Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
sie auf das Gericht eines der Mädchen, bei dem es sich offenbar um eine Art Eintopf mit Rindfleisch handelte. » S’il vous plaît «, sagte sie mit einem Lächeln. Die Kellnerin runzelte die Stirn. » Je ne parle pas français «, fügte Belle hinzu, stolz, dass sie sich diesen Satz gemerkt hatte.
Als die Kellnerin ging, fragte eines der Mädchen, ob Belle Engländerin wäre. Sie nickte.
»Du schon einmal in Frankreich?«, erkundigte sich das Mädchen auf Englisch.
» Oui «, sagte Belle. Sie war froh, dass das Mädchen Englisch sprach, wenn auch nicht besonders gut. »Ich bin ein bisschen in Sorge, weil ich nicht weiß, in welches Hotel ich gehen soll.«
Die beiden Mädchen wechselten einen Blick und redeten auf Französisch miteinander. »Du willst saubere Hotel, nicht zu viele Francs?«, fragte das erste Mädchen, das mit den dunkleren Haaren.
Belle nickte.
Die Mädchen beratschlagten kurz, dann nahm die Dunkelhaarige ein Notizbuch aus ihrer Handtasche, riss eine Seite heraus und kritzelte mit Bleistift etwas darauf.
»Das hier gut«, sagte sie und gab Belle den Zettel. »Keine Sorge.«
Sie hatte auf den Zettel Hôtel Mirabeau , Rue Parrott, geschrieben und eine grobe Skizze gemacht, um zu zeigen, dass sich das Hotel nicht weit entfernt in einer Parallelstraße befand. Sie lächelte Belle an. » Bonne chance .«
Das Hôtel Mirabeau sah genauso schäbig und traurig aus wie alle anderen Gebäude in der Gegend. Ohne das abgeblätterte Schild, das über der Eingangstür baumelte, hätte Belle es nicht einmal bemerkt, weil es in der Mitte einer Häuserzeile lag, eingequetscht zwischen einer Bäckerei und einem Schuster. Aber es war zu kalt, um noch lange herumzulaufen und weiterzusuchen, und ihr tatendie Füße weh, deshalb ging sie die drei Stufen zum Eingang hinauf, stieß die schwere Tür auf und trat ein.
Die Eingangstür führte direkt in eine kleine Halle mit einer Sitzecke und einem Empfangstisch. Belle schaute sich kurz um, bevor sie auf die Tischklingel drückte. Die Wände der Halle und entlang der Treppe waren dunkelrot tapeziert und bildeten einen guten Hintergrund für die stattliche Sammlung von Bildern, die dort hing. Es waren alles ländliche Szenen: Männer, die mit einer Sense Korn schnitten oder auf einem Heuwagen nach Hause fuhren, ein Schäfer mit seiner Schafherde. Offensichtlich stammten alle von demselben Maler, und Belle fragte sich, ob er der Besitzer des Hotels war.
Eine hagere Frau mit gebeugten Schultern kam durch eine Tür neben der Treppe. Die Grimasse, die sie schnitt, sollte vermutlich ein Lächeln sein. Belle fragte nach einem Zimmer und hielt einen Finger hoch, um anzuzeigen, dass es für eine Person war. Die Frau nickte und nannte fünfzig Centimes als Preis.
Weil das Belle sehr billig vorkam, stimmte sie zu und bekam einen Schlüssel, der an einem fünfzehn Zentimeter langen Metallstück befestigt war. Dann ging die Frau in den vierten Stock voran, öffnete eine Tür und ließ Belle eintreten. Das Zimmer war klein, das Mobiliar und der Teppich alt, aber es wirkte sauber.
»Danke«, sagte Belle. »Sehr schön.« Sie war zu müde, um auch nur zu versuchen, sich daran zu erinnern, wie das auf Französisch hieß.
Die Frau warf ihr einen scharfen Blick zu. »Keine Besucher«, sagte sie auf Englisch. »Zwei Nächte im Voraus. Einen Franc, bitte.«
Belle, die annahm, dass die Frau ahnte, was sie war, wurde rot. Aber als sie ihr Portemonnaie herausholte, fiel ihr ein, dass die Frau wahrscheinlich nur misstrauisch war, weil sie kein Gepäck hatte.
»Mein Koffer ist mir gestohlen worden«, log sie. »Morgen muss ich mir neue Sachen kaufen.«
Die Frau verzog keine Miene und nickte. » Petit-déjeuner de sept à neuf .«
Belle verstand das Wort für Frühstück, nicht aber den Rest. »Wie viel Uhr?«, fragte sie.
»Sieben bis neun«, sagte die Frau kurz. » Salle de bain dans le couloir .« Dann ging sie hinaus und machte die Tür hinter sich zu.
Letzteres bedeutete vermutlich, dass das Badezimmer weiter unten am Gang lag. Belle probierte das Bett aus. Die Matratze war hart und höchstwahrscheinlich klumpig, aber sie widerstand dem Drang, in Tränen auszubrechen. Stattdessen dachte sie daran, wie gut das Essen in dem kleinen Restaurant geschmeckt hatte, beglückwünschte sich, ein Zimmer gefunden zu haben, und sagte sich, dass morgen bestimmt schon alles rosiger aussah.
Als Belle von Geräuschen auf der Straße aufwachte, kniete sie sich aufs Bett und zog die Vorhänge
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