Doch du wirst nie vergessen: Roman (German Edition)
Anna-Maria, die sich immer noch an der großen Zunge des Manns rieb, stöhnte, dass es ihr gleich kommen würde, und hielt seinen Kopf fest umklammert. Schweiß glitzerte auf ihrer Stirn und lief an ihren Brüsten hinunter.
Belle lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, als sich die beiden Mädchen von ihrem Kunden verabschiedeten. Er grinste von einem Ohr zum anderen und behauptete, dass sie ihn bis ans Ende der Welt und zurück gebracht hätten.
»Euch zwei kleine Kracher hätte ich gern jede Nacht bei mir daheim im Bett«, sagte er, legte seine Arme um sie und drückte sie fest an sich. »Schätze, ich werde jetzt jeden Abend an euch denken, wenn ich meinen Schwanz in die Hand nehme.«
Nachdem sie den Mann aus dem Zimmer gelassen und die Tür zugemacht hatten, kam Belle hinter dem Wandschirm hervor. Polly fing an zu kichern. »Na, wie war das, Süße? Hat’s dir gefallen?«
Anna-Maria saß auf der Bettkante und bemühte sich, in ihr Hemd zu schlüpfen. Sie sah leicht benommen aus.
»Es hat sich angehört, als ob es dir wirklich gefallen hätte«, sagte Belle zu ihr.
»Hat es auch«, sagte sie mit ihrem schwachen französischen Akzent. Sie wurde rot und kicherte. »Ist mir zum ersten Mal passiert. Ich bin echt gekommen.«
Diesen Ausdruck hatte Belle schon oft gehört, seit sie bei Martha lebte. Sie wusste, was es bei Männern bedeutete, hatte aber bisher keine Ahnung gehabt, dass es so etwas auch bei Frauen gab. Auf jeden Fall schien sich Polly unheimlich zu amüsieren, denn sie brach in Gekicher aus. »Stellt euch bloß vor, da sitzt er nun abends mit seinem Schwanz in der Hand und denkt an uns!«
Belle ging auf ihr Zimmer, damit sich die beiden anderen waschen und anziehen konnten, und setzte sich auf ihr Bett. Sie war ziemlich durcheinander. Nicht nur wegen der Dinge, die sie gerade gesehen hatte, sondern wegen all dem, was das Leben ihr beschert hatte. Bestimmt steckte irgendeine verborgene Absicht dahinter, sie musste nur noch herausfinden, welche.
Sie war in einem Bordell aufgewachsen, ohne zu wissen, was das bedeutete. Sie hatte gesehen, wie ein Mädchen ermordet wurde, und ihre Mutter hatte gelogen, was den Täter anging. Dann kamen ihre Entführung und die grauenhaften Ereignisse in Paris. Aber dann hatte sie Etienne kennengelernt, vor dem sie zuerst Angst gehabt hatte, nur um ihn dann lieb zu gewinnen, vielleicht sogar ein bisschen zu lieben. Sie sollte entsetzt sein, dass man sie hierhergebracht hatte, um eine Hure aus ihr zu machen, aber sie war es nicht. Sie sollte von New Orleans schockiert sein, aber es gefiel ihr. Sie verspürte nicht den geringsten Widerwillen, dass Martha sie zu der Arbeit drängen wollte, für die sie Belle gekauft hatte.
Lag es daran, dass sie zur Hure geboren war? War es möglich, dass man die Neigung zu einer solchen Tätigkeit genauso erbte, wie man die Nase oder Haarfarbe seiner Mutter erben konnte?
Aber auch andere Dinge verwirrten sie. Mog fehlte ihr, und sie würde in ihrem Herzen immer einen ganz besonderen Platz einnehmen, aber hier bei Martha und den Mädchen fühlte sie sich heimischer als zu Hause in London. Warum? Hieß das nicht, dass sie illoyal war?
Sie hatte den Verdacht, dass sie sich nicht gewehrt hätte, wenn Etienne versucht hätte, sie zu verführen. Das war bestimmt ein weiterer Beweis für ihr haltloses Wesen. Tatsächlich hatte sie das Gefühl, dass sie nicht mehr unterscheiden konnte, was gut oder schlecht war. Diese Begriffe waren durcheinandergeraten und wirkten verschwommen und blass.
Ein leises Klopfen an der Tür schreckte Belle auf, und sie war sehr überrascht, als Martha ihren Kopf hereinsteckte.
»Kann ich reinkommen, Süße?«, fragte sie.
»Ja, natürlich«, sagte Belle, der es peinlich war, beim Nichtstunertappt worden zu sein. »Ich wollte gerade nach unten gehen. Tut mir leid.«
»Schon gut«, sagte Martha und setzte sich auf das schmale Bett. »Du musst ein bisschen zur Besinnung kommen, das verstehe ich.«
Belle war schon aufgefallen, dass die ältere Frau offenbar für alles Verständnis hatte. Sie hatte noch nie erlebt, dass Martha im Zorn die Stimme erhob.
»Ich könnte mir vorstellen, dass du ein bisschen erstaunt über das bist, was du heute Abend gesehen hast«, fuhr Martha fort.
Belle hätte eher erwartet, dass sie »schockiert« sagen würde, aber Martha hatte völlig recht: Sie war erstaunt.
»Ja, Ma’am«, sagte Belle und schlug die Augen nieder.
»Du hast nicht damit gerechnet, dass die Mädchen so viel
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