Disco Dracula
Zeitpunkt selbst nicht, aber eins ist sicher. Unsere Vampire dürsten nach Blut.« Er hatte kaum den Satz ausgesprochen, als er seinen Mund aufriss und das Vampirgebiss präsentierte. Rotes Licht leuchtete ihn an, die Zähne sahen aus, als wären sie in Blut getunkt worden.
Silvia schüttelte sich. Sie stand noch immer neben Roland Fuchert.
»Was hast du?« fragte der Chef des Horror-Clubs.
»Da kann man ja richtig Angst bekommen.«
»Wieso?«
»Sieht echt aus.«
Die anderen lachten. Uwe Kientopf meinte: »Und wenn schon, lass die Vampire nur kommen, denen jage ich meinen Eichenpfahl ins Herz. Dann bleibt nur noch Staub zurück.«
Er lachte.
»Vor dir kann man ja Angst kriegen«, meinte Silvia.
»Sollst du auch. Ich bin der Vampirjäger von Schalke. Wusstest du das nicht?«
Die anderen lachten. Siggi Doppler tippte Uwe gegen die Stirn. Dann verstummten die Gespräche, denn Roland Bittl übernahm wieder das Kommando.
Er hatte die Platte gewechselt. Nicht mehr Rockmusik erklang aus den Lautsprechern, sondern eine düstere Filmmusik. Sie war schrecklich anzuhören, Melodien, die aus dem Grab zu kommen schienen, düster und drohend…
Es wurde still in der Disco.
Zahlreiche Gespräche verstummten, die Gäste warteten ab.
»Hört ihr es?« flüsterte Ro Bittl ins Mikro. »Hört ihr die Vampirmusik?« Er legte eine Pause ein und lachte. Es war ein dumpfes, dröhnendes Lachen, das durch das Gewölbe der Disco zitterte und manch ängstlichem Gemüt einen Schauer über den Rücken blies.
»Diese Musik«, sagte er weiter, »kündigt das große Ereignis an. Sie werden kommen. Ich habe sie heute schon gesehen. Sie waren bei mir, und sie freuen sich auf euch.« Er lachte, während gleichzeitig dumpfer Gesang erklang und eine neue Hintergrundmusik bildete. Ro Bittl ließ seine Stimme ausklingen, jeder Gast sollte den Gesang besser hören.
Es war ein jammern. Und es hörte sich an, als würden die Seelen der Geknechteten im Fegefeuer heulen. Ein Totenchor der Verzweifelten.
Manchmal schrill klingend, dann wieder langsamer, und im nächsten Augenblick sich steigernd.
Zwei Stimmen fielen besonders aus dem Rahmen. Helle Frauenstimmen, die mit schrillem Falsett die anderen hin und wieder überklangen…
»Liebe Freunde«, sagte Ro Bittl, »es ist soweit. Die Zeit des Horrors ist angebrochen. Die Zeit der Vampire, der Blutsauger, der untoten Wiedergänger. Schaut zur Decke, schaut dorthin. Dann werdet ihr sie sehen, denn sie wollen euch hier besuchen, um das Blut zu trinken und sich zu laben.«
Ro Bittl hatte sich gedreht. Sein rechter Arm wies schräg in die Höhe.
Zahlreiche Blicke folgten ihm, und alle sahen sie es.
Drei Särge hatten sich von der Decke gelöst und glitten langsam nach unten…
***
Silvia klammerte sich an Fucherts Arm fest. Sie war blass geworden.
Roland grinste. »Hast du was?« fragte er.
Silvia nickte. »Ja, ich habe Angst.«
»Keine Sorge, ich bin doch bei dir.«
»Lass die dummen Sprüche, ich habe wirklich Schiss. Die Sache ist mir nicht geheuer.«
»Und warum nicht?« Fuchert setzte sich bequem hin, so dass er einen besseren Blick auf die Särge besaß.
»Weiß ich auch nicht. Ich habe mich schon immer vor so gruseligen Dingen gefürchtet. Deshalb bin ich auch nicht in die schrecklichen Filme gegangen.«
Auch andere hatten ihre Worte gehört. Gerade die Freunde vom Horror-Club waren die richtigen Empfänger. Sie lachten und machten sich ihren Spaß.
»Silvia, der Angsthase«, sagte Uwe Kientopf.
»Gleich kommt Dracula persönlich und beißt dich in deinen süßen Hals«, grinste Rolf Thelen.
»Und in deinem untoten Körper werden die Würmer nisten und die Käfer krabbeln«, sagte Holger Reese mit Grabesstimme.
»Hört jetzt auf«, mischte sich Roland Fuchert ein. »Sie hat wirklich Angst.«
Die anderen schwiegen. »War ja nur Spaß«, meinte eines der Clubmitglieder.
»Der Spaß beginnt da oben«, erwiderte Fuchert.
Jetzt schauten sie wieder hoch zur Decke. Die Särge waren von dem Mechanismus gestoppt worden. Sie schwebten jetzt dicht unter dem Gewölbe, so dass jeder sie sehen konnte, auch die Gäste, die weiter hinten saßen.
Drei Särge!
Einer war besonders prächtig. Der in der Mitte. Er bestand aus dunkel gebeiztem Holz, während die beiden rechts und links heller waren.
Die Totenkisten schwebten in der Luft. Es sah tatsächlich so aus, denn die Bänder, an denen sie befestigt waren, verschwammen mit dem Hintergrund.
Auch die Musik war leiser geworden. Nur noch
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