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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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behaupten, deine Eltern zu sein.«
    »Was?«, fragte ich. Meine Eltern? Richtig. Ich hatte Eltern. Gehabt. Irgendwann. In dieser unendlich fernen Romea-Achenbach-Vergangenheit.
    »Sie kommen schon seit Tagen jeden Tag her und wollen dich sprechen«, sagte Zihan.
    Ich geriet in Panik. Wie hatten sie mich gefunden? Was wollten die hier? Jetzt, nach so langer Zeit?
    »Schick sie doch weg.«
    »Das versuche ich ja. Aber die sind ganz schön hartnäckig.«
    Meine Panik wurde größer und größer, baute sich vor mir auf wie eine riesige Woge, die mich mit sich fortreißen wollte.
    »Das ist mir egal. Mach doch was, damit sie gehen.« Ich sah ihn flehend an. »Bitte!«
    »Gut«, sagte er und drehte sich um.
    Mein Herz galoppierte, setzte aus, schlug wieder. Systole, Systole, Diastole, Pause, nichts, Systole, Pause. Nichts. In meinen Ohren rauschte es. Wieso kamen sie jetzt? Ausgerechnet jetzt? Ich fragte mich, warum sie mich nicht eher gefunden hatten. Sie waren doch sonst so schlau. Oder hatten sie das wieder in einem ihrer großartigen Erziehungsratgeber gelesen, dass sie nichts tun müssten, weil Kinder, die gegangen sind, ja ohnehin eines Tages wieder winselnd vor der Tür stehen würden? Aber da konnten sie lange warten. Kapierten sie es denn nicht, dass es mir ohne sie viel besser ging? Wie konnte man nur so egoistisch sein?
    Ärgerlich trat ich ans Fenster und hob den Vorhang ein wenig an. Tatsächlich. Da draußen standen sie. Susanne und Michael Achenbach. Mit energisch verkniffenen Wir-holen-uns-unsere-Tochter-wieder-Gesichtern. Und außerdem noch ein ganzer Menschenauflauf. Journalisten. Blitzlichtgewitter. Der Imam, der geduldig auf sie einredete. Mein Vater hysterisch gestikulierend. Hakim, der gerade seine Hand auf eines der Kameraobjektive legte und Mohammed, der der neugierigen Journalistenbrut den Eingang verstellte.
    Ich ließ das Vorhangende los und gnädig verbarg es diese Szenerie vor mir. Hoffentlich ließen sie sie nicht rein. Die hatten mir jetzt wirklich gerade noch gefehlt. In meinem Kopf drehte sich alles oder vielleicht drehte sich auch die Welt, drehte sich immer schneller und schneller. Ein Kettenkarussell in Dauerbeschleunigung, das mich jeden Moment aus dem Sitz schleudern und auf dem Asphalt aufkrachen lassen konnte. In meinen Schläfen tobte es und halb blind vor Schmerz tastete ich mich in unser Zimmer zurück und kaum hatte ich es betreten: Cut.
    »Hey, Shania, Süße!«
    Von ganz fern hörte ich eine Stimme. Abdels Stimme.
    »Hey!«
    Ganz langsam kam ich wieder zu mir. »Sie sind da«, flüsterte ich.
    »Wer? Wer ist da?«, fragte er.
    »Meine Eltern.«
    »Beruhig dich, Süße. Es zwingt dich doch keiner, mit ihnen zu sprechen, wenn du es nicht willst. Mohammed und Hakim lassen sie bestimmt nicht rein.«
    Ich richtete mich auf. »Ich weiß. Aber ... sie sollen einfach nicht hierherkommen. Es macht mich wahnsinnig, wenn sie mir vor dem Haus auflauern.«
    Abdel küsste mich. Dann bugsierte er mich aufs Bett und brachte mir einen Tee. »Hör zu, ich rede morgen mit ihnen, ja?«
    »Echt? Das willst du tun?«
    Er lächelte und nickte. »Na klar. Für dich würde ich alles tun.«
    Und am nächsten Abend, als meine Eltern wieder mit ihrem Sit-in vor dem Gemeindehaus begannen, ging Abdel tatsächlich nach unten. Wieder stand ich hinter der Gardine und beobachtete die Szene. Kaum hatten sie Abdel erblickt, verwandelten sich Susanne und Michael Achenbach in Furien und stürzten sich auf ihn. Ich konnte nicht hören, was sie sprachen, aber ich ertrug es nicht, wie sie mit Abdel umgingen. Ich seufzte. Es blieb mir wohl nichts anderes übrig, als selbst nach unten zu gehen.
    Als ich nach draußen trat, ließen sie schlagartig von Abdel ab und starrten mich an. Ich starrte zurück. Was sollte ich auch tun? Doch auf einmal warfen sie sich beide auf mich, als hätten sie sich abgesprochen. Und dann hingen sie an mir und der Körperkontakt mit ihnen war mir so unangenehm, zwei Bleikugeln namens Vergangenheit, aber ich wusste nichts Besseres, als einfach zu erstarren und mich innerlich zu Boden reißen zu lassen. Aber, alhamdulillah, irgendwann ließen sie wieder von mir ab.
    Die Frau, die mal meine Mutter gewesen war, musterte mich. Das Entsetzen war ihr deutlich ins Gesicht geschrieben.
    »Kind, wie läufst du denn rum? Du warst so hübsch und jetzt … Dieses unförmige Kleid und dieses Kopftuch. Ich hätte dich fast nicht erkannt.«
    Ich schwieg.
    »Warum tust du uns das denn an? Was haben wir dir

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