Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
Vom Netzwerk:
Und fügte zähneknirschend hinzu: »Wie es ausschaut, bist du heute Nacht der Boss.«
    Die Frauen hatten die nächste Treppe erreicht und tasteten sich mühsam hinunter.
    Wieder bewegten sich die Lichtkegel über die kahlen, vor Feuchtigkeit glänzenden Wände. Sie erfassten flüchtig einige technische Geräte. Für Bruchteile von Sekunden dachte Sina, eine Computertastatur zu erkennen. Und dann, ganz kurz im Schein ihrer Lampe, einen Bildschirm und Disketten. Sina war verwirrt. Sie sah Dinge, die sie bei ihrem letzten Besuch im Bunker nicht wahrgenommen hatte, verlor sie aber sofort wieder aus den Augen. Es waren Gegenstände, die eigentlich gar nicht hier sein durften. Oder gab es damals etwa Computer?, fragte sie sich verunsichert. Sie blieb stehen, leuchtete die Wände noch einmal ab, konnte aber nichts finden. War das eben nur Einbildung? Sina bemühte sich, klare Gedanken zu fassen. Aber der Schnaps hatte ganze Arbeit geleistet. Jede Bemühung um Konzentration war vergebens.
    »Willst du hier Wurzeln schlagen?«, bohrte Gabriele, die beinahe auf Sina aufrannte.
    »Nee. Ist nur: Ich habe mir eingebildet, dass da ’n Computer stand.«
    »Na, besser Einbildung als gar keine Bildung.«
    »Dieser Witz ist älter als du, Gabi«, gab Sina zurück. Noch einmal überprüfte sie Wände und Boden um sich herum. Nichts. Sina wischte sich mit der Hand über die Stirn, so, als wollte sie die vagen Bilder von PC-Tastaturen und Disketten aus ihrem Kopf verscheuchen.
    Sie gab sich einen Ruck, setzte den Weg fort und hörte, wie Gabriele mit schweren Schritten hinter ihr herstolperte. Wirre Gedanken schwirrten durch ihren Kopf.
    »He! Boss! Bitte nicht ganz so fix! Eine alte Frau ist kein Dingens. Kein, äh, wie heißt das gleich?«
    »ICE, glaub ich«, witzelte Sina. »Aber das freut mich ja.«
    »Was?«
    »Dass du das so annimmst.«
    »Was nehme ich so an?«, fragte Gabriele arglos.
    »Na, das mit dem Boss. Dass auch mal wer anders die Führung übernimmt.« Sina griff in Gabis volles Haar, zupfte frech an ihrer Lockenpracht und lachte schadenfroh dabei auf.
    Gabriele versuchte, Sinas Hand abzuschütteln, doch die andere hatte sie fest im Griff. Mit einer energischen Bewegung zog sie Gabriele zu sich heran. »Führung kannste haben«, sagte Sina. »Darf ich bitten, gnä’ Frau?« Sie ließ von Gabrieles Haaren ab, verbeugte sich übertrieben tief. Darauf stellte sich Sina in Position und stimmte die Melodie des ›Schneewalzers‹ an.
    »Ja, den Bun-ker-, Bun-ker-Walzer tanzen wir, – ich mit dir, du mit mir …«, sang Sina in fürchterlichen Misstönen. Sie nahm Gabriele bei den Händen und versuchte, sie zu einigen Tanzschritten zu bewegen.
    Gabriele machte nur widerwillig mit, moserte dann: »Sina, Schätzchen, lass den Quatsch!«
    »Das ist kein Quatsch, sondern ein Walzer.«
    »Ich bin nicht der Ansicht, dass das der geeignete Ort für derlei –«
    Sina zog ihre Freundin heran, um sie sogleich ruckartig von sich wegzustoßen. »Und links herum …« Sie summte ein paar Takte und schwärmte dann: »Ich finde, wir beide geben ein richtig hübsches Paar ab. Ich kann kochen, du bist gebildet.«
    Da musste auch Gabi lachen. Mit gespielter Empörung sagte sie: »Also, bitte! Wo bleibt der emmanzipatoririri…, na der Du-weiß-schon-Anspruch?«
    »Ich habe mich sowieso immer gefragt, wie du das so machst. Ohne Mann«, neckte Sina tanzend weiter.
    Gabriele blieb abrupt stehen, dabei stolperte Sina über ihre Füße. Beleidigt raunzte Gabriele ihre Freundin an: »Was ›machst‹? Also, Angebote gab es jedenfalls genug.«
    Sina führte sie zurück in die Walzerhaltung, setzte wieder mit ihrem Gesang ein: »An-ge-booote, die gab es genug.« In frechem Tonfall fügte sie hinzu: »Und du hast sie alle, alle abblitzen lassen?« Ehe Gabriele kontern konnte, sang Sina: »Tra la la – la la la …« Nun setzte sie dem Ganzen die Krone auf: »Du stehst wohl nach deinen schlechten Erfahrungen nicht mehr auf Männer, was?«
    Gabriele wollte empört widersprechen, wurde in diesem Moment jedoch von Sina herumgewirbelt und fiel mit lautem Poltern ein paar Stufen herab. Sina unterdrückte ein Lachen, denn Gabriele lag völlig durchnässt im knietiefen Wasser. Diese warf der Jüngeren einen bitterbösen Blick zu.
    Sina winkte kichernd ab: »O. k., Darling, ab sofort übernimmst du wieder die Führung!«

36
    Gabriele konnte ihrer Freundin in dieser turbulenten Nacht einfach nicht lange böse sein. Es reichte ein Blick auf Sinas Gesicht

Weitere Kostenlose Bücher