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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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denn getan, dass du uns einfach so im Unklaren lässt? Weißt du, was wir die letzten Monate durchgemacht haben?«
    Da war es wieder. Es ging immer nur um sie.
    »Ich möchte euch wirklich nicht vor den Kopf stoßen, aber mir geht es gut. Viel besser, als es mir bei euch in eurem Stechuhrleben jemals gegangen ist.«
    Verständnislos sahen sie mich an.
    »Romea, komm doch mit nach Hause!«, sagte der Mann, der mal mein Vater gewesen war.
    Was bildete er sich denn ein?
    »Zu Hause ist hier«, sagte ich.
    Meine Eltern wechselten Blicke.
    »Wahrscheinlich wisst ihr es noch nicht, aber Abdel – ich meine, Julian – und ich, wir – wir haben geheiratet und sind echt glücklich«, versuchte ich zu erklären.
    Susanne Achenbach schüttelte ungläubig den Kopf. »Du – du bist schon konvertiert? Und hast geheiratet? – Das geht doch gar nicht. Du bist doch erst siebzehn!«
    »Ja. Und?«
    »Aber ich verstehe das nicht. Warum?«, fragte sie.
    »Weil mich das glücklich macht«, antwortete ich.
    »Glücklich? Glücklich?!« Mein Vater redete sich in Rage. »Du willst mir doch nicht etwa erzählen, dass dich das«, er deutete auf mein Kopftuch, »dass dich das glücklich macht. Was haben die mit dir gemacht? Haben sie dir Drogen gegeben? Oder dir angedroht, dich umzubringen, wenn du die Wahrheit sagst?« Mein Vater packte mich an den Schultern und schüttelte mich. Das Fernsehteam, das auch heute wieder da war, filmte alles mit.
    »Nehmt es nicht persönlich, aber ich wäre euch echt dankbar, wenn ihr mich einfach in Ruhe lassen könntet.«
    Meine Eltern kamen mir vor wie Fremde. Unglaublich, dass ich vor einem halben Jahr noch unter einem Dach mit ihnen gewohnt hatte.
    »Michael! Lass sie jetzt«, mischte sich meine Exmutter wieder ein.
    »Ich denke nicht daran. Die haben doch irgendwas mit meiner Tochter gemacht! Das ist doch nicht Romea. Die haben ihr Drogen gegeben oder eine Gehirnwäsche mit ihr gemacht oder ihr sonst etwas angetan. Das gibt es doch gar nicht!« Wütend deutete er auf den Imam und die Jungs. »Ich lass mir doch von diesen Terroristen nicht meine Tochter wegnehmen!«
    »Macht euch keine Sorgen. Mir geht es gut. Wirklich gut«, sagte ich, drehte mich um und ging zum Gemeindehaus zurück.
    Perfekt. Diese Szene hatte die Presse im Kasten. Das konnten sich die Achenbachs dann zu Hause wieder und wieder ansehen. Und vielleicht würden sie es dann ja irgendwann begreifen.
    Ich sah noch, wie mein Vater das Gemeindehaus stürmen wollte, aber Abdel, Hakim und Mohammed versperrten ihm den Weg.
    Romea gab es nicht mehr. Alhamdulillah.

»Es ist nicht gesagt, dass es besser wird, wenn es anders wird. Wenn es aber besser werden soll, muss es anders werden.«
   Georg Christoph Lichtenberg

Romeas Eltern waren echt zäh. Die Jungs und ich hatten alles gefilmt. Die Achenbachs konnten uns gar nichts. Außerdem hatten sie ja gerade selbst Hausfriedensbruch begangen. Noch eine ganze Woche lang tauchten sie mit den Presseschmeißfliegen auf, dann schienen sie es kapiert zu haben und ließen sich nicht mehr blicken.
    Ich hatte befürchtet, dass Shania der Kontakt zu ihren Eltern verstören, dass er sie vielleicht sogar vom Glauben abbringen könnte, aber das Gegenteil trat ein: Der Auftritt der Achenbachs schien sie nur noch in ihrem Glauben bestärkt zu haben. Sie machte, was sie zu erledigen hatte und ansonsten vertiefte sie sich Tag und Nacht in den Koran und die Hadithen.
    »Wir müssen endlich richtig Arabisch lernen, damit wir das Wort des Propheten – Allah halte ihn in Ehren und schenke ihm Heil – im Original lesen können. Das ist doch scheiße sonst«, sagte sie und wischte wütend mit dem Arm ihre Notizen vom Tisch. »Wer weiß, wie viele Informationen uns durch die Übersetzung verloren gehen?«
    Ich sah sie entgeistert an. Ich hatte ja auch schon einmal damit angefangen. Aber es fiel mir so verdammt schwer. Und eigentlich machte es mir auch viel mehr Spaß, mit den Jungs zu diskutieren und mir die Wahrheit über den Westen auf YouTube reinzuziehen. Wie naiv ich die letzten achtzehn Jahre gewesen war! Murat und die anderen und ich, wir zogen uns außerhalb der Gebete diese Videos rein. Murat und ich, wir waren uns einig. Die besten Videos waren die Nine-Eleven-Clips. Wir hatten uns eben noch einmal einen angesehen und ich war noch immer ganz gefangen in der Verwirrung, die dieses Video in mir ausgelöst hatte.
    Nine-Eleven.
    Ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als es wirklich geschehen war. Dabei

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