Doch die Sünde ist Scharlachrot
hatte.
»Er war nicht mein Sohn«, wiederholte Ben. Wie erbärmlich wahr, erkannte er jetzt.
»Sie sind ein verdammter Lügner«, entgegnete Jago Reeth. »Das waren Sie immer schon.«
»Ich wünschte, das wäre der Fall.« Ben erkannte ein weiteres Detail. Es fiel passend wie ein Puzzlestückchen an seinen Platz und korrigierte, was er sein Leben lang falsch gemutmaßt hatte: »Sie hat mit Ihnen gesprochen, nicht wahr?«, fragte er Reeth. »Ich dachte, sie meinte die Polizei, aber das stimmte gar nicht. Sie ist zu Ihnen gegangen.«
»Mr. Kerne, Sie brauchen überhaupt nichts zu sagen«, warf Detective Inspector Hannaford ein.
»Er muss die Wahrheit erfahren«, widersprach Ben. »Ich hatte nichts mit Jamies Tod zu tun. Ich war nicht dort.«
»Lügner!«, brach es aus Jago Reeth hervor. »Ist doch klar, dass Sie das behaupten.«
»Weil es die Wahrheit ist. Ich war mit ihm während der Party aneinandergeraten. Er hatte mich vor die Tür gesetzt. Ich bin ein Stück spazieren und dann nach Hause gegangen. Was Dellen Ihnen erzählt hat …« Er war einen Moment lang nicht sicher, ob er würde fortfahren können, aber er wusste, dass er es tun musste, und sei es nur, weil es das Einzige war, das er tun konnte, um Santos Tod zu rächen. »Was Dellen Ihnen erzählt hat, hat sie aus Eifersucht gesagt. Ich hatte mit Ihrer Tochter rumgemacht. Geknutscht. Wir waren ziemlich in Fahrt geraten. Dellen hatte es gesehen, und sie wollte es mir heimzahlen, denn so war es eben damals zwischen ihr und mir. Quidproquo, zusammen und getrennt, in Liebe und in Hass, ach, was auch immer – irgendetwas verband uns jedenfalls, von dem wir uns nicht befreien konnten.«
»Sie sind heute ein Lügner, genau wie damals.«
»Also ist sie zu Ihnen gekommen und hat Ihnen erzählt, ich hätte … was immer sie gesagt hat, was ich angeblich getan hätte. Aber was ich über jene Nacht weiß, ist einzig und allein das, was Sie auch wissen, und das ist alles, was ich je gewusst habe. Jamie, Ihr Sohn, ist nach der Party aus irgendeinem Grund zu der Höhle hinuntergegangen, und dort ist er gestorben.«
»Wagen Sie nicht, das zu behaupten«, fauchte Reeth. »Sie sind weggelaufen. Sie haben Pengelly Cove verlassen und sind nie zurückgekommen. Dafür gab es einen Grund, und den kennen wir beide.«
»Ja. Es gab einen Grund. Denn ganz gleich was ich sagte: Mein eigener Vater hat mich genau wie Sie für schuldig gehalten.«
»Und er hatte verdammt guten Grund dazu.«
»Wie Sie möchten, Mr. Parsons. Glauben Sie doch, was Sie wollen. Jetzt und bis in alle Ewigkeit. Aber ich war nicht dort, und darum scheint mir, Ihr Job ist noch nicht erledigt. Denn was immer sie Ihnen erzählt hat – und es waren doch Sie, zu dem sie gegangen ist, oder? –, sie hat gelogen.«
»Warum sollte sie das tun? Warum würde irgendwer so etwas tun?«
Ben wusste es nur zu gut. Er kannte den Grund und die Ursache. Jetzt, jenseits der Hassliebe und des ewigen Auf und Ab, das ihre Beziehung beinah dreißig Jahre lang ausgemacht hatte, jenseits aller Heimzahlung, begriff er. »Weil sie ist, wer sie ist«, antwortete er. »Weil es eben das ist, was sie tut.«
Er beließ es dabei und erhob sich. An der Tür zur Hütte hielt er kurz inne, denn eine Kleinigkeit war ihm noch unklar. »Haben Sie mich all die Jahre beobachtet, Mr. Parsons? War das wirklich alles, was Sie mit Ihrem Leben angefangen haben? Was war der Zweck Ihres Daseins? Zu warten, bis ich einen Jungen hätte, der so alt wäre wie Jamie bei seinem Tod, und ihn dann umzubringen?«
»Sie wissen ja nicht, wie es ist«, entgegnete Reeth. »Aber das werden Sie noch rausfinden, Mann. Verdammt, Sie werden es rausfinden.«
»Oder haben Sie mich gefunden, weil …« Ben dachte nach. »Weil wir für Adventures Unlimited geworben haben? Haben Sie rein zufällig die Zeitung aufgeschlagen, wo immer Sie auch waren, und den Artikel gelesen, für den der arme Alan sich so abgerackert hat? War es so? Die Story in der Mail on Sunday? Und dann sind Sie herbeigeeilt und haben sich eingerichtet und gewartet, weil Sie so verflucht gut darin geworden sind, Ihren Moment abzupassen? Weil Sie dachten – Sie glaubten, wenn Sie mir antun, was ich Ihrer unerschütterlichen Überzeugung nach Ihnen angetan hätte, dann … was? Dass Sie dann Frieden finden? Dass der Kreis sich endlich schließt? Die Dinge ein Ende nehmen? Wie können Sie so etwas nur glauben?«
»Das werden Sie schon noch herausfinden«, sagte Reeth. »Sie werden's
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