Doch die Sünde ist Scharlachrot
war an ihm, diese Tatsache anzuerkennen.
»Cadan, du hast mir doch gerade gesagt …«
»Ich weiß, was ich gesagt habe. Aber ich würde lieber für dich arbeiten.«
»Warum? Was ist passiert? Gefällt es dir bei Adventures Unlimited nicht mehr?«
»Es ist gar nichts passiert. Ich tue nur, was du immer von mir wolltest: Ich denke an die Zukunft.«
Lew blickte auf die See hinaus, wo die Surfer geduldig auf die nächste gute Welle warteten. »Ich nehme an, du hast irgendeinen Plan?«
»Du brauchst einen Lackierer«, antwortete Cadan.
»Ich brauche vor allen Dingen einen Shaper. Der Sommer steht kurz bevor. Wir kommen mit unseren Aufträgen kaum nach. Wir konkurrieren mit diesen Hohlkernbrettern, aber was wir ihnen voraushaben, ist …«
»Dass wir individuelle Bedürfnisse berücksichtigen können, ich weiß. Aber Teil dieser Bedürfnisse ist die künstlerische Gestaltung, oder? Wie die Boards aussehen, gehört genauso dazu wie die Form. Das könnte ich übernehmen. Darin bin ich gut. Ich kann nicht shapen, Dad.«
»Du könntest es lernen.«
An diesem Punkt kamen sie letztlich immer wieder heraus: was Cadan wollte einerseits, was Lew glaubte andererseits. »Ich hab's versucht. Ich habe mehr Blöcke versaut, als ordentliche Bretter zu formen, und das kann dir doch nicht recht sein. Das ist Zeitverschwendung – und Verschwendung von Geld.«
»Du musst es aber lernen. Es ist Teil des Herstellungsprozesses, und wenn du den nicht lernst …«
»Scheiße, du hast Santo doch auch nicht gezwungen, den ganzen Herstellungsprozess zu lernen. Warum musste er es nicht von der Pike auf lernen, so wie du's von mir verlangst?«
Lew sah Cadan direkt in die Augen. »Weil ich das verdammte Geschäft nicht für Santo aufgebaut habe«, gab er leise zurück. »Sondern für dich. Aber wie zum Teufel soll ich es dir irgendwann guten Gewissens hinterlassen, wenn du die Abläufe nicht begreifst?«
»Dann lass mich doch zuerst lackieren, bis ich das richtig beherrsche, und dann lerne ich das Shapen.«
»Nein«, entgegnete Lew. »So funktioniert es nicht.«
»Herrgott noch mal, was spielt es für eine Rolle, wie es funktioniert?«
»Wir tun es auf meine Art, Cadan, oder wir tun es gar nicht.«
»So war's schon immer bei dir. Fragst du dich je, ob du dich vielleicht mal irrst?«
»Nicht bei dieser Sache. Jetzt steig ein. Ich fahr dich zurück in die Stadt.«
»Ich hab doch …«
»Ich erlaube nicht, dass du Jagos Wagen fährst, Cadan. Dein Führerschein ist weg …«
»Weil du ihn mir abgenommen hast.«
»… und bis du mir nicht beweist, dass du verantwortungsvoll genug bist, um …«
»Vergiss es! Verfluchte Scheiße, Dad, vergiss es einfach!«
Cadan überquerte den Parkplatz mit langen Schritten und marschierte zu Jagos Auto hinüber. Sein Vater rief ihn mit scharfer Stimme zurück, doch Cadan ging weiter.
Fuchsteufelswild fuhr er los. Also schön, dachte er. Alles klar. Sein Vater wollte, dass er ihm etwas bewies, also würde er ihm etwas beweisen. Er würde es ihm zeigen, bis ihm die Puste ausging, und er wusste auch schon ganz genau, wo der richtige Ort war, um dies zu tun.
Auf dem Rückweg in die Stadt fuhr er mit wesentlich weniger Vorsicht. Er raste über die Brücke, die den Casvelyn Canal überspannte – ohne Rücksicht darauf zu nehmen, dass er dem Gegenverkehr die Vorfahrt hätte gewähren müssen, was ihm zwei Finger vom Fahrer eines Kurierdienstes einbrachte –, und am Ende der Küstenstraße schoss er in den Kreisverkehr, ohne darauf zu achten, ob der Weg frei war. Dann raste er den Hügel hinauf, über den St. Mevan Crescent und weiter zum alten King-George-Hotel. Als er Adventures Unlimited erreichte, war ›wutschäumend‹ der beste Ausdruck, um seinen Zustand zu beschreiben.
Doch seine Gedanken beherrschte nur ein Wort: unfair. Lew war unfair. Das Leben war unfair. Die Welt war unfair. Seine gesamte Existenz wäre so viel einfacher, wenn andere Leute die Dinge nur so sehen wollten wie er. Aber das taten sie nie.
Er stieß die Tür zu dem alten Hotel mit etwas zu viel Schwung auf, sodass sie mit einem Donnern gegen die Wand schlug, das durch die ganze Rezeption hallte. Alan Cheston schoss aus seinem Büro. Er sah von der Tür zu Cadan und dann auf seine Armbanduhr.
»Solltest du nicht schon heute Morgen hier sein?«, fragte er.
»Ich hatte was zu besorgen«, gab Cadan zurück.
»Deine Besorgungen solltest du besser in der Freizeit erledigen, nicht während der Arbeitszeit.«
»Kommt
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