Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
hast.«
Nach allem, was hinter ihr lag, überraschte es Etienne nicht, dass sie ihre Rettung bisher kaum erwähnt hatte. Vielleicht würde sie sich nie überwinden können, darüber zu sprechen, was Pascal ihr angetan hatte. Aber das Blut, die Verletzungen und Belles Schock sagten mehr aus, als Worte es je könnten. Etienne hieltes jedoch für ein gutes Zeichen, dass Belle anfing, Fragen zu stellen.
»Noah und ich waren wie Sherlock Holmes und Watson«, erwiderte er leichthin und setzte sich auf die Bettkante. »Wir haben herumgeschnüffelt und Leute ausgefragt und uns einfach immer weiter durchgeboxt, bis wir dich gefunden hatten. Wie sagt Holmes doch immer zu seinem Gefährten? ›Elementar, lieber Watson‹.«
Er wurde mit der geisterhaften Andeutung eines Lächelns belohnt.
Belle runzelte die Stirn. »Wer ist Noah? Er redete, als würde er mich gut kennen, aber ich bin mir sicher, dass ich ihn noch nie gesehen habe.«
»Er war ein Freund von Millie, dem Mädchen, das damals im Haus deiner Mutter ermordet worden ist«, erwiderte Etienne. »Mog, die Dame, von der du mir erzählt hast, wandte sich an Noah und bat ihn um Hilfe, nachdem du verschwunden warst. Weißt du, er ist Journalist. Er ist mehrere Male nach Frankreich gefahren, um dich aufzuspüren. Bei einem seiner Besuche lernte er Lisette kennen, die dich gepflegt hat, bevor ich dich nach New Orleans brachte, und erfuhr von ihr, dass du nach Amerika geschickt wurdest. Aber tatsächlich ist es Madame Herrison, der du deine Rettung verdankst. Als du in der Nacht vom Elften nicht nach Hause gekommen bist, machte sie sich große Sorgen um dich. Da Lisette eine alte Freundin von ihr ist, fuhr sie zu ihr, um sie um Rat zu fragen. Zu ihrer Überraschung kannte Lisette dich und konnte ihr noch dazu Noahs Adresse in England geben. Madame Herrison schickte ihm ein Telegramm und schaffte es auch, mir in Marseille eine Nachricht zukommen zu lassen.«
»Gabrielle?«, wisperte Belle.
»Sie ist selbst von Männern misshandelt worden, und sie mag dich sehr«, sagte er. »Aber ich werde dir das alles näher erklären, wenn es dir besser geht. Pascal ist von der Polizei verhaftet worden, und Philippe Le Brun kümmert sich um deine Papiere, damit du nach England zurückkehren kannst.«
»Aber hat Philippe nicht mit Pascal unter einer Decke gesteckt? Das Haus, in dem ich war, gehört doch ihm.«
Etienne strich ihr liebevoll das Haar aus dem Gesicht. »Nein, es ist Pascals Haus. Philippe erfuhr von der ganzen Sache erst, als Noah und ich bei ihm waren. Er ist ein guter Mensch, und auch er hat dich sehr gern. Er und Noah haben den ganzen Tag damit verbracht, der Polizei alles zu erklären. Wie du dir vielleicht denken kannst, ist meine Glaubwürdigkeit nicht ganz so groß wie ihre, deshalb habe ich mich dafür entschieden, hier bei dir zu bleiben.«
»Noah kennt also meine Mutter und Mog?«
Etienne war gerührt, als er den hoffnungsvollen Ausdruck in Belles Augen sah.
»Sehr gut sogar. Anscheinend hat Mog ihn praktisch adoptiert. Sie hat nie die Hoffnung aufgegeben, dass du doch noch gefunden wirst.«
»Und meine Mutter?«
Etienne hatte gehofft, Belle würde warten und diese Frage Noah stellen. Soweit er wusste, hatte Annie Cooper kaum Anteil an der Suche nach ihrer Tochter genommen. »Das musst du Noah fragen«, antwortete er diplomatisch. »Wir beide hatten zu viel anderes zu tun, um lange Gespräche zu führen.«
»Wissen jetzt alle, was ich bin?«, fragte sie kleinlaut.
»Sie wissen nur, was wir ihnen erzählt haben: Dass du aus England entführt worden bist.«
»Aber Pascal wird aussagen, dass ich mich an ihn gewandt habe, um Kunden zu bekommen.«
Etiennes Herz krampfte sich vor Mitleid zusammen. Auch in seinem Leben gab es vieles, wofür er sich schämte, aber er hatte seinen Weg selbst gewählt; Belle hingegen war dazu gezwungen worden. »Ich denke, Philippe wird sich eine plausible Geschichte einfallen lassen, und von deinen anderen Kunden wird sich bestimmt keiner melden und etwas Gegenteiliges behaupten. Noch dazu ist Pascal geistesgestört; niemand wird dem, was er sagt, viel Beachtung schenken.«
Belle schwieg eine Weile. Etienne nahm an, dass sie über das Gesagte nachdachte.
»Erzähl mir, wie es dir ergangen ist«, sagte sie plötzlich, als ob sie die Erinnerungen an Pascal und ihr Martyrium abschütteln wollte. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dich je wiederzusehen, aber ich habe in den letzten zwei Jahren sehr oft an dich gedacht.«
»Ich
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