Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
habe jetzt ein kleines Bauernhaus und möchte später das Land bearbeiten. Aus dem Geschäft, in dem ich früher tätig war, bin ich raus.«
»Das freut mich«, sagte sie. »Es muss auch für deine Frau eine große Erleichterung sein.«
Etienne nickte. Er wollte ihr nichts von seiner persönlichen Tragödie erzählen; Belle hatte schon genug zu ertragen. »Versuch jetzt zu schlafen«, schlug er vor. »Ich bin in der Nähe, falls du mich brauchst.«
»Willst du gar nicht wissen, wie es mich nach Frankreich verschlagen hat?«, fragte sie.
»Doch, natürlich, aber ich dachte, du brauchst noch ein bisschen Ruhe.«
»Vielleicht hilft es mir, ein paar Geister zu verscheuchen, wenn ich darüber spreche.« Sie schnitt eine Grimasse. »Bei Martha bin ich zum beliebtesten Mädchen geworden, und manchmal habe ich mich dort sogar wohlgefühlt. Aber Martha war ein Aas. Sie hat mich mit einem Hungerlohn abgespeist, weil sie die Unkosten für mich wieder hereinkriegen musste, wie sie sagte.«
»Tut mir leid, das zu hören. Als ich zu dir sagte, dass sie in Ordnung ist, habe ich nur wiederholt, was ich von anderen über sie gehört hatte. Aber sogar Menschen, die im Grunde anständig sind, können sich ändern, wenn es um Geld geht. Und wie bist du von dort weggekommen?«
»Eines Tages habe ich ihr vorgemacht, dass ich bloß einen Spaziergang machen will, aber in Wirklichkeit bin ich mit einem meiner Freier durchgebrannt und seine Mätresse geworden«, erklärte sie. »Es war die einzige Möglichkeit, dort rauszukommen, und ichdachte, ich könnte genug Geld sparen, um nach England zurückzufahren.«
»Ich hoffe, er war ein netter Mann«, sagte Etienne und streichelte zärtlich ihre Wange.
»Am Anfang sah es so aus. Er war sehr freundlich, und ich hatte ihn gern. Ich wollte ihn wirklich glücklich machen.« Belles Augen füllten sich mit Tränen. »Aber sowie er mich in einem kleinen Haus untergebracht hatte, veränderte er sich. Er redete nicht mit mir, er sagte mir nie, wann er kommen würde, und wollte nie mit mir ausgehen. Er hat mich bloß benutzt, und das hat mich ganz elend gemacht. Warum hat er sich so verändert, Etienne? Es war, als hätte ich ein Gefängnis gegen ein anderes eingetauscht.«
Etienne stieß einen tiefen Seufzer aus, nahm ihre Hand und küsste ihre Fingerspitzen. »Wahrscheinlich hat er sich in dich verliebt und hatte Angst, du betrügst ihn. Ich nehme an, dass er nicht sehr viel Selbstvertrauen hatte.«
Belle erzählte kurz, wie einsam sie gewesen war und wie sie Miss Frank kennengelernt und in ihrem Hutsalon gearbeitet hatte.
»Ich habe mich nie getraut, Faldo zu sagen, wo ich jeden Tag war. Aber zu lernen, wie man Hüte anfertigt, hat mich so aufgemuntert! An den Abenden, an denen Faldo nicht kam, habe ich Entwürfe gezeichnet. Miss Frank bekam sogar eine Bestellung für einen meiner Entwürfe, und ich dachte, ich komme endlich ein Stück weiter. Aber dann starb Faldo.«
»Er starb? Wie?«
»Er hatte einen Herzinfarkt, als wir –« Sie brach abrupt ab und senkte verlegen den Blick, und daran erriet Etienne, was Faldo gerade getan hatte, als er starb.
»An diesem Abend war er furchtbar gemein zu mir gewesen«, sagte sie mit gepresster Stimme. Tränen liefen über ihr Gesicht. »Ich fragte ihn, warum er nicht mehr mit mir redete und nie mit mir ausging, und er sagte ganz schreckliche Sachen zu mir und schlug mich ins Gesicht. Dann sagte er, dass er nichts dafür könne, und dass er mein Herz wolle. Und dann hat er sich wie ein Wilder aufmich gestürzt.« Sie brach in Tränen aus, und Etienne hielt einfach ihre Hand und wartete, bis sie sich ausgeweint hatte.
»Er hatte einen Anfall, als wir es taten«, schluchzte sie. »Ich lief Hilfe holen, aber als ich mit einem Polizisten zurückkam, war er tot. Später kam ein Arzt und sagte, dass Faldo an einem Herzinfarkt gestorben ist.«
Etienne konnte sich gut vorstellen, wie schlimm all das für ein junges Mädchen gewesen sein musste, das ganz auf sich gestellt war. »Du musst große Angst gehabt haben«, sagte er.
Belle nickte. »Ich ging zu Miss Frank, weil ich dachte, sie würde mir helfen, aber nachdem ich ihr alles erzählt hatte, setzte sie mich vor die Tür. Also habe ich meine Sachen gepackt und eine Passage auf dem einzigen Schiff gebucht, dessen Kapitän bereit war, mich mitzunehmen. Es fuhr nach Marseille.«
Etienne zog eine Augenbraue hoch. »Wenn ich das geahnt hätte!«
Belle drückte seine Hand. »Ich dachte während der
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