Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
ihm zu geben, etwas Dunkles und möglicherweise Gefährliches.
»Du musst mich Edouard nennen«, sagte er, während er seine weiche, blasse Hand auf ihre legte und sich so weit zu ihr vorbeugte, dass sie den Knoblauch in seinem Atem riechen konnte. »Ich könnte dir so viel geben.«
Belle hatte das Gefühl, dass der einzige Ausweg aus dieser Situation darin bestand, es scheinbar auf die leichte Schulter zu nehmen.
»Ich habe alles, was ich will«, sagte sie und entzog ihm ihre Hand. »Und ich glaube, Sie sind ein kleines bisschen betrunken, Sir, und bedauern schon morgen, dass Sie solche Dummheiten gesagt haben.«
Kurz darauf verließ sie das Café, aber das Herz war ihr schwer. Sie spürte, dass die Sache damit nicht ausgestanden war.
Jedermann sagte, dass man den Frühling in Paris nicht versäumen durfte. Schon waren Narzissen in Blumentöpfen auf den Fensterbänken zu sehen, und die Bäume zeigten erste grüne Triebe. Es wurde von Tag zu Tag wärmer. An diesem Abend entschied Belle, dass der Vorfall mit Pascal ein Wink war, nach England zurückzugehen. Sie beschloss, noch zwei Wochen zu bleiben und dann nach Ostern, das auf die erste Aprilwoche fiel, zu verschwinden, ohne Pascal von ihrer Absicht in Kenntnis zu setzen.
Am Dienstagmorgen nach Ostern brachte ihr Henri eine Nachricht von Pascal. Auf dem Zettel stand, dass sie um sieben Uhr abendsvon einer Droschke abgeholt und zum Montmartre gebracht werden würde, um dort Philippe Le Brun zu treffen. Belle war entzückt. Sie hatte bereits drei Nächte mit Philippe verbracht und mochte den großen, jovialen Mann, der Weingärten in der Nähe von Bordeaux hatte und in Paris zwei große Restaurants besaß. In der vergangenen Woche hatte sie bei Madame Chantal ein wunderschönes silbernes Abendkleid mit passenden Schuhen gekauft und nur auf die richtige Gelegenheit gewartet, es anzuziehen. Philippe war der Typ Mann, der gern in der Öffentlichkeit mit einem hübschen Mädchen gesehen wurde, und würde bestimmt mit ihr in ein Varieté gehen, so dass der Abend aus Essen, Trinken, Tanzen und Vergnügen und nicht nur aus Sex im Hotelzimmer bestehen würde.
Sie ging unverzüglich zu einem Friseur in der Nähe des Hôtel Mirabeau , um sich die Haare waschen und legen zu lassen, und gönnte sich am Nachmittag ein ausgiebiges Bad.
Kurz vor sieben ging Belle nach unten, um auf die Droschke zu warten. Gabrielle, die gerade am Empfangstisch saß und etwas notierte, blickte auf und lächelte, als sie Belle sah. » Vous êtes belle «, sagte sie.
Belle errötete. Es war das erste Mal, dass Gabrielle ihr ein Kompliment machte. Sie bedankte sich und erzählte ihr, dass sie zum Essen ausgeführt werden würde.
Gabrielle musterte sie so lange und eindringlich, dass Belle ein Schauer überlief. »Pass gut auf«, sagte die ältere Frau leise. »Ich denke, du spielst mit Feuer.«
Etwas in den Augen der anderen sagte Belle, dass sie nicht nur wusste, was Belle tat, sondern diesen Weg auch aus eigener Erfahrung kannte.
»Ich fahre bald zurück nach Hause«, erwiderte Belle.
Sie hörte das Klappern der Droschke auf der Straße und wandte sich zur Tür. Gabrielle stand auf und hielt Belle am Arm fest. »Gibt es jemanden, dem du traust und zu dem ich gehen kann, wenn es Ärger gibt?«, fragte sie.
Bei ihrer Frage wurde Belle noch beklommener zumute, weilihr niemand einfiel. Sie schüttelte den Kopf, aber dann musste sie auf einmal an Etienne denken. »Ich habe mal einen Mann namens Etienne Carrera gekannt«, sagte sie und machte eine hilflose Handbewegung. »Aber er war aus Marseille, und ich habe seine Adresse nicht.«
»Dann musst du aufpassen und bald nach Hause fahren«, sagte Gabrielle. »Zum letzten Mal heute?«
Belle, die spürte, dass sich ihre Wirtin wirklich Sorgen um sie machte, nickte. »Zum letzten Mal.«
Gabrielle nahm ihre Hand und drückte sie. Belle lächelte schwach und löste sich von ihr, um nach draußen zur Droschke zu gehen.
Gabrielles mahnende Worte und ihr besorgtes Verhalten hatten Belles freudige Erwartung zerstört. Es war ein milder Tag gewesen, und obwohl es dunkel wurde, war auf den Straßen immer noch viel Betrieb. Auf dem Weg zum Montmartre erinnerten all die Geräusche und Gerüche Belle an den Tag, als sie in Seven Dials in eine Kutsche gestoßen worden war. Normalerweise dachte sie fast nie daran; seit damals war sehr viel passiert, und sie schaute lieber nach vorn statt zurück. Aber als ihr auf einmal bewusst wurde, welches Risiko sie
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