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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Nachttischlampe und robbte damit zurück zur anderen Bettseite. Während sie die Birnen austauschte, sagte sie: »Das erinnerte mich an dein Problem mit der Weihnachtsdekoration. Weißt du noch? Du warst kurz vor einem Nervenzusammenbruch!«
    Gabi tat uninteressiert: »Erinnere mich bloß nicht daran. Tausende von diesen kleinen blinkenden Lämpchen – und die ganze Bedienungsanleitung auf chinesisch! Da gab es doch nur zwei Möglichkeiten: Übersetzer oder Elektriker.«
    Sina verpasste der Birne einen letzten Dreh. »Gut, dass du dich für den Elektriker entschieden hast. Sonst hätten wir uns vielleicht nie kennengelernt.«
    »Dabei war ich zuerst ganz schön sauer: Ich forderte einen Fachmann an, und was schickten die mir? Ein junges Mädchen.«
    »Dieses junge Ding hatte die Sache dann aber sehr schnell im Griff. Wie auch diesmal. Was hältst du von einer kleinen Gefälligkeit im Gegenzug?«
    Gabriele blinzelte ihre Freundin misstrauisch an. Sina kroch auf ihre Seite zurück, bückte sich nach ihrer Sporttasche und zog einen Bildband heraus: das Werk über Vermeer aus Gabis Antiquitätenladen. Sie zeigte es Gabriele erwartungsvoll. »Ich habe die Bilder betrachtet – und ich versteh’s einfach nicht. Kannst du mir mal erklären, was an diesem Vermeer so doll sein soll, dass er dermaßen viel Kohle bringt?«
    Gabi nahm ihr das Buch aus der Hand, blätterte darin. »Tja, wie soll ich dir das erklären … also, Vermeer … das heißt, fangen wir lieber beim Barock an.« Sie schlug eine Seite auf, die eine Farbtafel mit dem Gemälde ›Der Soldat und das lachende Mädchen‹ zeigte. »Schau dir einfach mal dieses Bild an. Obwohl jedes Detail darin bewusst arrangiert wurde, wirkt es wie ein Schnappschuss. Wie aus dem ganz alltäglichen Leben gegriffen.« Gabriele blätterte um. Abgebildet war Vermeers Werk ›Dienstmagd mit Milchkrug‹. »Was hat er gemalt? Keine Fürsten, keine Historienschinken, sondern ganz normale Bürger bei der Arbeit. Genremalerei nennt man so was. Und wie er das gemacht hat! Dieses Licht und diese Farben!« Gabriele geriet ins Schwärmen. Sie schlug eine Tafel mit der ›Ansicht von Delft‹ auf.
    Sina ließ das Gemälde einige Augenblicke auf sich wirken, bevor sie meinte: »Die Bilder sehen gar nicht aus wie Barock. Keine Engelchen, keine fetten, nackten Weiber …«
    Gabi ließ sich in ihrem Ausflug durch die Kunstwelt von Sinas laienhaftem Einwurf nicht stören. »So, wie er das Licht einfängt – das ist fast schon impressionistisch.«
    »Muss mir das was sagen?«, wandte Sina ein.
    Gabi ging darauf nicht ein. Sie blätterte weiter in dem Buch: »Und wo wir schon dabei sind – es müsste eigentlich auch hier drin sein …« Sie schlug die Seiten weiter um, stoppte dann plötzlich. »Ja, da ist es.« Sie hielt Sina den Abdruck von ›Christus bei Maria und Martha‹ unter die Nase.
    Sina reagierte ablehnend: »Huch, was Religiöses!«
    »Genau. Die Fußwaschung. Vermeers einziges bekanntes religiöses Bild. Mit dem dramatischen Halbdunkel und den beiden dominanten Farben rot und blau erinnert es an Caravaggio.«
    Sina stützte ihren Kopf in den Händen. Inzwischen bereute sie es bereits, ihre Freundin nach Vermeer gefragt zu haben. »An was?«
    »Caravaggio! Der Italiener! Manche Experten vermuten, dass Vermeer eine Italienreise gemacht hat und dort von Caravaggio beeinflusst worden ist.«
    Sina versuchte abzuwiegeln: »So genau wollte ich es eigentlich gar nicht wissen, aber trotzdem danke.« Sie wollte sich zu ihrer Bettseite herüberrollen, doch Gabriele hielt sie an der Schulter fest.
    »Ich vermute«, sagte Gabi in eindringlichem Ton, »dass die Bilder im Bunker nicht einfach nur Vermeers sind.« Sie richtete sich auf, ließ ihren Blick in Richtung Decke gleiten. »Ich glaube, dass wir im Untergrund noch weitere religiöse Darstellungen im Stil von Caravaggio finden werden.«
    Sina griff sich Gabrieles Kinn, lenkte den Kopf ihrer Freundin wieder zu ihr herab. »Unterliegst du da nicht einem gewissen Denkfehler? Sagtest du nicht, dass von Vermeer unter Caracas oder Karatschis Einfluss nur ein einziges Bibelbild entstanden ist?«
    Gabi legte eine Pause ein, bevor sie antwortete: »Das steht in den Büchern. Aber ich bin noch nie dem Irrglauben erlegen, dass literarische Quellen unfehlbar sind.«
    Sina ließ sich gelangweilt zurückfallen. »Ach nein?«
    Gabi bediente sich eines energischen Tons, um das Interesse ihrer Freundin wieder wachzurufen. »Sina! Wenn das wirklich so ist,

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