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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Leidensmiene. Gezeichnet vom Selbstmitleid. Sina hatte sich keinen Deut besser verhalten als Gabriele, keinen Deut anständiger. Sie war genauso egoistisch. Nur, dass sie es nicht so offen zugab wie ihre Freundin. Wenn Sina wirklich gewollt hätte, dann wäre sie stur geblieben. Dann würde sie noch immer im Bunker sitzen und versuchen, das nun Unabwendbare zu verhindern. Aber sie war nicht mehr im Bunker. Nein, sie war im warmen, sicheren Pensionszimmer. Sina fühlte sich schuldig. »Vielleicht hätte ich es geschafft.«
    »Nichts hättest du!«, fuhr Gabriele sie barsch an. »Diese Männer wären gekommen und hätten sonst was mit dir gemacht.«, meinte Gabriele bitter.
    »So ’n Unsinn. Wer sind denn diese Männer überhaupt? Du weißt genauso wenig über sie wie ich. Wir sind einfach getürmt, ohne mit jemandem sprechen zu können. Wir haben uns aus Angst vor einem Mann, der beim Pinkeln Liedchen summt, beinahe in die Hosen gemacht! Unsere ganze Panik war maßlos übertrieben, Gabi! Wir hätten dableiben sollen!«
    »Ach!« Gabis Augen funkelten warnend. »Auf einmal! Auf einmal sind diese Fremden harmlose Gesellen. Beim Pinkeln summende Sonnyboys.« Gabi sprang auf, baute sich vor ihrer Freundin auf. »Verdammt, Sina! Das sind Gangster! Brutale Terroristen! Die gehen über Leichen! Wer so kaltblütig ist und eine Bombe in Richtung New York auf den Weg schickt –«
    »Haben sie ja nicht«, warf Sina ein. »Das ist ja das Fatale! Ich war es, die diese Höllenmaschine scharf gemacht hat! Diese Männer wollten vielleicht nur irgendjemandem drohen. Sie wollten womöglich Geld erpressen, hätten die Bombe aber nie wirklich losgelassen. Oder sie wollten den hohen Tieren in Bonn oder Washington vor Augen führen, welche Gefahren von Raketen ausgehen können.«
    »Verflucht, verflucht, verflucht!« Gabriele war selbst erstaunt über die Kraftausdrücke, die ihr über die Lippen kamen. Aber angesichts des Unsinns, in den sich Sina hineinredete, konnte sie nicht anders. »Bald willst du mir weismachen, dass wir es mit einer Gruppe von Greenpeace-Aktivisten zu tun haben! Das ist lächerlich! Finde dich endlich damit ab: Diese Männer haben die alte Bombe aufgespürt und wollten sie auch einsetzen. Sonst wäre der Aufwand ja wohl herzlich überflüssig gewesen, oder?« Sie wandte sich ab und ging zum Fenster. Vorsichtig schob sie die Gardine ein Stück beiseite und spähte hinaus.
    Sina ließ sich auf einen kleinen Hocker neben dem Waschbecken fallen und stemmte ihren Kopf auf ihre Händen.
    »Die Polizei«, Gabi starrte noch immer hinaus. »Die hätten natürlich haarklein nachgefragt, warum wir uns in dem Bunker rumtreiben, und ich als Antiquitätenhändlerin kann dann einpacken. New York würde die überhaupt nicht interessieren.« Sie zog die Gardine wieder vor und trat nervös im Zimmer auf und ab.
    Sina hob den Blick. Ihre Augen waren feucht. »Aber wir können nicht einfach zusehen! Wir sind zumindest mitschuldig an dem ganzen Schlamassel!«
    Gabi fuhr ihr durchs Haar. »Komm, du weißt genau, es ist nicht unsere Schuld. Du hast den Mordapparat nicht gebaut. Und du hast ihn auch nicht zum Leben erweckt. Das war ein Unfall!« Und in beschwörendem Ton, als musste sie sich selbst überzeugen: »Wir konnten nichts tun. Es war nicht zu verhindern. Ein Unfall, Sina, ein Unfall!«
    Für einen Moment schien Sina tatsächlich in Tränen ausbrechen zu wollen. Doch dann erhellte sich ihre Miene. Ihre Augen leuchteten: »Es war ein Unfall, sagst du? Das ist falsch, Gabi! Noch war es eben kein Unfall! Noch können wir diesen Unfall verhindern.« Sie sprang auf und packte die irritierte Gabi fest an den Schultern. »Es liegt einzig und allein in unserer Hand. Lass uns noch mal ganz ruhig überlegen. Vor so ’ner völlig veralteten Nazibombe werde ich doch nicht kapitulieren.«
    Gabriele machte sich los und wählte dann abermals ihren Platz an der Bettkante. Entkräftet fiel sie zurück auf die Matratze. »Von wegen völlig veraltet«, sprach sie zur Decke. »Was hast du mir denn die ganze Zeit vorgeschwärmt?« Sie äffte ihre Freundin nach: »Diese Peenemünder Raketen sind Vorbild für alles, was bis heute in den Himmel geschossen worden ist. Selbst nach 50 Jahren noch topaktuell! Eine technische Meisterleistung! Ist es nicht so? Hast du nicht genau das behauptet?« Sie richtete sich auf. »Und überhaupt! Du brauchst dich nur auf dieser verschrobenen Insel umzusehen. Die schwören hier insgeheim noch immer auf ihre greisen

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