Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
Meistens waren es keine Gäste des Ritz ; Pascal hatte alle möglichen Verbindungen. Aber ob sie sich mit den betreffenden Gentlemen nun in einem anderen Hotel, in einem Restaurant oder sogar in deren eigenem Zuhause traf – bei ihren Kunden handelte es sich ausnahmslos um sehr reiche und vermutlich auch einflussreiche Männer.
Belle hatte angenommen, dass Bernard, ihr erster Kunde, eine Ausnahme darstellte, aber tatsächlich hatten die meisten Männer, die sie über Pascal kennenlernte, irgendeine Macke, und einige waren noch viel eigenartiger als Bernard mit seiner Eigenart. Einer von ihnen bat sie, nackt im Mondlicht durchs Zimmer zu spazieren, während er masturbierte, und ein anderer wollte mit einem Pantoffel versohlt werden. Zwei Männer hatten mit ihr richtig harten Sex haben wollen, aber zum Glück hatte sie die Sache beenden können, bevor sie zu Schaden kam. Ein Mann hatte von ihr verlangt, ihm Befehle zu erteilen und ihn zu beschimpfen, wenn er nicht gehorchte, und einer spielte gern Pferd. Belle musste nackt auf seinem Rücken reiten, während er auf allen vieren durchs Zimmer kroch. Mindestens die Hälfte der Männer schien zu normalem Geschlechtsverkehr nicht imstande zu sein.
Sie erinnerte sich daran, wie Etienne ihr empfohlen hatte, ihre Kunden ein klein wenig zu lieben. Das war eine hohe Vorgabe, aber tatsächlich entdeckte sie an den meisten die eine oder andere liebenswerte Eigenschaft, und bisher waren alle intelligent und auch interessant gewesen. Sie achtete immer darauf, sich so zu verhalten, als wäre jeder von ihnen etwas Besonderes für sie, und sie wusste, dass ihr Konzept aufging, weil etliche ihrer Kunden sie wiedersehen wollten und entsprechende Vereinbarungen mit Pascal trafen.
Fast täglich zählte sie ihr Geld. Obwohl sie jetzt genug besaß, um nach Hause zu fahren, hatte sie das Gefühl, noch mehr verdienen zu müssen, um ihre Rückkehr zu einem Triumph zu machen. Sie wollte als stolze Siegerin heimkehren, die genug Startkapital für ihr eigenes Geschäft hatte. Sie wollte nicht von ihrer Mutter und Mog abhängig sein.
Immer wieder malte sie sich aus, wie sie daheim in die Küche kam und Mog überraschte. Fast konnte sie ihre Entzückensschreie hören und fühlen, wie Mog sie in die Arme nahm. Die Reaktion ihrer Mutter war schwerer einzuschätzen. Natürlich würde auch sie überglücklich sein, ihre Tochter wieder zu Hause zu haben, aber Annie hatte nie zu übertriebenen Gefühlsergüssen geneigt.
Dann war da natürlich noch Jimmy. Vielleicht war er inzwischen verheiratet oder hatte eine Freundin, aber Belle war überzeugt, dass er sie sehen wollte, sei es auch nur der alten Zeiten zuliebe, und sie freute sich unheimlich auf ein Wiedersehen.
Aber so oft sie auch von daheim träumte und sich nach ihrem Zuhause sehnte, wusste sie trotzdem, dass sie dort nie die gleiche Freiheit genießen würde wie hier in Paris. Wenn sie manchmal mit Engländern plauderte, die sie in den Cafés am Montmartre oder in St. Germain kennenlernte, sagten alle, dass sie an Paris vor allem die Lebensfreude und den Mangel an Prüderie liebten. Auch ihr war aufgefallen, dass die Pariser sich nicht viel um Klassendenken zu scheren schienen; sie nahmen Maler, Dichter, Schriftsteller und Musiker mit offenen Armen auf und fanden sie genauso wichtig wie Ärzte, Anwälte oder andere Menschen mit bürgerlichen Berufen. Nicht ein einziges Mal war sie gefragt worden, wovon sie lebte, und obwohl sie vermutete, dass die meisten Leute aufgrund ihrer eleganten Kleidung davon ausgingen, dass sie über private Mittel verfügte, war sie sicher, dass niemand schlechter von ihr denken würde, wenn sie behauptete, Tänzerin oder Schauspielerin zu sein. Daheim in London würde das anders aussehen.
Belle fühlte sich in Paris fast nie einsam. Sie unterhielt sich mit den anderen Gästen in der Pension, auch wenn sich die meisten höchstens ein paar Tage hier aufhielten, und auch in den Cafés, in denen sie regelmäßig etwas aß oder Kaffee trank, hatte sie Leute kennengelernt. Noch dazu erlebte sie einiges, wenn sie abends mit ihren Kunden ins Moulin Rouge oder in andere Varietés und Clubs oder die Oper ging. Sie hatte in den feinsten Restaurants von Paris gespeist, in Nachtclubs getanzt und ganze Nächte in luxuriösen Hotels und prächtigen Wohnungen oder Häusern verbracht. Es würde schwer sein, sich wieder in ihr altes Leben einzufügen, sich Vorschriften machen zu lassen und von allen anderen in Seven Dials als
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