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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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würde, würde sie nun für immer und alle Zeiten nach Alexandria riechen.
    Nachdem wir unseren Kram ausgepackt und noch einmal zufrieden die Räumlichkeiten abgeschritten hatten, fanden wir mitten im Wohnzimmer zwei Zettel. Der eine war ellenlang und belehrte uns darüber, was wir durften und was nicht, der andere zeigte die Kibla an, damit wir immer in die richtige Richtung gen Mekka beteten. Und dann setzten wir uns auf den Balkon und blickten auf die Stadt, ihr Häusermeer, dieses 3-D-Mosaik aus unterschiedlich großen Kuben und den blauen Teppich dahinter, das Mittelmeer. Und wie immer, wenn ich irgendwo Meer oder Wasser sah, dachte ich an Romea. Und ja, ich dachte an Romea und nicht an Shania. Und plötzlich wurde mir klar, wie sehr ich meine Laster vermisste. Wie sehr wünschte ich mir gerade ein kühles Bier und eine Schachtel Kippen. Und wie gerne wäre ich jetzt mit Romea hier gewesen – als Julian. Das hat dir Satan eingegeben, dachte ich, oder der verfluchte Engelmann, der sich leider immer mal wieder über Abdel Jabbar stülpte, und dann versuchte ich mir genau das, was ich mir gerade am allermeisten wünschte, nicht zu wünschen.
    »Jetzt sind wir also hier«, sagte Murat nach einer Weile.
    »Ja. Jetzt sind wir hier«, antwortete ich. Und mehr musste, mehr konnte fürs Erste nicht gesagt werden.
    Irgendwann am Abend flog die Tür auf und zwei Typen polterten in die Wohnung. Als sie uns sahen, hielten sie kurz in der Bewegung inne und der eine sagte: »Ah, die Neuen. Hi!«, und der andere »Salam«. Der, der uns mit »Hi!« begrüßt hatte, trug eine beige Galabiya und eine weiße Häkelmütze, der andere T-Shirt und Jeans.
    Hi-Man, der viel älter sein musste als wir, mindestens dreißig, stellte sich als Omar vor. »Früher hieß ich Justin-Joe und war Cowboy«, tat er mit breitestem Texas-Akzent kund und gab ein rasselndes Lachen von sich, wie es nur Leute haben, die ziemlich lange ziemlich viel geraucht haben. »Und das da«, er deutete auf den Typen neben ihm, der neben Omars Stiernacken und seinen gefühlten zwei Metern zehn so zerbrechlich wirkte wie ein Kolibri neben einem Elefanten, »ist Samir. Er ist Waise und aus Palästina.«
    Wir schüttelten uns die Hände und ich konnte gar nicht mehr aufhören, Justin-Joe-Omar anzustarren, der so sehr dem Cowboy-Klischee entsprach, dass ich einfach nicht darüber wegkam, dass er diesen Rauschebart und die Galabiya trug.
    Ich bot an, einen Tee zu kochen und dieser Vorschlag wurde erfreut angenommen. Also ging ich in die überraschend gut ausgestattete Küche, zertrat zwei Kakerlaken, die eben unter dem Kühlschrank hervorgekrochen waren und setzte Teewasser auf. Der Inhalt des Kühlschranks war bemerkenswert. Schokoriegel und Mayonnaise. Ich drehte den Herd wieder ab und schlug vor, dass wir ja vielleicht alle zusammen essen gehen könnten.
    Eine halbe Stunde später saßen wir dann bei irgend so einem ägyptischen Imbiss, der scheinbar auf McDonald’s machen wollte, aber wo das Zeug an den Tisch gebracht wurde. Wir futterten Pommes und Burger und tranken eine Coke nach der nächsten. Das muss man sich mal vorstellen: Da war man mehr als fünftausend Kilometer von zu Hause entfernt und man hatte keine originellere Idee, als Pommes und Burger zu verschlingen. Aber etwas anderes war auf die Schnelle nicht aufzutreiben gewesen, der Magen hing mir an den Knien und musste unbedingt gefüllt werden. Seit dem recht übersichtlichen Bordfrühstück hatte ich nichts mehr gegessen.
    »Omar hat vorhin gesagt, du bist Waise?«, fragte ich Samir auf Englisch.
    Samir nickte traurig mit dem Kopf. »Ja. Meine ganze Familie hat es erwischt. Die Israelis haben einfach unser Haus bombardiert. Ich war in der Schule und als ich zurückkam, war alles weg. Einfach weg. Innerhalb von ein paar Stunden hat sich alles geändert. Als hätte es die ersten fünfzehn Jahre meines Lebens nie gegeben.« Betreten sah er auf die Ketchuppfütze, in der eine einsame Pommes ertrunken war und in mir blitzte das Bild einer in ihrem eigenen Blut schwimmenden Leiche auf und ich musste schnell wegsehen.
    »Ich wünschte, ich wäre bei ihnen gewesen«, sagte Samir und flüsterte es fast. Omar hustete laut und klopfte ihm auf die Schulter. Es sollte wohl beruhigend sein, doch Samirs feingliedriger Körper erbebte unter dem Cowboyschlag und er hustete ein Stück Pommes aus, das neben der auf dem Blutsee treibenden Kartoffelleiche landete.
    »Sei froh, dass Allah – er ist der Größte – dich am

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