht zitterten.
    „Was ist mit ihm, Mutter?“
    Sie sah sich kurz um, bevor sie antwortete. „Leberzirrhose“, wisperte sie und schlug sich dann die Hand vor den Mund, als ob ihr das Wort aus Versehen herausgerutscht wäre.
    Das war natürlich keine wirkliche Überraschung. Mein Vater war fast sein ganzes Leben lang schwerer Alkoholiker gewesen. „War er beim Arzt? Was genau fehlt ihm?“
    „Er ist zu erschöpft, um aus seinem Stuhl aufzustehen, und er hat viel Gewicht verloren. Er isst nicht mehr.“
    „Aber er hört nicht auf zu trinken.“
    Sie reckte das Kinn vor. „Dein Vater hat sich abends einen kleinen Drink zum Entspannen verdient. Er hat all die Jahre hart gearbeitet, um uns durchzubringen.“
    Ich hackte nicht weiter darauf herum. „Muss er ins Krankenhaus?“
    „Ich habe noch niemandem davon erzähl?“, flüsterte sie, tupfte sich die Augen ab, und der kurze Moment der Offenheit zwischen uns war verflogen.
    „Natürlich nicht. Wir wollen ja nicht, dass die Nachbarn etwas erfahren.“
    Sie warf mir einen eisigen Blick zu. „Auf keinen Fall. Was in einer Familie geschieht, bleibt in der Familie.“
    Was in einer Familie geschieht, bleibt in der Familie.
    Wir starrten uns über den Tisch hinweg an, zwei Frauen, von denen jeder Fremde gewusst hätte, dass sie zusammengehörten. Ich hatte ihre vollen Lippen geerbt und ihre Augen, auch wenn meine blau und ihre grau waren. Doch in Form und Größe unterschieden sie sich nicht, sie waren so rund, dass man uns als unschuldig hätte betrachten können, was wir aber nicht im Mindesten waren.
    „Wirst du mir eigentlich nie verzeihen?“ Ich hatte nicht beabsichtigt, mit bebender Stimme zu sprechen, schnell umklammerte ich die Serviette. „Mutter, verdammt noch mal, wirst du es nie lassen?“
    Sie schniefte wieder, als ob ich nicht einmal eine Antwort wert wäre. Ich war nicht mehr Elle, sondern Ella, und ich hasste es. Indem sie nicht antwortete, stritt sie meine Behauptung auch nicht ab. Und sie gab auch nicht vor, nicht zu wissen, was ich meinte. Ich senkte den Blick auf meinen halb gegessenen Burger, und der Kellner bewahrte mich davor, noch mehr zu sagen, indem er mich fragte, ob er mir den Rest einpacken sollte.
    „Nein, besten Dank.“
    Meine Antwort ließ sie mit der Zunge schnalzen. „Was für eine Verschwendung?“
    „Ich bezahle schließlich, also musst du dir keine Gedanken darüber machen.“
    „Das ist nicht der Punk?“, klärte sie mich auf. „Ella, du kannst es dir nicht leisten, dein Geld einfach wegzuwerfen.“
    „Weil ich keinen Mann habe, der sich um mich kümmer?“, beendete ich ihren Gedanken. „Ich

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