Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
Packpapier eingeschlagen. Sie hatte alles für insgesamt fünfundzwanzig Francs bekommen und hatte wegen der armen Ladenbesitzerin fast ein schlechtes Gewissen.
Ein Stück weiter die Straße hinunter entdeckte sie ein Geschäft, in dem Federn, Perlen, Schleier und Blumen für Hüte verkauft wurden. Belle betrachtete eine Weile die Schaufensterauslage und rief sich in Erinnerung, dass sie Modistin werden würde, wenn sienach England kam. Sich auf diesen Gedanken zu konzentrieren, gab ihr Kraft und Entschlossenheit. Sie würde nicht nur genug Geld für die Rückreise nach England verdienen, sondern ein bisschen auf die Seite legen, damit sie hoch erhobenen Hauptes nach Hause zurückkehren konnte.
Zusammen mit einer Zahnbürste und einem winzigen Tiegel Gesichtscreme erstand Belle auch einen gebrauchten Hut aus schwarzem Pelz, der dem aus New Orleans, der zu ihrem Mantel passte und leider in Marseille geblieben war, so ähnlich wie möglich war. Am Vortag hatte sie sich ohne Hut nur unvollständig gekleidet gefühlt, aber jetzt war sie komplett.
Madame Herrison war in der Halle, als Belle in die Pension kam.
»Haben Sie etwas Schönes gefunden?«, fragte sie.
Belle war so begeistert von ihren Einkäufen, dass sie nur zu gern mit ihnen angeben wollte, und als sie der Hotelbesitzerin die Sachen zeigte, spürte sie, wie die Frau auftaute. Sie hielt die rote Kostümjacke an Belles Schultern und lächelte.
»Ist Ihre Farbe«, sagte sie. »Bringt Ihnen Glück, glaube ich.«
» Merci, Madame «, sagte Belle und wurde mit einem Lächeln belohnt, das das Gesicht der Frau erhellte und sie zehn Jahre jünger wirken ließ.
Belles ganzes Wissen über Hoteljobs stammte von ein paar Mädchen bei Martha, die behaupteten, auf diese Weise etliche Monate in Washington gelebt und eine Menge Geld verdient zu haben. Aber so brillant der Plan theoretisch auch sein mochte, vor der Durchführung schreckte Belle zurück. Ihr war durchaus bewusst, dass Paris zwar den Ruf von Freizügigkeit und Toleranz genoss, Prostitution hier aber illegal war, und sie hatte Horrorvisionen, wie sie von Gendarmen abgeführt und in eine Gefängniszelle gesteckt wurde. Wahrscheinlich gab es in Paris Tausende Huren, ob sie nun auf der Straße oder in Bordellen und Hotels arbeiteten, und Belle wünschte, sie würde ein paar von ihnen kennenlernen und erfahren, wie es hier lief.
An ihrem zweiten Tag in Paris kaufte sich Belle einen Stadtplan und suchte einige Hotels in der Nähe der Champs-Elysées heraus, weil sie davon ausging, dass es sich bei dieser Adresse um die besten handeln musste. Einige entpuppten sich als schäbige Bruchbuden, andere strich sie, weil sie wachsame Portiers hatten. Wieder andere Hotels wirkten von außen sehr elegant, aber Belle fand, dass die Leute, die sie beim Kommen und Gehen beobachtete, eher gewöhnlich aussahen. Sie brauchte ein Hotel, zu dessen Gästen nur die ganz Reichen zählten.
Letzten Endes erkundigte sie sich bei einem Portier nach erstklassigen Hotels, indem sie vorgab, eine Unterkunft für ihre Mutter und ihre Tante zu suchen. Er nannte ihr vier Namen und fügte dann noch das Hotel Ritz an der Place Vendôme hinzu. » Vous devez être très riche pour y rester «, bemerkte er mit einem hämischen Grinsen.
Sie war ziemlich sicher, dass er gesagt hatte, dass man sehr reich sein musste, um dort zu wohnen, und hatte sofort das Gefühl, einen Treffer gelandet zu haben.
Die Place Vendôme war eine weitläufige Anlage, die fast geschlossen wirkte, weil in den vier Ecken jeweils ein Gebäude mit abgeschrägter Vorderfront stand und es nur zwei Zugänge zum Platz gab. Belle wusste sofort, dass sie einen ganz besonderen Ort vor sich hatte. Die schönen, symmetrischen Gebäude waren vermutlich zwei Jahrhunderte älter als all die Bauten auf den breiten Boulevards, die sie von ihren Spaziergängen kannte, und hatten nicht sechs, wie sonst in Paris üblich, sondern nur vier Stockwerke. In der Mitte des gepflasterten Platzes stand eine hohe Bronzesäule, und während Belle noch nach oben starrte und sich fragte, ob die Statue auf der Säule Napoleon darstellte, hörte sie, wie ein englischer Gentleman in Gehrock und Zylinder seiner Frau erklärte, dass die Säule aus hunderten Kanonen angefertigt worden wäre, die Napoleon in seinen Schlachten erobert hatte. Belle beobachtete, wie das Ehepaar zu einem der vielen Juweliere am Platz schlenderte. Ein Blick in die Auslagen verriet, dass diese Geschäfte nicht
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