Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
setzen.
Noah fand, dass Mog blendend aussah. Bevor er nach Frankreich gefahren war, hatte sie ihm anvertraut, dass Garth ihr einen Heiratsantrag gemacht hatte, und jetzt wirkte sie wie verwandelt. Sie trug sogar ein anderes Kleid, hellgrau mit feinen weißen Streifen. Es war zwar keine gewaltige Veränderung, aber die Farbe stand ihr viel besser, und sie sah nicht mehr wie eine geduckte Dienstmagd aus.
Sie drängte alle, am Tisch Platz zu nehmen und zuzulangen, und schenkte ihnen Tee ein. Dann erkundigte sie sich bei Noah nach seiner Reise.
Auf dem Heimweg hatte er sich gesagt, dass es ein Durchbruch wäre, zu wissen, wo Belle gewesen war und wo sie sich jetzt befand. Aber als er jetzt erzählte, was er herausgefunden hatte, und Mogsentsetzte Miene sah, wünschte er fast, er hätte Lisette nie getroffen und gar nichts Neues erfahren.
»Wenigstens ist Amerika ein zivilisiertes Land«, sagte Garth, um Mog aufzumuntern. »Sie könnte den Leuten, die sie dort hingebracht haben, weglaufen und bei der Polizei um Hilfe bitten.«
»Ganz recht«, sagte Noah, der froh war, dass Garth einen positiven Aspekt einbrachte. »Lisette sagte, dass Belle einen starken Willen hat. Ihr fällt bestimmt etwas ein. Vielleicht hat sie sogar geschrieben, und die Briefe sind nie ausgeliefert worden, weil Annies Haus abgebrannt ist.«
Mogs Gesicht erhellte sich ein wenig. »Daran habe ich gar nicht gedacht! Gleich morgen fange ich den Briefträger ab und frage ihn, was mit Briefsendungen passiert, die nicht zugestellt werden können«, erklärte sie. »Aber wo in Amerika ist sie? Das Land ist riesig.«
»Wahrscheinlich in New York«, antwortete Noah. »Dort spielt sich einfach alles ab.«
»Ich fahre hin und finde sie«, verkündete Jimmy.
Noah fiel auf, dass der Junge wieder seinen Kreuzritterblick aufgesetzt hatte. »Das geht nicht«, sagte er freundlich. »New York ist riesengroß, und du hättest keine Ahnung, wo du suchen sollst. Wir können nur darauf hoffen, dass Lisette etwas über den Mann erfährt, der Belle dort hingebracht hat.«
Alle verstummten. Außer Kaugeräuschen und dem bullernden Ofen war kein Laut zu hören.
Es war Mog, die das Schweigen brach. »Wollen wir Mrs. Stewart sagen, dass ihre Amy vielleicht in Brüssel ist?«, fragte sie Noah.
»Das muss ich wohl«, seufzte Noah. »Aber gern tue ich es nicht. Sie wird untröstlich sein – wie all die anderen Mütter auch.«
Als Noah am nächsten Morgen in seiner Wohnung aufwachte, war das Erste, woran er dachte, Mogs verzweifeltes Gesicht. Er blieb noch eine Weile im Bett liegen und überlegte, ob er noch etwas für Belle und die anderen verschwundenen Mädchen tun könnte.
Er wusste, dass sein Redakteur mit Begeisterung einen Folgeartikel bringen würde, der auf Noahs neuen Erkenntnissen in Paris basierte, aber das würde nur jenen Lesern gefallen, die aus reiner Sensationslust in Geschichten über weißen Sklavenhandel schwelgten. Es würde weder Informationen über den Aufenthaltsort der Mädchen zutage fördern noch ihnen helfen, ihre Freiheit wiederzuerlangen. Und falls jemand, der mit den Entführungen zu tun hatte, den Artikel las, würde der Verdacht sofort auf Cosette und Lisette fallen. Dasselbe konnte passieren, wenn Noah noch einmal zur Polizei ging, und er hatte ohnehin nichts Konkretes in der Hand, was eine neuerliche Untersuchung gerechtfertigt hätte.
Auf gar keinen Fall wollte er das Risiko eingehen, dass Lisette oder ihrem Sohn etwas zustieß. Immer wieder sah er ihr Gesicht vor sich und hörte ihre Stimme, und all das erinnerte ihn an das, was er für Millie empfunden hatte. Er wünschte, er hätte sie um eine Adresse gebeten, an die er hätte schreiben können. Dann hätte er ihr sagen können, wie gut sie ihm gefiel, und er hätte sie daran erinnert, dass es ihm ernst damit war, ihr aus Frankreich herauszuhelfen. Aber an das Hospital zu schreiben, kam nicht in Frage – ein Brief aus England würde mit Sicherheit abgefangen werden. Ihm blieb wohl nichts anderes übrig als darauf zu warten, dass sich Lisette bei ihm meldete.
Er fragte sich, ob es wohl seine Bestimmung war, sich in Frauen zu verlieben, die in Schwierigkeiten steckten. Tag für Tag traf er Mädchen und Frauen, die ganz normalen Beschäftigungen nachgingen: Krankenschwestern, Näherinnen, Verkäuferinnen oder Büroangestellte. Frauen hatten etwas für ihn übrig, er war nicht hässlich, und er hatte gute Manieren. Warum nur sprang nicht bei einer von ihnen der magische
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