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Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Djihad Paradise: Roman (German Edition)

Titel: Djihad Paradise: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kuschnarowa
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einem Tuch zugedeckt war.
    »Ihr müsst erst einmal beweisen, dass ihr wirkliche Mudjahedin seid«, sagte er.
    Ich fragte mich, was das Mudjahedin-Sein mit einem Korb zu tun haben sollte.
    Während ich noch grübelte, schlug Ehsanulla das Tuch zurück und ich starrte auf gelben Flaum, der durch das plötzliche Licht in Bewegung geriet und wild drauflospiepte. Der ganze Korb war voll mit putzigen Küken. Ehsanulla griff in den Korb, zog eines der kleinen Dinger heraus und setzte es auf seine Handfläche. Es zitterte und piepste aufgeregt vor sich hin. Mit dem Zeigefinger streichelte Ehsanulla vorsichtig über das Köpfchen des Vogels. Doch dann auf einmal packte seine andere Hand das Tier an den Beinen, hielt es kopfüber und riss ihm den Kopf ab.
    Mir wurde schlecht und Murat schluckte verdächtig. Ich spürte, wie ich wütend wurde. Was sollte das? Wollte der uns verarschen? Warum riss er dem armen Vieh den Kopf ab?
    »Hab ich’s mir doch gedacht«, fluchte er. »Ihr Burschen aus dem Westen seid solche Weicheier. Du da«, er deutete auf Murat, »du wirst doch nicht etwa in Ohnmacht fallen wie ein Weib?«
    Murat versuchte, gerade zu stehen.
    »Was ich euch damit demonstrieren will, ist Folgendes: Wenn ihr nicht in der Lage seid, einem Küken den Kopf abzureißen, werdet ihr auch nie in der Lage sein, die Ungläubigen zu töten.«
    Ich ahnte Schlimmes. Und diese Ahnung war mehr als berechtigt. Während er uns beaufsichtigte, mussten wir mit den Küken genau das machen, was er uns vorgemacht hatte. Meine Hände zitterten und ich wollte weg. Einfach nur weg. Von sinnloser Töterei war nie die Rede gewesen. Aber Ehsanulla sah mich scharf an. »Das ist euer Aufnahmetest. Wenn ihr nicht mal das hinbekommt, seid ihr morgen wieder in Deutschland.«
    Ich schloss die Augen, Murat ebenfalls, und dann griffen wir in den Korb, so oft, bis er leer war.
    Ehsanulla nickte zufrieden. »Gut, damit seid ihr dabei. Jetzt dürft ihr den Berg einmal runter und wieder hoch rennen. Und dann gibt es Frühstück.«
    Ich war noch immer schockiert, aber irgendwie gab mir das auch Kraft, trotz der langsam immer intensiver werdenden Hitze über den Berg zu joggen. Nach dem Lauf war ich völlig verschwitzt und sehnte mich nach einer kalten Dusche. Aber duschen, das gehörte zu den Dingen, die so langsam aus meinem Leben verschwanden. Wir kauerten uns in den Schatten und dann bekam jeder – wie konnte es auch anders sein – Kartoffeln und trockenes Brot.
    Und danach ging es gleich weiter. Sport. Sport. Sport. Rennen. Liegestütze. Rennen. Ich musste die Übungen immer wieder unterbrechen, um mich in die Büsche zu schlagen, irgendwas stimmte mit meinem Magen nicht. Die Sonne harpunierte uns mit ihren Strahlen und ich sah alles doppelt, aber ich machte weiter. Es hatte nie jemand behauptet, dass es einfach wäre, ins Paradies zu kommen.
    Auf einmal ließ sich Murat auf den Boden fallen, blieb einen Augenblick starr liegen und begann dann wütend auf die Erde einzudreschen. Ich blieb stehen und ging dann zu ihm rüber.
    »Hey, was ist denn los?«, fragte ich.
    »Ich kann nicht mehr Bruder … ich kann einfach nicht mehr«, keuchte er und ließ seinen Kopf in den Staub sinken.
    Ehsanulla sprang herbei, geschmeidig wie ein Schneeleopard. Er nahm seine Kalaschnikow und hielt ihren Lauf Murat vor die Augen. »Was ist mit dir? Steh gefälligst auf, Kerl!«, brüllte er ihn an.
    Murat zitterte. Dafür bekam er von Ehsanulla einen Arschtritt. Murat stöhnte auf.
    »Los! Sonst erschieß ich dich!«
    Murat starrte ängstlich in den Lauf der Kalaschnikow, riss sich dann aber zusammen und erhob sich wieder.
    »Das wird Konsequenzen haben, mein Freund. Tausend Liegestütze oder einbeinig Wache halten. Das kannst du dir aussuchen«, sagte er. »Und jetzt weiter! Du bist eine Schande für Allah, den Allmächtigen.« Ehsanulla spuckte aus.
    Murat setzte sich wieder in Bewegung und ich rannte neben ihm her.
    Diese Quälerei dauerte geschlagene drei Stunden. Danach gab es Djihad in Theorie und Praxis. Und das sah dann so aus, dass ein paar Suren aus dem Koran zitiert wurden, in dem es um den Djihad ging, und nach der Aufzählung all der Schandtaten des Westens mussten wir auswendig lernen, wie ein guter Kämpfer war. Selbstlos. Todesverachtend. Immer und zu allem bereit. Gottesfürchtig und voll glühendem Zorn gegen die Ungläubigen. Kurz – ein Kämpfer war das Schwert Allahs und das verfehlte sein Ziel nie. Niemals.
    Und wir lernten alles über Waffen, alles.

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