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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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Fischschwarm, während die Quallententakel sich wie lockende Finger krümmten.
    Ich setzte mich in ihr Laboratorium und Kälte fuhr mir in die Glieder.
    »Ich weiß, ich weiß, das dumme Menschlein hat dir den Kopf verdreht und nun willst du zu ihm, aber du wirst ersticken und hilflos wie eine Robbe am Strand liegen, wenn du nicht dein Wesen änderst. Richtig?«
    Ich nickte.
    »Aber eines sage ich dir und ich wünschte, du würdest auf den Rat einer alten Frau hören. Auch wenn sie mich eine böse Hexe nennen, so bin ich weder das eine noch das andere. Ich habe nur besondere Fähigkeiten, die sich sowohl für das Gute als auch das Schlechte eignen, und ich rate dir, bleib deinem Wesen treu, denn du wirst sterben, das ist sehr sicher, wenn du für immer von dir weggehst. Aber – es ist deine Wahl. Also frage ich dich: Willst du wirklich fort?«
    Das Blut gefror mir in den Adern, aber nach einem kurzen Zögern sagte ich: »Ja, bitte hilf mir.«
    »Nun gut, dummes Kind. Hier hast du einen bitteren Trank. Aber du musst sofort handeln, denn sonst wirkt er nicht mehr. Geh an den Strand, wo du den Menschen abgelegt hast, und auch wenn du nicht mehr richtig atmen kannst, musst du die Phiole in einem Zug leeren. Dann wachsen dir Beine und es wird schmerzhaft sein, aber du wirst zum Menschen. Doch bedenke, es gibt kein Zurück mehr. Wenn du dort nicht findest, was du suchst, dann wird dir das Herz brechen.«
    Sie überreichte mir das Fläschchen und ich fragte: »Was willst du dafür haben?«
    Aber sie lachte nur. »Ich will nichts von dir, denn ich habe alles, was ich brauche.«
    Ich dachte an Julian und schwamm los.
    Als ich an den Strand kam, machte ich alles so, wie die Hexe es gesagt hatte. Und verdammt, sie hatte recht, denn als ich das Fläschchen geleert hatte, verspürte ich einen Schmerz, wie ich ihn niemals vorher gekannt hatte.
    Als ich wieder zu mir kam, beugte sich ein Gesicht über mich, ein Gesicht, das ich nur zu gut kannte. »Romea? Was machst du denn hier?«, fragte Julian und ich, ich wollte ihm antworten, aber ich konnte nicht mehr sprechen, meine Zunge war nur noch ein nutzloser Klumpen, und genau in dem Moment, als Julian sich verstört von mir abwandte, da wachte ich auf, und als Julian mich das nächste Mal fragte, ob ich die Schahada sprechen wollte, da sagte ich Ja. Und dann würde ich für immer an seiner Seite bleiben. Und das war doch wunderbar.
    Und jetzt, ein paar Tage später, jetzt würden wir die Schahada sprechen. Gleichzeitig, so wie Julian es sich gewünscht hatte, und gleich danach würden wir heiraten. Einerseits war das toll, aber dann, was würde aus mir werden? Wollte ich mich für immer unterordnen? Aber nun war es zu spät. Ich hatte den Trank der Meerhexe schon geschluckt ...
    Julian war so enthusiastisch, wie ich ihn noch niemals zuvor erlebt hatte. Julian blühte, trieb Knospen, wuchs und wuchs über sich hinaus. Fort war der linkische Kerl, den die Umstände herumwirbelten wie der Wind ein abgefallenes Blatt. Mal hierhin, mal dorthin. Immer einen Schritt vor dem Abgrund. Neben mir würde gleich der Mann stehen, der genau zu wissen schien, was er wollte. Er war kein Blatt mehr, sondern ein Baum, der entschlossen war, hier Wurzeln zu schlagen, weil er seinen Grund gefunden hatte. Und ich, ich kam mir so klein vor, weil mir diese Festigkeit fehlte, weil ich vielleicht doch viel lieber durch die Lüfte oder die Meere getrieben worden wäre.
    Schon gestern hatten mich die anderen Frauen für die Hochzeit geschmückt und mir Hände und Füße mit Henna bemalt. Und nun stand ich da und sollte vor dem Imam und der Gemeinde die Schahada sprechen und mich für immer und alle Zeiten zum Islam bekennen. Und auch wenn die Augen des Imam immer dieses ungeduldige Flackern hatten, gerade glühte wirkliche Ungeduld in ihnen. War ich schon etwas gefragt worden und hatte es nicht mitbekommen? Unsicher blickte ich mich um. Alles starrte mich erwartungsfroh an. Ich hatte das Gefühl, als wollten mir gleich die Beine wegsacken.
    Reiß dich zusammen, befahl ich mir. Wollte ich zurück in mein altes Leben? Niemals. Hatte ich nicht im Gebet eine Ruhe gefunden, nach der ich mich immer gesehnt hatte? Eben, ich hatte. Und Julian? Diese Frage stellte sich gar nicht erst. Also. Goodbye, Romea.
    » Laā ilaha illa ’allah(u), es gibt keinen Gott außer Allah«, fing ich leise und mit bebender Stimme an. Und dann ärgerte ich mich über mich selbst. Es war mein Entschluss. Niemand hatte mich gezwungen.

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